Nummer Eins des liberalen Gedankenguts war einst die Rechtsstaatlichkeit. Der Staat soll sich aus der Wirtschaft heraushalten, aber er muss für innere und äußere Sicherheit sorgen. – Jedem Liberalen graut es vor Richterinnen, die auch nach sechzig Vorstrafen noch eine gute Sozialprognose abgeben, bloß weil die Gegenseite weiß, wo ihr Haus wohnt oder ihre Tochter. Und jedem Liberalen graut es vor Medien, die rechte Politiker im Privatraum öffentlich zur Schau stellen, während Bilder von Bahnhofstretern verpixelt werden, wegen der Unschuldsvermutung.
Auch die FDP singt im Chor mit. Das Europawahlplakat der FDP ist eines der arrogantesten und ekelhaftesten, das ich gesehen habe: “Wie soll Europa vorankommen, wenn Deutschland stehenbleibt?” Gemessen am Größenwahn unterscheidet sie nichts von den Grünen und Linken.
In der FDP ist noch etwas Vernunft, sozusagen in homöopathischen Dosen. Angesichts des Fehlens eben dieser - außer in der AfD - bekommt die FDP damit ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Blockparteien. So glaubt man die Strategie der FDP zu setzen: Als Blockpartei möglichst nicht anecken - AfD zu dämonisieren: Wen sonst außer der FDP könnte man als das kleinste Übel ausmachen? Die Wähler, deren Hirn noch nicht grüngewaschen sind, aber auch noch nicht windelweich gespült wurden, gehen lieber zur AfD, die weder braune Dämonen sind, noch sich wie die Rabauken aufführen, sondern einzig die Fahne der Vernunft hoch halten.
Schauen Sie sich einfach an, wer beispielsweise zu den Mitbegründern der ddp gehörte und sie werden leicht herausfinden, wo das Problem der FDP heute liegt. Wo einst Max Weber fuer Orientierung sorgte, albert jetzt eine total Durchgeknallte in einfacher Sprache herum und erklärt den Menschen ungefragt die briefwahl, Menschen, die sich deshalb zu Recht verscheissert fühlen. Ein dreitagebart tragender Vorsitzender hüpft konzeptlos von Talkshow zu Talkshow als verkoerperung der gefallsucht. Die FDP hat intellektuell abgewirtschaftet, das Personal kommt einem vor, als habe man es in einer Kantine eingesammelt. Okay, das ist bei anderen Parteien nicht viel besser, aber fuer eine kleine liberale Partei ist das der Todesstoß. Soviele Apotheker hat das Land auch nicht, dass eine Partei davon leben kann. Weber würde der sprichwörtliche Schlag treffen, wenn er das sähe. Liberal scheint fuer die FDP zu bedeuten, dass jeder honk in dieser Partei was werden kann. Traurig und für das politische System eine Katastrophe, weil in einer massendemokratie eine liberale Partei die einzige gewaehr dafuer ist, dass keine Herrschaft des poebels entsteht und keine Diktatur der Mehrheit.
Find ich gut, dass mal jemand aus der FDP bemerkt, dass auch die” kleinen Leute”, Krankenschwestern, Postboten, etc. Leistungsträger sind, die dieses Land hier wuppen. Als ich das letzte mal gecheckt habe, was schon eine Weile her ist, definierte sich die FDP noch als Partei der “Besserrabsahner”, oder so ähnlich. Sehr daran interessiert, dass Rechtsanwälte, Ärzte und mittelständige Unternehmer mit hinreichend Luxus bedacht werden. Momentan wäre viel Profil zu gewinnen für eine Partei, die auch mal diese kleinen Leistungsträger bedenkt, deren parlamentarische Vertretung ja grade wegen Totalversagen ihrem verdienten Ende entgegen sieht. Scheint mir übrigens auch ein besserer Weg der AfD das Wasser abzugraben, als der hysterische Kreuzzug der grade geführt wird, der Schaden an Land und Demokratie hinterlassen wird.
Herr Schneider, vollste Zustimmung. Ich hatte zur Bundestagswahl 2017 noch große Hoffnung auf die erneuerte FDP unter Christian Lindner gesetzt, man hatte tatsächlich das Gefühl, die wollen endlich mal was bewegen und sei es in der Opposition. Aber letztendlich war das auch wieder nur heiße Luft, die FDP ist und bleibt ein zahnloser Tiger, ein unbedeutender Wurmfortsatz. Warum sollte man überhaupt noch eine Partei wählen, die allen Problemen aus dem Weg geht und sich unsichtbar macht. Auch die FDP ist für mich eine große Enttäuschung, die unser Land absolut nicht vorwärts bringt, von den anderen Napfsülzen-Parteien will ich hier jetzt garnicht reden. Also, weg mit der FDP, niemand wird sie vermissen.
Es gibt den böswahren Satz: “Everybody’s darling is everybody’s Depp (höfliche Formulierung)”. Ich weiß ehrlich nicht mal mit was die FDP im EU-Wahlkampf geworben hat. Natürlich gibt es Wählerpotential für den Markenkern “Freiheit/Selbstverantwortung”, aber das erstere und das letztere ist in den letzten Jahren kleiner geworden. Liberalismus hat noch nie Wärme erzeugt, ist wohl zu vernünftig. Und die Freiheit ist für die meisten Leute wohl zu abstrakt, Selbstverantwortung zu schwer. Lieber lässt man den Staat denken, also ein paar Tausend Funktionäre. Die Meisten verstehen unter Freiheit mehr die Reisefreiheit und das Zungenpiercing. Leider.
Ich war im Dezember 2015 in die FDP eingetreten. Mich hat damals das Parteiprogramm vollkommen überzeugt, ich habe mich aktiv eingebracht und außer zu spenden auch Plakate aufgehängt und Werbebroschüren in die Briefkästen geworfen. Nach dem Wiedereinzug in den Bundestag war ich erst einmal vollkommen einverstanden mit der Absage an Jamaika. Und danach kam: nichts mehr. Ach ja, eines weiss ich noch: die FDP hat als Bestandteil der Regierung Schleswig-Holstein einen Antrag an die Bundesregierung eingebracht, man solle doch subsidiären Flüchtlingen den vollen Familiennachzug erlauben. Das hat mich sauer gemacht, denn das Programm gibt so eine Forderung keinesfalls her. Nachdem sich die FDP in der Folgezeit darauf beschränkt hat, auf die AFD einzudreschen - und ich im internen FDP-Forum “meine-freiheit.de” ordentlich Prügel mit der Nazikeule bezogen habe, weil ich es gewagt hatte, die Umsetzung des Programms einzufordern, bin ich in 2018 wieder ausgetreten. Ich weiss auch nicht, wofür die FDP eigentlich steht. Für ihr eigenes Parteiprogramm jedenfalls nicht. Schade. Deutschland könnte einen wie Sebastian Kurz gut gebrauchen. Lindner hätte so einer sein können. Aber er hat ja nicht mal den Versuch gemacht, sein Wahlversprechen eines Untersuchungsausschusses wegen der Vorgänge im September 2015 einzulösen.
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