Anabel Schunke / 22.06.2021 / 15:00 / Foto: Achgut.com / 81 / Seite ausdrucken

Fehlende Fairness unterm Regenbogen

Laurel Hubbard ist 42 Jahre alt und Gewichtheberin. In Tokio wird sie die erste Transgender-Athletin bei den Olympischen Spielen sein. Eine Meldung, die vor allem im Pride Month kaum kritische Gegenstimmen zulässt, obwohl Hubbard als früherer Mann den weiblichen Mitbewerberinnen faire Chancen raubt.

Nach den Moralweltmeisterschaften in den Disziplinen Flüchtlingsaufnahme, Klima und Antirassismus streben wir in Deutschland nun nach der LGBT-Krone. Und dazu gehört eben nicht nur ein in Regenbogenfarben getauchtes Fußballstadion, um die ewiggestrigen Ungarn auf den Pfad der Tugend zurückzuführen, sondern auch, dass sich die ehemals konservative FAZ in ihrem Tenor der TAZ angleicht und bunte Hashtags bei Instagram postet.

Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin beim Thema Homo- und Transexualität absolut für Toleranz und Akzeptanz. Was derzeit in Ungarn, das die unregistrierte Partnerschaft für homosexuelle Paare bereits 1996 einführte, passiert, ist ein eklatanter Rückschritt. Und dennoch bleibe ich dabei, dass es uns Deutschen nicht zusteht, uns ständig in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen. Es ist gut, auf das Thema aufmerksam zu machen, sich für unterdrückte Minderheiten auf der ganzen Welt und nicht nur in Deutschland einzusetzen und seinem Protest gegen Menschenrechtsverletzungen Ausdruck zu verleihen. Das Problem besteht vielmehr darin, dass wir Deutschen dabei stets über das Ziel hinausschießen. Und zwar immer dann, wenn wir nichts zu befürchten haben und eine Chance wittern, unseren eigenen Minderwertigkeits- und Schuldkomplex mit Gratismut kompensieren zu können.

Niemand mag Klugscheißer. Eine alte Erkenntnis aus Schulzeiten. Wobei man die ständige Moral-Hybris der Deutschen durchaus besser ertragen könnte, wenn sie sich zumindest gleichmäßig auf alle „Schurkenstaaten“ erstrecken würde. Erst die Bigotterie, mit der vor allem die deutsche Politik- und Medienlandschaft Themen wie Frauen- und LGBT-Rechten begegnet, sorgt dafür, dass sich ein wachsender Teil der Bürger, einschließlich mir, entnervt abwendet. Umso aufmerksamer werde ich die „Zeichensetzung“ und das „Haltung zeigen“ beobachten, wenn es nächstes Jahr nach Katar zur Weltmeisterschaft geht. 

Alles hat seinen Preis 

Und so gibt es auch beim Thema LGBT keine Zwischentöne. Dabei wären gerade die an dieser Stelle wichtig, weil es eben auch um Errungenschaften geht, für die Frauen weltweit lange kämpfen mussten und die nun unter einer allzu weit gespannten Regenbogenflagge wieder zur Disposition gestellt werden.

Denn es ist gerade die Ambivalenz, die die Debatte für den gesellschaftlichen Diskurs so wertvoll macht. Weil sie zeigt, dass alles seinen Preis hat. Dass die gute Absicht nicht immer gute Konsequenzen für alle zur Folge hat. Dass solche Entscheidungen, genau wie in der Politik, ein Ringen um einen Kompromiss sein sollten, der für alle verträglich ist und dass die Absolutheit der Ideologie dieses Abwägen und Ringen um einen verträglichen Kompromiss zunehmend torpediert. 

Es ist die wichtige Erkenntnis, dass sich nicht alle Ungerechtigkeiten auf der Welt durch die vermeintlich richtige Haltung beseitigen lassen, die uns als Gesellschaft genommen wird, weil genau jene Haltung absolut gestellt und nicht mehr diskutiert wird. Nirgends zeigen sich die Auswirkungen dieser fehlenden Erkenntnis deutlicher als in einer jungen Generation, die nie gelernt hat, Pluralität und Konflikte auszuhalten. Deren prominente Wortführer nicht akzeptieren können, dass Menschen unterschiedlich in Meinungen und Talenten sind. Dass sie nicht die Welt retten können, indem sie Fakten und Unterschiede zwischen Geschlechtern, Kulturen, Religionen und Co. negieren.

Das Recht weiblicher Athletinnen auf einen fairen Wettbewerb

Es mag in vielen Lebensbereichen nicht zwingend erforderlich sein, am biologischen Geschlecht festzuhalten. Beim sportlichen Wettbewerb ist es das jedoch. Gerade bei solchen Sportarten wie Gewichtheben. Laurel Hubbard war als Mann nur ein mittelmäßiger Athlet. Jetzt als Frau gehört sie hingegen zur Spitze, gewann Silber bei den Weltmeisterschaften 2017 in den USA und Gold bei den Pazifikspielen 2019. Als 42-jährige Frau, die erst mit 35 Jahren entschied, im falschen Körper geboren zu sein, bringt sie nun eine andere Frau um ihren Platz bei Olympia und ihre Kontrahentinnen um einen fairen Wettbewerb.

Der Einsatz für das Recht biologisch weiblicher Athletinnen auf einen fairen Wettbewerb bedeutet nicht, dass ich transphob bin, sondern nur, dass ich nicht bereit bin, dass der sportliche Wettbewerb unter Frauen für eine Ideologie korrumpiert wird. Festzustellen, dass Hubbard als biologischer Mann einen physischen Vorteil gegenüber biologischen Frauen hat, der sich auch nicht durch Hormone in Gänze beseitigen lässt, heißt nicht, Hubbard abzusprechen, sich als Frau zu definieren.

Auffällig ist auch hier, dass es dennoch vor allem Frauen sind, die diese Ideologie der konstruierten Geschlechter vorantreiben. Dass die weibliche Gefallsucht und der Drang, immer auf der „guten“, der „toleranten“ Seite stehen zu wollen, auch dann kein Ende finden, wenn sie einem Verrat am eigenen Geschlecht gleichkommen. 

Und so muss man wohl leider feststellen, dass der größte Feind der Frau wohl immer noch andere Frauen sind. Aber in einer Welt, in der Wettbewerb ohnehin verpönt ist und alle Sieger sind, tröstet man sich unter den weiblichen Athletinnen einfach künftig wieder mit dem alten olympischen Motto: „Dabei sein ist alles“. 

 

Foto: Achgut.com

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Steve Acker / 22.06.2021

kann man irgendwo lesen ,was in diesem ungarischen Gesetz wirklich steht? Das Theater was darum gemacht wird, ist mir hochgradig suspekt. Viele regen sich auf, und ich bin sicher davon weiss kaum einer was wirklich drinsteht.

Norbert Brausse / 22.06.2021

Ein weiteres Zeichen - nicht für Gleichberechtigung - sondern für Dekadenz. Als ich als früherer Sportbegeisterter sah wie eine Mannfrau neben grazilen Frauen aufstampfend dahin trabte und schließlich mit einem fulminanten Endspurt das Mittelstreckenrennen gewann, da war für mich endgültig Schluss mit lustig.

W.Mertens / 22.06.2021

Ach ich freu mich auf Manuela Neuers Auftritt im Tor der Frauen"Die Mannschaft”. An geraden Tagen kann er sich ja als Frau fuehlen, an ungerden bei den Bayern den Kasten sauber halten..was wohl Erdogan zu seinem Schützlingen im deutschen Nationaldress sagt, die lt. Loew geschlossen den Regenbogen unterstuetzen…

Friedrich Wilhelm / 22.06.2021

.., abwarten,wenn einst das land deutschland kalifat geworden ist, werden nicht nur homos und lesben an kränen schaukeln, wie im iran in der aera nach dem schah. dann müssen sich noch einige andere , unternehmen berufe und viele anderen mehr sich nach islamgerechtem umschauen müssen!!

Frank Schuster / 22.06.2021

“Though this be madness, yet there is method in’t.” - Polonius (Hamlet), Act 2, Scene 2

Dr Stefan Lehnhoff / 22.06.2021

Manche Dinge sind eigentlich ganz einfach: Statt immer neue Geschletzu erfinden, lassen wir das Thema einfach weg. Männer und Frauen und Trans und sonst…..egal! Ei Olympia gewinnt eh der best gedopte. Dann werden eben in Fußball Mannschaften so 10 Männer und eine Frau sich etablieren und bei Spirtgymnastik eben umgekehrt. Man kann ja auch Gewichtsklassen einführen. Wir brauchen keine 3 Toiletten sondern nur eine. Dann gäbe es heute auch schon viel mehr Mechanikerinnen. Unisexgefängnis geht auch: Wer im Gefängnis eine schwere Straftat begeht, bekommt automatisch Isolationshaft, das löst das Problem. Ehen schaffen wir ab: Was hat der Staat zu sanktionieren, wie Menschen leben wollen? Wer heiraten will, soll das in der Kirche tun, also braucht es auch keine Diskussion über Schwulenehe. Achja: Möge Ungarn gewinnen, solange sie nicht vor Anpfiff knien…

Fred Burig / 22.06.2021

“Und dennoch bleibe ich dabei, dass es uns Deutschen nicht zusteht, uns ständig in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen.” Genau! Unsere Polit- Idioten haben selbst so viel Dreck am Stecken, dass es schon fast gruselig ist, sich das bewusst zu machen. Aber so sind sie, die im günstigsten Falle mit gefährlichem Halbwissen ausgestatteten Dumpfbacken. Es fehlt eigentlich nur ein großer Arsch, der das mal alles richtig “zuscheißt” oder das man - statt Wahlplakaten - die Originale an die Bäume heftet. Sorry, es ist nicht mehr zum Aushalten mit diesem scheiß Politiker- Pack! MfG

Donatus Kamps / 22.06.2021

Bei Caster Semenya dauerte nach den Weltmeisterschaften in Berlin 2009 und ihrer Goldmedaille über 800 Meter eine Untersuchung zu der Frage, welchen Geschlechtes sie denn sei und ob ihre Goldmedaille gültig sei, noch Monate. Es war offensichtlich keine leichte Entscheidung. Heute hingegen ist die Geschlechtsbestimmung leichter: es genügt die Selbstauskunft.——- Warum unnötig Zeit mit langwierigen Untersuchungen vergeuden, wenn sich dies auch in wenigen Sekunden durch eine Selbstauskunft entscheiden läßt? So hält die Moderne in unsere Welt einzug. Die Frage ist, ob man diese Erfolge bei der Modernisierung der Feststellung des Geschlechtes einer Person durch Selbstauskunft nicht auch auf andere Bereich der Gesellschaft ausdehnen kann: warum langwierig Diplom, Master und Dissertation ablegen, wenn auch hier die Auskunft darüber, ob man sich als Doktor fühlt, viel schneller und einfacher zu erhalten wäre. Auch langwierige Wahlen und wochenlange Koalitionsverhandlungen ließen sich so vermeiden: Man fragt einfach ins Volk, wer sich als Bundestagsabgeordneter, Minister oder Kanzler fühlt - und fertig sind Bundestag und Kabinett. Hat man solche einfachen Lösungen erst umgesetzt und sich daran gewöhnt, wird es schwer, zu verstehen, daß früher Menschen so kompliziert gedacht haben.

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