Fabelhafter Chili

Die Zunge brannte, die Speiseröhre stand in Flammen, das Herz raste, und bevor Christoph Kolumbus zusammenbrach, schossen entzündungshemmende Endorphine in sein Gehirn und linderten den Schmerz.

Nachdem Kolumbus 1492 nicht Indien, sondern Amerika entdeckt hatte, irrte er auch bei dieser scharfen Chilischote. Er hielt sie für eine unbekannte Pfeffersorte und nannte sie ganz unbescheiden „spanischer Pfeffer“. Chili war jedoch in Mittel- und Südamerika seit rund 9.000 Jahren bekannt, verbreiteter als Mais, und diente als Schmerz- und Heilmittel. Die Göttin Tlatlauhqui-cihuatl-ichilzintli wachte über die rote Schote, die fast jeder Mahlzeit beigemischt wurde.

In Europa schmeckte das Essen damals unglaublich fad. Nur Könige, Adlige und Geistliche konnten sich Gewürze leisten. Die Diener Gottes verspottete man als Pfeffersäcke, weil sie in Saus und Braus lebten. Pfeffer wurde zeitweise sogar in Gold aufgewogen. Unter den Seefahrernationen war deshalb ein Wettlauf zu den sagenumwobenen Gewürzinseln ausgebrochen.

Würzen, wärmen, Angreifer vertreiben

Es gibt heute über 200 verschiedene Chilisorten mit unterschiedlichen Namen, die bekanntesten sind Jalapeño und Cayenne. Ja, der Cayenne-Pfeffer hat nichts mit Pfeffer zu tun, er besteht ausschließlich aus Chili. Die Schoten unterscheiden sich in Geschmack, Größe, Farbe und Schärfe recht stark voneinander. Die Schärfe ist dem brennenden Capsaicin geschuldet und wird in Scoville-Einheiten gemessen. Mexikanische Jalapeños haben weniger als 5.000 Scoville, es gibt jedoch einige südamerikanische Sorten mit Spitzen von bis zu 300.000 Scoville. Die krasseste Schärfe weist der Manzano-Chili auf, nicht umsonst wird er „Gringokiller“ genannt.

Während Azteken ihre Feinde zur Abwechslung dem beißenden Rauch gerösteter Chili aussetzten, würzen wir heute unsere Pfeffersprays mit Chili. Auch in der Medizin hat die Schote überlebt. Wir finden sie in Wärmepflastern, die man bei Hexenschuss auf den Rücken klebt.

Da Capsaicin auch die Durchblutung fördert, benützen es Experimentierfreudige als günstigen Viagra-Ersatz. Sofern man sich für Tabasco entscheidet, sollte man die Chilisauce nur über das Essen tröpfeln und nicht an der hilfsbedürftigen Körperstelle einreiben.

 

Claude Cueni (65) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Im März erschien im Verlag Nagel & Kimche „Hotel California“, ein Lebensratgeber in Romanform für seine Enkelin. Cueni schreibt jeden zweiten Freitag im Blick, wo dieser Beitrag zuerst erschien.

Foto: Sebastian Magnani CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Wolfgang Nirada / 15.07.2021

Wenn Herr Cueni schreibt dass das Essen damals unglaublich fad war dann nehme ich ihm das ab. Damals gings in allererster Linie ums satt werden und ganz sicher nicht um Haute Cuisine und die verschiedenen Gerichte konnte mann vermutlich an den 10 Fingern abzählen… Ausserdem - wer einmal einen original thailändischen Papaya-Salat probiert hat findet danach alle Speisen so was von fade…

Andreas Schramm / 15.07.2021

Pfeffersäcke wurden die Patrizier und die reichen Händler der Städte genannt.

Uwe Richard / 15.07.2021

Lieber Peter Holschke, Auch wenn es mich scharrrf macht, wenn ebenso formuliert wird, finde ich Ihren Beitrag etwas übertrieben. BTW.: Haben Sie eine/einige Quelle(n) für Ihre These, so nenne ich sie mal, parat? Mit freundlichem Gruße der Quellen harrend Uwe Richard

Peter Holschke / 15.07.2021

“In Europa schmeckte das Essen damals unglaublich fad”. Woher will der Autor das wissen? Hat er eine Zeitmaschinen und war dort Mal zum Essen? Äh, verstehe, ZDF-Info oder Phönix. Merke! Alles was wir glauben zu wissen ist falsch. Alles was uns erzählt wird, ist falsch. Pfeffer fungierte vielmehr als Droge. Die Dosierung waren enorm. Handel und Gepflogenheiten glichen nicht zufällig dem heutigen Drogenhandel. Der Autor steckt noch in der alten Zeit fest, als Spiegel, GEO und andere bunte Magazine schöne Geschichten fürs Volk verbreiteten.

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