Henryk M. Broder / 19.09.2017 / 15:37 / 2 / Seite ausdrucken

Fake News aus Bad Eulen

Am 31. Juli strahlte die ARD eine vom SWR produzierte 45-Minuten-Doku über ein Thema aus, das derzeit Hochkonjunktur hat: "Im Netz der Lügen – Der Kampf gegen Fake News". Was nach einer Edgar-Wallace-Verfilmung ("Die weiße Spinne", mit Claus Kleber in der Hauptrolle) klang, sollte die Zuschauer für - so nannte man das früher - Falschmeldungen sensibilieren. Keine schlechte Idee, zumal es dafür viele anschauliche Beispiele im Repertoire der ARD und des ZDF gibt. Schaut, das Schlimme liegt so nah! 

Aber Selbstkritik war nicht der Zweck der Übung. Also tat man sich mit einem Team von Forschern zusammen, alles lupenreine Wissenschaftler, um herauszufinden, "wie einfach sich eine Falschmeldung im Internet verbreiten" lässt. Überraschendes Ergebnis der Experiments: Es ist sehr einfach. Menschen neigen dazu, das zu glauben, was sie glauben wollen, was ihren Ansichten entgegenkommt. Eine sensationelle Erkenntnis, die bis jetzt noch nie thematisiert wurde! Dabei machten sich die Forscher selbst zu Fälschern.

Fachmann für Echokammern und Filterblasen 

Sie erfanden einen Ort, den es nicht gibt, Bad Eulen, eine Geschichte, die so nicht passiert ist, und eine "Quelle", welche die Falschmeldung als erste verbreitet hat: den "Volks-Beobachter". Allein das, meint der Leiter des Experiments, hätte die Menschen stutzig machen müssen, die Nähe zum Nazi-Blatt "Völkischer Beobachter". Aber leider sind nicht alle, die in den sozialen Medien unterwegs sind, so gebildet wie der Kommunikationsexperte, der sich mit "Filterblasen" und "Echokammern" auskennt.

Die ganze Doku ist ein gutes Beispiel dafür, wie es nicht geht: manipulativ und suggestiv zusammengehauen, anmaßend und dilettantisch zugleich. Jede Folge von "Vorsicht Falle - Nepper, Schlepper, Bauernfänger" war glaubwürdiger und handwerklich besser. Richtig fies wird es ab Minute 20:45. Da verlässt der Dokumentarist seine eigene "Filterblase" und macht sich auf den Weg zu "einem Stellvertreter der selbsternannten Gegenöffentlichkeit", dem Filmemacher Imad Karim.

Die "selbsternannte Gegenöffentlichkeit" ist das Gegenteil zu der "Echokammer" der Öffentich-Rechtlichen, die sich selber immer wieder bescheinigen, wie ausgewogen, objektiv und investigativ sie berichten, die selbsternannten Hüter der Demokratie, die sich aus einer Demokratieabgabe finanzieren, die mit der Drohung von Erzwingungshaft eingetrieben wird.

Es kann an der radikalen Meinung liegen

Was liegt gegen Imad Karim vor? Facebook hat ihn ohne Angabe von Gründen gesperrt. Früher "machte er Filme für das öffentlich-rechtliche Fernsehen, inzwischen ist er fast nur noch im Netz tätig und warnt dort permanent vor der Islamisierung Deutschlands"; dabei erreicht er "mehr als 50.000 Menschen". Warum er bei Facebook gesperrt wurde, kann er sich nicht erklären. "Vielleicht liegt es daran, dass seine Meinung manchmal radikal ist", vermutet der Kollege vom SWR. Außerdem ist er "bekennender Anhänger der AfD und wirbt offen für die Rechtspopulisten". Und verbreitet Fake News. Wie die, dass muslimische Studenten an einer katholischen US-Uni die Entfernung von Kruzifixen gefordert haben. 

Schauen Sie sich an, was der SWR-Reporter daraus macht. Ein denunziatorisches Schmierenstsück, dessen Wahrheitsgehalt darin liegt, dass jeder, der in der AfD keine Wiedergängerin der NSDAP erkennt, zu einem "bekennenden Anhänger der AfD" erklärt wird. Imad Karims größte Sünde aber ist, dass er "mehr Menschen erreicht als manche Regionalzeitung". Das nimmt ihm der Erbsenzähler vom SWR übel. Und so geht es weiter, sechs Minuten lang, denn "jemand, der so wie er (Imad Karim) die Öffentlichkeit sucht, muss es aushalten, dass man sich auch öffentlich mit ihm auseinandersetzt". 

Und dann kehrt der Fake-News-Jäger an die Uni zurück, wo die "Wissenschaftler" noch immer mit ihren Fake News spielen und sich wundern, wie leicht es ist, sie im Netz zu platzieren.

Imad Karim hat eine "Gegendarstellung" zu der SWR-Doku ins Netz gestellt. Man merkt es ihm an, wie verletzt er ist. Derweil der SWR-Büchsenspanner von seinem öffentlich-rechtlichen Hochsitz weiter große Töne spuckt. Mehr darüber demnächst an dieser Stelle.

Zur Facebook-Sperre gegen Imad Karim gab es hier auch einen Achgut.Pogo Beitrag

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Test 45: 46789

Leo Hohensee / 20.09.2017

Sehr geehrter Herr Broder, ich habe mir das Video von Imad Karim angeschaut. Es ist eine weitere Bestätigung für meinen Eindruck, Lügenmedien und Lügenpresse sind weit verbreitet und sie bestimmen wie Nebel die Sichtweite. Diese Medien kennen auch intern keine Ansprüche an Sorgfalt und keine Grenzen in Bezug auf ein Berufsethos. Ich verstehe Karims Verzweiflung total. beste Grüße L.H.

TOBIAS RÜGER / 20.09.2017

Die erzungenene Demagogieabgabe hat die Leuter der ÖR-Sender hochmütig gemacht. Der Gegenwind, der ihnen von unabhängige Plattformen entgegenweht bewirkt so eine narzisstische Kränkung. Querdenker wie Karim müssen wir stärken – allein um der Vielfalt willen.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 10.06.2025 / 16:00 / 54

Der antisemitische Furor der gehobenen Stände

Die Zeit wird offenbar auch von Lesern konsumiert, die nicht ganz zum postulierten liberalen Profil des Blattes passen. Was sich bei deren Online-Ausgabe unter den…/ mehr

Henryk M. Broder / 01.06.2025 / 06:00 / 94

Endlich muss man „Messerstecher*innen“ sagen

Was wollte die Messerstecherin von Hamburg mit ihrer Tat beweisen? Die 39-jährige weiße deutsche Frau, die im Getümmel des Hamburger Hauptbahnhofs unter Einsatz eines Messers…/ mehr

Henryk M. Broder / 26.05.2025 / 12:00 / 59

Überleben, um von Kriegsverbrechen abzulenken?

Warum wächst der Antisemitismus eigentlich, wenn es immer mehr und neue Antisemitismus-Beauftragte gibt? Vielleicht, weil manch einer, der sich dazu berufen fühlt, auch schon mal…/ mehr

Henryk M. Broder / 21.05.2025 / 17:00 / 0

Bedeutende Denkerinnen und Denker des 21. Jahrhunderts – Heute: Wolfgang K.

Wolfgang Koydl plädiert in der Weltwoche für einen "Diktatfrieden" zu Lasten der Ukraine. Denn: "Diktatfrieden werden dem Kriegsgegner auferlegt, der den Krieg verloren hat. Dies…/ mehr

Henryk M. Broder / 31.03.2025 / 14:00 / 48

Al-Quds Tag: Positioniert euch!

The same procedure as every year! Nur dass dieses Mal der Präsident des Zentralrates der Juden muslimische Verbände um Hilfe bittet. Leider vergeblich. Stellen Sie…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.03.2025 / 10:00 / 54

Flucht nach Uganda

In ihren letzten Tagen entfaltet die scheidende Regierung erstaunliche Aktivitäten. Während in Berlin die Infrastruktur zusammenbricht, will Staatssekretär Niels Annen noch schnell die Trinkwasserversorgung in…/ mehr

Henryk M. Broder / 17.02.2025 / 11:00 / 45

Svenja Schulze lässt es krachen

Was macht frau, wenn es gerade nicht für Schlagzeilen reicht? Eine Sitzung! Auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Und eine "Joint Declaration of Intent"! Aber sowas von.…/ mehr

Henryk M. Broder / 03.02.2025 / 14:00 / 112

Weiße Männer ohne Migrations-Hintergrund

Eine Podcasterin hat sich zu Wort gemeldet und erklärt, sie habe „sieben sexuelle Übergriffe“ erlebt, keiner der Täter habe „einen Migrationshintergrund“ gehabt. „All diese Männer…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com