Die Gefahren der Prozessfinanzierung durch Dritte

Durch „Drittfinanzierung“ von Prozessen können Großinvestoren viel Geld in wichtige Prozesse anderer investieren, ohne dass jemand von ihnen und ihren Interessen weiß.

Die „Prozessfinanzierung“, auch bekannt als „Drittfinanzierung“, ermöglicht es Einzelpersonen und Gruppen, die ansonsten nicht über die finanziellen Mittel verfügen würden, einen Rechtsstreit zu führen. Kürzlich erregte dies einige Aufmerksamkeit, da russische Milliardäre, die Präsident Putin nahestehen, heimlich US-Prozesse durch Prozessfinanzierung über Dritte finanziert haben sollen.

Bloomberg Law schreibt zu diesem Thema: „Da es keine Meldepflichten und nur wenige Regeln gibt, können Großinvestoren Millionen von Dollar in einen Fall stecken, ohne jemals auf der Tagesordnung eines Gerichts zu erscheinen. Dies hat zu einer neuen Art von grenzüberschreitendem Geldtrichter geführt, der dazu dient, internationales Recht und den Geist von Sanktionen zu umgehen.“ Angesichts der damit verbundenen geostrategischen Risiken sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa werden derzeit Rechtsvorschriften vorbereitet, die Transparenzanforderungen einführen sollen.

Das gilt nicht nur für Russland. Auch chinesische Akteure sind in dieser Hinsicht aktiv. So finanzierte ein chinesisches Unternehmen heimlich Rechtsstreitigkeiten über geistiges Eigentum gegen Samsung. Dabei wurde ein Technologieunternehmen aus Florida als Fassade benutzt, um zu beweisen, dass Samsung angeblich sein geistiges Eigentum in seinen beliebten Audioprodukten verwendet hatte.

Kriminelles Verhalten

Ein prominenter Fall in diesem Zusammenhang betrifft einen Streit über die territorialen Grenzen Malaysias, bei dem das Land von den philippinischen angeblichen Erben des Sultans von Sulu – der heutigen malaysischen Provinz Sabah – rechtlich aufgefordert wurde, ihnen auf der Grundlage eines Kolonialvertrags zwischen den Briten und dem Sultan aus dem Jahr 1878 Entschädigungen zu zahlen. Malaysia hatte die britische Vereinbarung zur Zahlung von Entschädigungen nach der Unabhängigkeit fortgesetzt, dies aber 2013 eingestellt, nachdem bei einer bewaffneten Invasion von den Philippinen aus mindestens 60 Menschen getötet worden waren. Diese Menschen erreichten, dass ein spanisches Schiedsgericht Malaysia eine Entschädigung in Höhe von 15 Milliarden Dollar zusprach. Unmittelbar danach wurden die Vermögenswerte des staatlichen Energieunternehmens Petronas in Luxemburg eingefroren.

Dahinter steht angeblich eines der weltweit größten auf Prozessfinanzierung spezialisierten Unternehmen, Therium, mit Sitz im Vereinigten Königreich, das mehr als 20 Millionen Dollar in den Prozess investiert haben soll. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der mit dem Fall befasste spanische Schiedgerichts-Richter Gonzalo Stampa zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt wurde, weil er den Fall entgegen einer spanischen Gerichtsanordnung von Madrid nach Paris verlegt hatte. Nach Ansicht von Experten könnte dies bedeuten, dass der gesamte Prozess annulliert werden könnte.

Petronas hat nun den Prozessfinanzierer Therium Capital Management in den USA vorgeladen und beschuldigt ihn des Fehlverhaltens, weil er ignoriert hat, dass Stampa die Befugnis als Schiedsrichter entzogen wurde, weil das Unternehmen ihn gebeten hatte, den Fall nach Paris zu verlegen.

Legislative Maßnahmen

In einem Schreiben der großen Pharmakonzerne Bayer und Johnson & Johnson an den US-Kongress vom Oktober fordern sie mehr Transparenz und beklagen, dass die Prozessfinanzierungsbranche „sich große Mühe gibt, in tiefster Geheimhaltung zu operieren“. Dabei beschuldigen sie Drittfinanzierer, „oft Zivilprozesse für ihre eigenen Zwecke zu manipulieren“. Darüber hinaus behauptet die US-Handelskammer, dass die Finanzierung durch Dritte es den geopolitischen Rivalen der USA ermöglichen könnte, an vertrauliche Informationen über sensible Technologien heranzukommen. Dies könnte durchaus der Fall sein, da es bei der Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten durch Dritte nur allzu oft um Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit geistigem Eigentum geht.

Ein vorgeschlagener US-Gesetzentwurf zielt nun darauf ab, dieses Problem zu lösen, indem die Möglichkeiten ausländischer Einrichtungen zur Finanzierung von Gerichtsverfahren in den USA stärker eingeschränkt werden. Er wird vom US-Abgeordneten Mike Johnson, einem hochrangigen Mitglied des Justizausschusses des Repräsentantenhauses, unterstützt, der sich dazu äußerte: „Ausländische Staaten und Staatsfonds sollten sich nicht in unser Justizsystem einmischen. Dieser Gesetzentwurf verhindert, dass ausländische Akteure wie China böswillige Klagen finanzieren, schützt kritische Industrien und stellt die Interessen der Amerikaner vor Gericht in den Vordergrund.“ 

Auch in Europa sind rechtliche Schritte angedacht. Im vergangenen Jahr schlug das Europäische Parlament der Europäischen Kommission vor, eine Richtlinie zur Regelung der Drittmittelfinanzierung in der EU zu erlassen. Diese würde eine Reihe spezifischer Offenlegungs- und Transparenzverpflichtungen sowie eine treuhänderische Sorgfaltspflicht des Geldgebers gegenüber der finanzierten Partei beinhalten und das finanzielle Interesse der Geldgeber auf 40 Prozent des zugesprochenen Schadensersatzes begrenzen, außer unter außergewöhnlichen Umständen.

Es ist sicherlich keine schlechte Idee, Transparenz darüber zu verlangen, wer einen bestimmten Rechtsstreit letztendlich finanziert, obwohl darauf geachtet werden sollte, dass der Zugang zum Recht nicht gefährdet wird. An sich ist die Finanzierung durch Dritte nützlich, um weniger wohlhabenden Akteuren zu helfen, vor Gericht zu gehen und Gerechtigkeit zu suchen. Anstelle des bürokratischen Ansatzes der EU wäre es vielleicht besser, den Richtern zu erlauben, von Fall zu Fall zu entscheiden, inwieweit die Kläger transparent sein sollten.

 

Pieter Cleppe war Leiter des Brüsseler Büros des Think Tanks „Open Europe“. Er schreibt regelmäßig für Rundfunk- und Printmedien in ganz Europa und diskutiert häufig über die EU-Reform, die Flüchtlingskrise und die Eurokrise. Der gelernte Jurist war zuvor in Belgien als Rechtsanwalt tätig und arbeitete als Kabinettberater und Redner des belgischen Staatssekretärs für Verwaltungsreform.

Foto: Montage achgut.com

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Marc Greiner / 24.07.2024

Ich glaube die Kommentatoren hier erkennen nicht, dass Sie eingespannt werden, eben durch ausländische Financiers, welche hier Schaden anrichten wollen. Da spielt es keine Rolle ob Ihnen Bayer symphatisch ist oder nicht. Compact ist mir auch nicht symphatisch, trotzdem bin ich gegen das Verbot. Und wegen Glyphosat: es ist ein super Mittel, seit Jahrzehnten im Einsatz und es erfüllt seinen Zweck. Wurde auch schon hier mehrmals festgestellt. Wieso glaubt man eigentlich den “NGO’s” wenn es um Glyphosat geht, aber nicht mehr wenn es um “Klima” geht? Eben! Nachrichten wie “XY in Muttermilch nachgewiesen…” sind schlicht Manipulation. Man kann heutzutage Alles überall nachweisen, siehe PCR-Test. Und China und Russland haben ein grosses Interesse dem Westen zu Schaden und uns auseinander zu dividieren. Ist nun mal so. Die sind nicht unsere Freunde. Und mit Bayer und Johnson - dort wo es nötig ist - werden wir auch alleine fertig wenn wir zusammen halten.

Thomin Weller / 24.07.2024

“Ein vorgeschlagener US-Gesetzentwurf zielt nun darauf ab, dieses Problem zu lösen, indem die Möglichkeiten ausländischer Einrichtungen zur Finanzierung von Gerichtsverfahren in den USA stärker eingeschränkt werden.” Ach so soll es laufen. Korrupte deutsche Politiker und Beamte verkaufen volkswirtschaftliche Güter und der Bundesbürger darf für extrem deutlich erhöhten Kosten aufkommen und kann nicht dagegen klagen. Wenn doch, sitzt der Lügenbaron in den USA und bestimmt die Gerichtskosten. Siehe Hamburg und staatliche Immobilien. Inzwischen weiß der korrupte Feierabendsenat nicht wie sie die Mieten für die verschiedenen Behördenimmobilien zahlen sollen. Fast alle deutschen CBL, PPP, ÖPP Verträge wurden in New York geschlossen. NY hat einen weltweit einmaligen Gerichtsstandort, dort können gegen sämtliche US- und weltweiten Gesetze in Verträgen rechtsgültig verstoßen werden. Betreibermodell Bundesautobahn A1, A1-mobil, Soffin u.a. Beispiele. Schily und Amthor sind negativ Beispiele wie Korruption oder verniedlicht Kompenstionsleistungen bezahlt werden. Outsourcing über alles. Europa hat nun soweit mitbekommen, eine geheime Gerichtsbarkeit, ein eigenes Rechtssystem im Wirtschaftsrecht eingeführt. Der real Geschädigte ist immer der Bürger. Genau der Grund warum europaweit Unterschriften gegen TTiP, CETA gesammelt wurden. Am besten gleich alle Parteien und den Reichstag dazu privatisieren, die Wahlstimme verkaufen. USA und Patente, ein abgrund tiefes schwarzes Loch öffnet sich.

Walter Weimar / 24.07.2024

Stellen Sie doch einen Prozeßkostenhilfeantrag, wenn Sie die falschen oder gar keine Freunde haben. Und immer daran denken, die Justiz ist unabhängig. Ein wenig Neid geht aus dem Artikel doch schon hervor. Mein Vorschlag, neues Betätigungsfeld, statt Kabinettberater, Kabarettberater.

Hennig Velten / 24.07.2024

Wenn Konzerne wie Bayer und Johnson&Johnson; sich für mehr Transparenz einsetzen, sollte man aufhorchen. Bayer zu Beispiel wurde in der Vergangenheit zu Milliarde Entschädigung verurteil, u.a. wegen Schädigungen durch Glyphosat. Johnson&Johnson; musste Millionen an Geschädigte zahlen, die wegen Asbestverseuchtem Babypuder an Krebs erkrankten. Wenn nun sowohl US- als auch EU-Behörden die Finanzierung von Sammel- und Einzelklagen gegen Konzerne und politische Organisationen einschränken wollen, ist das zu durchsichtig. Es heisst nichts anders, als dass einfachen Bürgern die Möglichkeit genommen werden soll, sich gegen Machtmissbrauch zu wehren. Ein weiterer Schritt zur Abschaffung der Rechtsstaatlichkeit. Einen Prozess gewinnt nicht, wer Recht hat, sondern wer Geld hat. Die Achse sollte sich hier nicht von Lobbyisten einspannen lassen.

Bernhard Freiling / 24.07.2024

Was soll das? Hier wird “Recht gesprochen”. Ist es da nicht völlig egal, wer dem finanzschwachen Anspruchsteller den Rechtsweg finanziert? Einen Weg, den er ohne Unterstützung nie hätte einschlagen können. Weil seine finanziellen Mittel zu beschränkt sind, Gerichtskosten und Anwälte vorzufinanzieren und der im Falle einer möglichen Niederlage auch nie in der Lage wäre, die Kosten seines obsiegenden Kontrahenten übernehmen zu können. Insofern kann ich bei einer externen Prozeßkostenfinanzierung wenig Anstößiges finden. Und Mißbrauch findet man überall. # Der Artikel impliziert, mit der “außerstaatlichen” Finanzierung würde “die Rechtsprechung” gekauft oder Einfluß auf sie genommen. # Ne, mein lieber Herr Cleppe, wer so argumentiert, der hält das gesamte Rechtswesen für korrupt. Vielleicht ist es das ja auch. Aber weniger wegen finanzieller sondern vielmehr wegen ideologischer Einflüsse.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Pieter Cleppe, Gastautor / 20.11.2024 / 12:00 / 15

G20-Gipfel: Milei stört die Party

Internationale Gipfeltreffen sind schwer gefragt. In dieser Woche fand der G20-Gipfel in Brasilien statt, auf dem wieder einmal eine umfassende politische Erklärung abgegeben wurde. Konkretes…/ mehr

Pieter Cleppe, Gastautor / 01.10.2024 / 06:10 / 20

EU nervös: Tanzt Macron künftig nach Le Pens Pfeife?

Mit der Ernennung von Michel Barnier zum französischen Premierminister hat der französische Präsident Emmanuel Macron die französische Regierung praktisch von Marine Le Pens Rassemblement National…/ mehr

Pieter Cleppe, Gastautor / 10.09.2024 / 12:00 / 16

Wie die EU Europas Abstieg verschärft

Mit Steuern, Zöllen, Regulation und Subventionen macht es die Brüsseler Führung der heimischen Industrie schwer und blockiert wichtige Handelsbeziehungen. Zum ersten Mal in seiner 87-jährigen…/ mehr

Pieter Cleppe, Gastautor / 29.07.2024 / 12:00 / 15

Die EU-Inflationsmacher

Die Inflation hat unterschiedliche Gründe: die lockere Geldpolitik, die experimentelle Energiepolitik, protektionistische Maßnahmen, aber auch die angeblich „grünen“ EU-Verordnungen. Neu veröffentlichte Eurostat-Zahlen zeigen, dass die öffentliche…/ mehr

Pieter Cleppe, Gastautor / 26.06.2024 / 12:00 / 37

Zweite Amtszeit für UvdL: Kein Wandel im EU-Handel

Trotz der Verluste der Grünen macht die EU mit „business as usual“ weiter. Ursula von der Leyen, das Gesicht des handelspolitischen Versagens der EU, steht…/ mehr

Pieter Cleppe, Gastautor / 10.04.2024 / 12:00 / 3

Die Bauern lassen Brüssel keine Ruhe – und auch die Industrie nicht!

Die Proteste der Landwirte sind zwar hierzulande aus den Medien verschwunden. Sie erschüttern aber weiterhin Brüssel. Auch die Industrie macht sich immer mehr Sorgen wegen…/ mehr

Pieter Cleppe, Gastautor / 17.02.2024 / 10:00 / 14

EU-Handels-Suizid im Namen des Klimas

Die EU erschwert mit immer bizarreren Auflagen den internationalen Handel und schießt sich dabei selbst ins Knie. „Klimaschutz“ gäbe es auch viel billiger. Im Vorfeld…/ mehr

Pieter Cleppe, Gastautor / 06.02.2024 / 14:00 / 6

Der Welthandel und das Pulverfass Nahost

Viele Frachtschiffe, die von Asien nach Europa fahren, meiden jetzt das Rote Meer und die Suezkanal-Route, weil die jemenitischen Huthi-Rebellen Schiffe in der Region angreifen.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com