Faktencheck bei den Faktencheckern (1)

Im November 2019 schlug die Stunde von Deutschlands oberstem Faktenchecker David Schraven. Sichtlich bewegt angesichts der Errungenschaften seiner Organisation „Correctiv“, erläuterte der große deutsche Wahrheitswart als Beklagter im Verfahren gegen Tichys Einblick dem Landgericht Mannheim, seine gemeinnützige Gesellschaft sei nun „zertifiziert“ worden. Und zwar von niemand geringerem als dem IFCN (International Fact Checking Network“). Im Protokoll der Gerichtsverhandlung ist zu lesen:

„Der Geschäftsführer der Beklagten erläutert das Verfahren zur internationalen Zertifizierung von Fact-Checking-Organisationen und erläutert in diesem Zusammenhang, für Deutschland seien außer seiner Partei auch die dpa zertifiziert.“

Dass diese Zertifizierung relativ bedeutungslos ist (dazu mehr in Folge 3), ist das eine. Aber man sollte, schon um sich nicht der Gefahr des Prozessbetruges auszusetzen, vor Gericht keine unwahren Angaben machen und erst recht nicht lügen. Ehrensache für einen der Wahrheit verpflichteten „zertifizierten Faktenchecker“ sollte man meinen.

Die Regeln der IFCN bestimmen, dass die Verlängerung der Zertifizierung alle zwölf Monate erfolgen muss und einen Monat vor Ablauf, für Correctiv wäre das der 10.11.2019, eine Erinnerung verschickt wird (Screenshots siehe hier auf meiner Website).

Schraven wusste also schon zwei Wochen lang, dass seine Zertifizierung auslief, als er vor dem Landgericht Mannheim dozierte. Und er wusste wohl auch, dass er sie auslaufen lassen würde. Solche Entscheidungen werden ja nicht kurzfristig getroffen oder durch Sorgfaltslosigkeit gar dem Zufall überlassen bleiben.

Quasi über Nacht ein Überprüfungsprozess

Monate später, in der Berufungserwiderung vom 02.04.2020, lobt Correctiv das IFCN, als „renommierte Organisation, die weltweit führend“ sei und behauptet: „Zu den verifizierten Partnern des IFCN gehören inzwischen 71 Organisationen… In Deutschland sind die Beklagte als CORRECTIV.Faktencheck und seit Anfang 2019 auch die… Deutsche Presse-Agentur... vom IFCN anerkannt.“

Damit hat Correctiv vor Gericht die Unwahrheit vorgetragen oder sogar gelogen. Denn Correctiv war nicht zertifiziert. Die Zertifizierung war ausgelaufen. Dieser Screenshot vom 22.05.2020 beweist das.

Wenn Correctiv, man mag es sich gar nicht vorstellen, nicht einmal wusste, dass man nicht mehr zertifiziert war, war der Vortrag nur unwahr. Wusste Correctiv davon, war es gelogen.

Wir haben auf diesen bemerkenswerten Umstand in einem Schriftsatz an das Oberlandesgericht vom 25.05.2020 hingewiesen. Am Abend des Folgetages war dann die ausgelaufene Zertifizierung erneut erteilt. Prima, wie schnell und kooperativ und quasi über Nacht so ein Überprüfungsprozess erfolgen kann, wenn es darauf ankommt. Dass hier die Sorgfaltspflichten des „weltweit führenden, renommierten“ Instituts zugunsten seines Schützlings vernachlässigt worden sein könnten, behaupten wir natürlich nicht.

Ein kleines Dankeschön von Correctiv hätte ich mir aber schon erhofft. Denn gehört sich das nicht so, wenn man als „zertifizierter Faktenchecker“ allein durch den nicht zertifizierten Faktencheck des nicht zertifizierten gegnerischen Anwalts überhaupt erst merkt, dass man nicht mehr zertifiziert ist? Was für eine Truppe, die sich da anmaßt, der Öffentlichkeit erklären zu wollen, was wahr und was unwahr ist.

Am 30.05.2020 hat der „Deutschlandfunk“ dann ein Interview mit dem Titel „Twitterstreit: Meinungsfreiheit und Faktencheck“ ausgestrahlt, das sich in den letzten zwei Minuten auch mit dem Prozess Tichys Einblick gegen Correctiv befasst, den Tichy bekanntlich in zweiter Instanz gewonnen hat. 

Interviewt wurde ein Till Eckert von Correctiv, eine Interviewanfrage bei Tichy gab es nicht. Ausgerechnet Till Eckert wird interviewt, einer der beiden Verfasser des „Faktenchecks“, der jetzt vom Oberlandesgericht verboten wurde. Ein Hinweis des Deutschlandfunks auf diesen Fakt erfolgte nicht. Allerdings wechselt die Interviewerin Stephanie Rohde im Gespräch zwischen „Sie“ und „Du“ hin und her, was eine gewisse Vertrautheit der Journalistin mit dem Befragten andeuten mag.

„Wir arbeiten wie gehabt weiter“

Die Interviewerin fragte den Verfasser des rechtswidrigen Faktenchecks, ob sich das Urteil auf zukünftige Faktenchecks von Correctiv auswirke. Eckerts trotzige Antwort: „Nein, das wirkt sich nicht aus. Wir arbeiten wie gehabt weiter und warten erstmal die genaue Begründung des Gerichts ab.“

Faktencheck vom nicht zertifizierten Anwalt: Falsch. Es kann zwar sein, dass Correctiv das Urteil ignoriert und weitermacht, wie gehabt. Richtig ist aber, dass die Entscheidung richtungsweisend ist und ganz erhebliche Auswirkungen auf zukünftige Faktenchecks hat. Stark umstritten war in dem Prozess nämlich auch, ob die Handlungen von Correctiv als gemeinnütziger GmbH auch den strengen Regeln des deutschen Wettbewerbsrechts unterliegen. Das Oberlandesgericht hat dies bejaht und damit eine Zeitenwende eingeleitet. Jede Bewertung des journalistischen Inhalts eines Wettbewerbers durch Correctiv kann von jetzt an untersagt werden, wenn sie irreführend, herabsetzend, behindernd, also wettbewerbswidrig ist.

Dies war das erste Verfahren überhaupt, in dem Faktenchecks wettbewerbsrechtlich angegriffen wurden. Dieses Verfahren und diese rechtliche Argumentation hat der Verfasser bereits im Mai 2019 im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages angekündigt, vergl. Wortprotokoll 19/52, Seite 21, rechte Spalte.

Der Correctiv-Konzern und das Handelsgesetzbuch

Fortsetzungen folgen. Wir beschäftigen uns dann mit der Frage, ob der Correctiv-Konzern sich an die Vorschriften des Handelsgesetzbuches hält oder durch pflichtwidriges Unterlassens seiner Publizitätspflichten mit Ordnungsgeldern rechnen muss. Ob die gemeinnützige Correctiv gGmbH tatsächlich Darlehen an ihre gewerbliche Tochter vergibt, ob dies ein Verstoß gegen die eigene Satzung sein könnte und fragen uns, was wohl Spender dazu sagen würden, wenn sie das wüssten.

Kann es sein, dass Markus Wiegend schon 2017 völlig richtig lag, als er in „Märchenstunde mit David Schraven“ schrieb:

„Früher hatte ich den Eindruck, dass er ein aufrechter Kämpfer für den investigativen Journalismus in Deutschland ist. Heute habe ich den Eindruck, dass David Schraven vor allem ein aufrechter Kämpfer für seine Eigeninteressen ist und sich mit vielem, was er tut, im Widerspruch zu dem bewegt, wofür er in den Augen vieler steht: Freiheit der Presse, Fairness gegen Kollegen, Unabhängigkeit.“

Natürlich hat Schraven, Fuchs der er ist, vorgesorgt, falls Facebook seine verurteilte Firma fallen lässt wie eine heiße Kartoffel. Denn neben der ganzen Faktencheckerei will er jetzt auch noch mit der „Organisation und Durchführung von Bewirtungsaktivitäten und der Organisation und Durchführung von Immobiliengeschäften“ Kohle machen. Mehr dazu in Teil 2.

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Leserpost

netiquette:

Sonja Dengler / 03.06.2020

ich bin gerade dabei, das Netzwerk, dem “Faktencheck” ebenfalls angehört, mal zusammen zu stellen. Man staunt, wer hier dazugehört und obwohl ich schon bei Plakatgröße sind, wird es nicht vollständig werden (aus Platzgründen), aber ich werde es verbreiten…. Wünscht mir Erfolg dabei. Danke für diesen Artikel, der mich sehr bestärkt.

Th. Rosché / 03.06.2020

Egal was ich lese, höre oder sehe, ich frage mich zuerst, wem nützt diese Art der Berichterstattung, der Aktion etc. !  Und schon bin ich schlauer…....... ;-)

Heiko Loeber / 03.06.2020

“Faktenchecker” oder “#faktenfinder” ist wie “Antifa”: Kann Spuren von Haltung/Faschismus enthalten. - Birgit Kelle würde es vielleicht sogar so formulieren: “Wo Fakten draufsteht, ist Meinung drin.”

Eberhardt Feldhahn / 03.06.2020

Gibt es eigentlich auch eine “Nullchecker” Zertifizierungsorganisation mit weltweiter Organisation? Ich denke, es wäre in diesen Zeiten ein Vollzeitberuf.

Burkhard Mundt / 03.06.2020

“Faktencheck”: Ein staatlich alimentiertes (Geldtopf “Demokratie leben” ) Geschäftsmodell ? Wer checkt die Fakten zu Merkels Grundgesetztreue, zB in Sachen Asylrecht und Wahlen ?

Dr. Robert Lederer / 03.06.2020

zum Statement von Benthien: Sie schreiben: “Gründung dubioser Organisationen”, wenn es nur das wäre. Aber das Entscheidende ist: Wenn ich dem US-Amerikaner Engdahl in seinem Buch folge, waren die gegründeten NGO-Organisationen ein Werk der CIA, nach dem Ende der brutalen Welle von Mord. Und der Reichtum, der diese Macht der NGOs geschaffen hat, das ist , politökonomisch gesprochen, der Neoliberalismus, der nach dem vorläufigen Endsieg des Kapitalismus die Verteilungsverhältnisse wesentlich geändert hat, die Reallöhne in Deutschland dürften sich in den letzten 30 Jahren kaum verändert haben. Auf diesem überquellenden Reichtum der Kapitalisten wurden dann die milliardenschweren Stiftungen gegründet, die Friederike Beck in ihrem Buch “Migrationsagenda” benannt hat, und die die Massenzuwanderung seit 2015 wesentlich gefördert haben. Wenn ich 2 Bücher zitiere, so darum, weil - wie 1968 - das Wesentliche nicht in der bürgerlichen Presse und den Mainstreammedien, sondern in den Publikationen stattfindet. Wobei der Unterschied zu 1968 ist, daß sogar Bücher vom Buchhandel boykottiert werden, was damals undenkbar war.

F.Bothmann / 03.06.2020

Mein Correctiv-Aha-Erlebnis war die Lektüre eines Beitrages für den Vater der Klima-Greta. Hier wurde - sinngemäß - beschrieben, dass er mit der ganzen “Greta-Vermarktung” kein Geld verdient. Es war einfach nur eine Gegenbehauptung und enthielt keine belegbaren Fakten. Seitdem ist dieser Laden aus meiner Sicht als vollkommen unseriös zu betrachten. Die ganze An- und Einbindung in die Brost-Stiftung und zu Bodo Hombach ist auch kein Garant für irgendeine Art von Unabhängigkeit. Hier wird knallharte Gesinnungsmeinungspolitik gefahren um am Markt der Meinungen mitverdienen zu können.

Wolfgang Nirada / 03.06.2020

Welchen Namen Correctiv wohl unter den Nazis gehabt hätte? Alternativloser Reichserklärbär? Faktenschutzstaffel? Diese Linksfuzzis… die sind sooo deutsch

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