In Frankreich macht sich seit einiger Zeit eine neue Form von Terrorismus breit. Dazu gehören die sogenannten Piekser-Attacken, die Angst und Schrecken unter Frauen verbreiten sollen. Am Wochenende auf der "Fête de la Musique" gab es hunderte Vorfälle.
In der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 2025 kam es in ganz Frankreich im Rahmen der Fête de la Musique zu massiven Ausschreitungen. Laut übereinstimmenden Berichten französischer Medien wurden mindestens 145 Personen, fast ausschließlich Frauen, Opfer von sogenannten „Piekser-Attacken“. Unbekannte stachen ihnen mit Nadeln oder spitzen Gegenständen in den Körper, teils im Gedränge, teils gezielt und geplant. Die Le Monde berichtet:
„Mehr als 100 Fälle von Stichen, die ausschließlich Frauen betreffen, wurden landesweit anlässlich der Ausgabe 2025 der Fête de la Musique registriert.“ („Plus de 100 cas de piqûres, concernant exclusivement des femmes, ont été répertoriés à travers le pays à l’occasion de l’édition 2025 de la Fête de la musique.“)
In sozialen Netzwerken waren zuvor Aufrufe aufgetaucht, die offen dazu ermunterten, Frauen „anzugreifen und zu stechen“. Die französische Polizei nahm zwölf Verdächtige in Zusammenhang mit diesen Angriffen fest. Le Monde schreibt hierzu: „Zwölf Verdächtige wurden in Frankreich in der Nacht von Samstag auf Sonntag festgenommen und stehen unter dem Verdacht, absichtlich Frauen gestochen zu haben.“ („Douze suspects ont été interpellés en France, dans la nuit de samedi à dimanche, et sont soupçonnés d’avoir volontairement piqué des femmes.“)
Doch die Gewalt beschränkte sich nicht auf diese gezielten Attacken. Insgesamt wurden 371 Menschen festgenommen, darunter zahlreiche Personen wegen Messerangriffen, sexuellen Übergriffen, Plünderungen und Körperverletzungen.
Ein Phänomen, das in Frankreich bereits seit einigen Jahren beobachtet wird
Besonders in Paris kam es zu tumultartigen Szenen: Geschäfte wurden geplündert, Passanten mit Messern attackiert, Gruppen lieferten sich Schlägereien. Laut Behörden befinden sich mindestens 14 Menschen in lebensbedrohlichem Zustand. Auch in anderen Städten wie Nantes, Rennes, Montpellier und Lyon wurden Gewaltausbrüche gemeldet. Augenzeugen berichten von wahllosen Angriffen, chaotischen Fluchten und einem Klima der Angst, das die nächtlichen Feierlichkeiten überschattete. Die Le Monde berichtet dazu: „Die Nacht der Fête de la Musique in Paris war von chaotischen Szenen geprägt: Geschäfte wurden geplündert, Passanten mit Messern angegriffen, und mehrere Gruppen lieferten sich gewalttätige Schlägereien.“ („La nuit de la Fête de la Musique à Paris a été marquée par des scènes de chaos : des commerces ont été pillés, des passants agressés à l’arme blanche, et plusieurs groupes se sont affrontés dans des rixes violentes.“)
Die sogenannten Piekser-Attacken (attaques par piqûre) sind übrigens ein Phänomen, das in Frankreich bereits seit einigen Jahren immer wieder bei größeren Veranstaltungen beobachtet wird – etwa bei Musikfestivals, in Clubs oder bei Stadtfesten. Die Opfer spüren meist einen plötzlichen Stich, oft im Arm, Rücken oder Gesäß, gefolgt von Schwindel, Übelkeit oder Bewusstlosigkeit. In vielen Fällen konnte nicht geklärt werden, ob auch Drogen injiziert wurden. Die Täter bleiben häufig unerkannt, da die Stiche in der Menge unbemerkt erfolgen.
In jüngster Zeit kursierten auf Plattformen wie Snapchat oder Telegram Nachrichten, in denen zu kollektiven Angriffen auf Frauen aufgerufen wurde, mit dem ausdrücklichen Ziel, sie zu verängstigen, zu verletzen und ihre körperliche Selbstbestimmung zu brechen. Solche gezielten, systematischen Gewalttaten dienen offenkundig der Verbreitung von Schrecken und der Einschüchterung einer Bevölkerungsgruppe – in diesem Fall Frauen.
Ein Fest, das einst für offene Lebensfreude und kulturellen Austausch stand
Damit erfüllen diese Angriffe die Definition von Terrorismus, wie sie etwa in Resolution 1566 des UN-Sicherheitsrates formuliert ist: Gewaltakte, die mit dem Ziel begangen werden, einen Zustand des Schreckens hervorzurufen und Menschen daran zu hindern, sich frei zu bewegen oder öffentlich zu erscheinen. Es handelt sich um eine Form sexistischer Terroranschläge, die Frauen bewusst gefügig machen oder sie durch Angst an gesellschaftlicher Teilhabe hindern sollen. Ganze Plätze und Parks werden so zu No-go-Areas für Frauen.
Die Fête de la Musique, auf Deutsch „Fest der Musik“, wurde 1982 in Frankreich ins Leben gerufen, ursprünglich als Initiative des damaligen Kulturministers Jack Lang. Sie findet jedes Jahr am 21. Juni, dem Tag der Sommersonnenwende, statt und soll Musik aus allen Genres kostenlos und für alle Menschen im öffentlichen Raum zugänglich machen. Musiker, Bands und Chöre treten in Parks, auf Plätzen, Straßen und Bühnen auf.
Doch das Fest, das einst für offene Lebensfreude und kulturellen Austausch stand, wurde in diesem Jahr von roher Gewalt, Messerangriffen, sexuellen Übergriffen, Plünderungen und Körperverletzungen überschattet. Das ist Terrorismus!
Gerd Buurmann. Als Theatermensch spielt, schreibt und inszeniert Gerd Buurmann in diversen freien Theatern von Köln bis Berlin. Er ist Schauspieler, Stand-Up Comedian und Kabarettist. Im Jahr 2007 erfand er die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Mit seinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und den von ihm entwickelten Begriffen des „Nathan-Komplex“ und des „Loreley-Komplex“ ist er in ganz Deutschland unterwegs. Seit April 2022 moderiert er den Podcast „Indubio“ der Achse des Guten. Sein Lebensmotto hat er von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!“