Thilo Schneider / 12.06.2019 / 06:26 / Foto: Pixabay / 92 / Seite ausdrucken

FDP – Feige Demokratische Partei

„Im liberalen Sinne heißt liberal nicht nur liberal“, ließ Loriot einst einen FDP-Vertreter sagen. Nach dem achtkantigen Rauswurf aus dem Bundestag 2013 hätte man doch meinen sollen, dass die FDP – oder das, was von ihr noch übrig war – „den Wählerauftrag, in die außerparlamentarische Opposition zu gehen“, verstanden hätte.

Und tatsächlich sah es so aus, als sei dies auch der Fall gewesen. Die alten Köpfe und Zöpfe wurden größtenteils „einer Anschlussverwendung“ zugeführt, und dem rechtzeitig in volle Deckung gegangenen Christian Lindner gelang mit einer reanimierten FDP zur Überraschung aller anderen Parteien 2018 der Wiedereinzug in den Bundestag. Den Höhepunkt erreichte die FDP mit der Absage an eine Jamaika-Koalition und ich schwöre: Hätte die FDP Claudia Roth ein Ministerinnenamt beschert, meine Austrittserklärung wäre schneller in der Parteizentrale gewesen als Habeck „Klimawandel“ sagen kann… Hier hat die „neue FDP“ endlich Charakter gezeigt. 

Und was zeigt sie seitdem? Nichts. Es kommt nichts Weltbewegendes. Die FDP ist eben auch im Bundestag. Wie die Saaldiener auch. Nur, dass ein Saaldiener mehr zu melden hat und wahrscheinlich auch länger als die FDP am Platz ist. Es gab noch ein kurzes Herumgemaunze, warum man denn jetzt neben der AfD (igittigitt) sitzen muss, wo man doch ganz dolle viel lieber zwischen Union und Grünen und zwischen allen Stühlen sitzen würde. Aber nicht einmal das hat die FDP durchgesetzt. Dann kam noch – ich will ja nicht nur schimpfen – diese wunderbare Blockade der Dynamisierung der „Demokratieabgabe“, das war es dann auch schon gewesen. 

Bekannte Persönlichkeiten sind der lockere Christian Lindner, der immer wieder für einen Talkshowlacher gute Wolfgang Kubicki und neuerdings Linda Teuteberg, die sich von der ZEIT als „Seelenstreichlerin“ veralbern lassen darf. Nicola Beer wird zukünftig in Brüssel von Macron den Begriff „Liberté“ erklärt bekommen. Falls Sie die nicht kennen – da liegt genau das Problem. 

Die AfD würde mit der FDP stimmen, ohgottohgott

Die FDP ist eigentlich eine tolle Partei. Die Partei der Vernunft, der Mitte und der individuellen Freiheit. Die Partei der Leistungsträger, also der Leute, die den ganzen grünen Firlefanz bezahlen sollen, ob das nun die Krankenschwester, der Postbote oder der Gehirnchirurg ist. „Tu was du willst, solange du anderen damit nicht auf den Keks gehst“. Geht es noch freier, noch marktwirtschaftlicher? Sei fairer Individualist und übernimm selbst die Verantwortung für dein Leben. So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich. Traumhaft. Das ist der eigentliche Markenkern. Und ein positives Menschen- und Bürgerbild.

Und was macht die FDP damit? Wo sind die „Märsche für die Freiheit“, wo die Kampagnen für den Individualismus, wo die Slogans „Mut statt Angst“? Die Zeiten für eine liberale Partei waren niemals besser als heute, in denen Linke und Grüne „wollen, dass alle Deutschen die gleiche Panik wie Greta Thunberg“ haben, die Union damit beschäftigt ist, mit Merkel zu ringen und die AfD sich wie der Rabauke auf dem Schulhof aufführt. Wobei die AfD immerhin einen Antrag auf Verbot der Hisbollah gestellt hat, der selbstverständlich und natürlich von den anderen Parteien abgelehnt wurde. Aber darauf will ich gar nicht hinaus. Viel schlimmer ist, dass ein derartiger Antrag von der AfD kommt – und nicht von der FDP. Warum nicht? Ist das Feigheit, dass die AfD einem derartigen Antrag zustimmen könnte und dann, ohgottohgott, die AfD mit der FDP stimmen würde?

Wo ist er, der viel propagierte „German Mut“? Die FDP versteht bis heute „Wahlkampf“ als „Wahlkuscheln“. Hier ein wenig Digitalisierung, da ein wenig Bildungspolitik, dort ein Schnapsglas Umweltschutz und da drüben ein Tropfen Einwanderungsgesetz, gleich neben der Messerspitze Innere Sicherheit. Das ist ein Witz. Ein schlechter Scherz. Allerdings lachen nur die Anderen.

Es liegt nicht einmal an Christian Lindner, der wie ein Blöder ackert, um der FDP ein schärferes Profil zu geben. Es liegt an der gesamten Partei. Da werden noch Schaukästen bestückt, als hätten wir 1952 und nur jeder zweite Haushalt ein Telefon, vom Auto ganz zu schweigen. Bloß nicht auf Konfrontationskurs gehen, bloß nicht die Grünen und Linken und auch die AfD in ihren Kernthemen stellen (SPD und Union lasse ich außen vor, die haben keine Kernthemen, nur ihr Merkeltrauma) und den ganzen Enteignungs-, Klima- und Migrationspanikmachern offensiv eigene Konzepte entgegenstellen. Am Ende will sonst niemand mit der FDP im Rathaus von Unterflockenheim koalieren. Allerdings müsste auch die FDP in Unterflockenheim nicht koalieren, wenn sie stärkste Partei wäre. Aber solche Gedanken sind sie nicht gewohnt, da unten an der Basis. 

Mit kopulierenden Einhornaufklebern innovativer

Ich bin erst seit 2012 bei den lieben Liberalen dabei, aber was ich in den letzten sieben Jahren an Unwillen zur Konfrontation und zum echten Kampf um die Wähler gesehen habe – gute Güte, selbst die PARTEI ist mit kopulierenden Einhornaufklebern innovativer und pfiffiger zugange, und die haben nun so gar kein Wahlkampfbudget. Nach der Katastrophe von 2013 schrieb ein Parteimitglied, es habe nur noch gefehlt, Hundewelpen auf die Plakate zu drucken, aber genau das würde zu dem liberalen Kuschelkurs gegenüber den anderen Parteien passen. Die FDP präsentiert sich, so scheint es, lieber potenziellen Koalitionspartnern, statt selbst eine breite Bürgerbewegung zu initiieren oder zu werden. 

Gut, natürlich könnte es sein, dass sich die FDP, würde sie tatsächlich ihren Markenkern offensiv vertreten, den Vorwurf des Populismus gefallen lassen müsste – nur: Who the hell gives a damn about it? Als ob das Klimagezappel der Kohleausstiegshüpfer der Grünen kein Populismus wäre. 

Vielleicht ist es aber auch anders: Vielleicht hat die FDP einfach Angst, zu gewinnen. Vielleicht ist sie einfach zu feige für 15%, 20%, 25%. Schaukästen lassen sich leichter bestücken als Landes- und Kommunalwahllisten. Vielleicht hat sie einfach Sorge, liefern zu müssen und nicht zu können. Da hängt sich die FDP dann doch lieber als Juniorkoalitionspartner an eine der anderen Parteien und digitalisiert und dilettiert so vor sich hin. 

Nur sollte sie sich dann umbenennen: in Feige Demokratische Partei. 

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Dr. Krüger / 12.06.2019

Es ist nur sehr schade, Herr Schneider, dass auch Sie selbst so wenig konsequent sind! Was nützt es hier zu jammern und sich zu beklagen und ganz nebenbei mal wieder nach der AfD zu treten? “Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.” - Johann Wolfgang von Goethe-

Günter Frey / 12.06.2019

Lieber Thilo,  auch mir ist als FDP-Mitglied die Leisetreterei und das Kuscheln mit den gegnerischen Parteien (nämlich CDU/CSU, SPD und Grüne) ein Gräuel. Die Linksparteien haben nicht die geringsten Problem ständig mit groben Klötzen (z. B. Enteignungen) zu agieren. Wo bleibt der grobe Keil der FDP, der die Kommunisten entlarvt?

Friedrich Neureich / 12.06.2019

Die Idee der heutigen FDP von Freiheit und Marktwirtschaft ist, sich selber an den Meistbietenden zu vermieten. Das vollkommene Fehlen eines konzeptionellen Kerns soll durch Werbeslogans ersetzt werden. Der Wähler merkt, dass man ihn für einen Opa auf der Kaffeefahrt hält, und reagiert entsprechend verstimmt. Und Glaubwürdigkeit geht wesentlich schneller verloren, als man sie gewinnen kann; an dem “Mövenpick”-Image wird die FDP noch lange zu kauen haben. Dabei wären die Chancen für eine echte liberale Partei, die mit Entschiedneheit bürgerliche Werte verficht, derzeit hervorragend. Die Piraten haben es mit grundsätzlich liberalen Positionen aus dem Stand in den zweistelligen Prozentbereich geschafft und sind dann nicht am Wähler, sondern an der eigenen Schlaffheit gescheitert; ich wage zu sagen, dass jeder frühere Piraten-Wähler ein potentieller FDP-Wähler wäre, wenn diese Partei nur einmal den Mut hätte, ihre Position zu definieren. Insofern finde ich den Titel brillant.

Hubert Bauer / 12.06.2019

Zum Vorwurf die Achse betreibt AfD-Bashing (Schneider und Kulke): Vor ein paar Tagen war der 75. Jahrestag des D-Days das große Thema. Die AfD veröffentlicht auf ihrer Facebook-Seite jeden Tag vier bis fünf Beiträge. Zum D-Day hat sie aber geschwiegen. Die Multimediaverantwortlichen der AfD wissen schon, dass das ein Thema ist, worüber der gemäßigte Teil anders denkt als der braune Rand der Parteianhänger. Aber ohne D-Day würden heute noch Hitler- oder Stalin-Statuen in Deutschland stehen. Ohne D-Day gäbe es weder Demokratie noch Rechtstaatlichkeit noch Marktwirtschaft und Wohlstand in Deutschland. Da sollte die Meinung doch eindeutig sein; ist sie aber in der AfD - leider - nicht.

Sabine Schönfelder / 12.06.2019

Im Grunde läßt sich ein überwiegend bürgerliches Volk, d.h. ein Volk, daß rechtsstaatlich auf sein Grundgesetz vertraut, an Eigentum und Marktwirtschaft glaubt, mit einem weltweit beneideten Sozialsystem, von einer Horde ehemaliger SED-Faschisten, grün angemalten Marxisten-Leninisten und einer autokratisch-alternativlosen Sekretärin für Agitation und Propaganda, in den linken Ökofaschismus treiben. Die CDU sollte sich eindeutig gegen Merkel erheben, ( ging doch gerade auch bei der SPD), die FDP muß sich endlich auf ihre Grundwerte der Freiheit, des Liberalismus und einer pluralistischen Gesellschaft zurückbesinnen. Pluralismus bedeutet nicht multikulturell gegen den Willen des Volkes, sondern Meinungsfreiheit. Zusammen mit der AFD sollte man sich bei gleichen Vorstellungen von Lösungsansätzen, CDU, FDP und AFD zusammenschließen, ihr feigen Spakbacken und nicht vor der linken medialen Propaganda zu Kreuze kriechen! Sich sämtlichen schwachsinnigem Framing unterwerfen, und political correctness einhalten. Euer aller Unterwürfigkeit hat die grün-linken Schwachmaten so groß werden lassen!! Und es reicht noch nicht! Jetzt winden sich alle unter der Nazinummer, wo jeder weiß, daß dieser Begriff zur gedanklichen Eingrenzung von linker Seite benutzt wird, ein Denkkäfig ist! Herrschaftszeiten, lernt Ihr denn nie dazu????

Paul Mittelsdorf / 12.06.2019

Ich lese die Artikel von Herrn Schneider gar nicht mehr. Wie früher auch bei Welt-Online oder dem Focus scrolle ich zu den Kommentaren, die ich zum Teil weit besser finde als den Artikel. Ähnlich geht es mir zum Beispiel auch beim Achse-Autoren Kulke. Ich weiß schon, was mich bei beiden Autoren erwartet: Die AFD wird irgendwo niedergemacht, natürlich frei von irgendwelchen logisch nachvollziehbaren Gründen zur Wirklichkeit. Und das muß man sich nicht antun. Aber wie gesagt, liebe Achse: Eure Kommentarfunktion ist spitze, hier finde ich wirklich viele Texte, an denen ich mich erfreuen kann.

Detlef Dechant / 12.06.2019

Es stimmt: Nie waren die Zeiten für eine liberale Partei so gut wie heute! Nur muss sie auch dann liberale Werte vertreten. Jede Gesetzesvorlage, jede Verordnung gehört auf den liberalen Prüfstand. Wie soll ein liberales Steuergesetz aussehen? Welche Gesetze gehören abgeschafft, weil sie niemanden vor anderen schützen sondern nur gängeln und die Individualität einschränken? Wie stellen wir uns die zukünftige EU vor? Wie können wir dem Grundgesetz (Migration und Asyl), Schengen , Maastricht etc. wieder zur Geltung verhelfen? Warum schlägt sich liberales Denken zwar um uns herum aber nicht in Deutschland in Wählerstimmen nieder? Warum gibt es gerade in den neuen Bundesländern ca. 200 liberale Bürgermeister/innen, aber keine Stimmen für die FDP? Alles das sind Fragen, die teilweise schon lange anstehen. Wäre es nicht Aufgabe liberaler Think Tanks wie Theodor-Heuss-Akademie und Friedrich-Naumann-Stiftung, sich mit diesen Fragestellungen zu beschäftigen und Anworten zu finden, die direkt in die parlamentarische Arbeit eingebracht werden können? Es hätte doch möglich sein können, in den vielen Jahren der Diskussion zum Steuerrecht, einen kompletten Neuentwurf zu erarbeiten und als Gestzinitiative in den Bundestag einzubringen - aber Fehlanzeige, nur Forderungen und Absichtserklärungen. Die Frage zu den Bürgermeistern habe ich schon Guido Westerwelle gestellt. Er hat zugehört - Folgen: Fehlanzeige. Wir reden soviel von Bildung. Aber die Inhalte der politischen und Wirtschaftsbildung bestimmen die Grünen!!! In Niedersachsen preist man als Wirtschaftslehrmaterialien die Lehrhilfen von Attac!!!!!! Alles schon an die Parteioberen herangetragen, ohne Auswirkungen. Ja, diese Partei macht es einem wirklich schwer, sich immer wieder im Wahlkampf, in der Kommunalpolitik, im Freundes- und Bekanntenkreis für sie einzusetzen!

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