Ramin Peymani, Gastautor / 19.12.2017 / 06:15 / Foto: Pixabay / 15 / Seite ausdrucken

Europas jüngster Kanzler lässt Merkel alt aussehen

Von Ramin Peymani.

Acht Wochen haben sie sich Zeit genommen, um ihr Bündnis zu schmieden. Unaufgeregt, sachorientiert und mit dem Wunsch, tatsächlich zusammenzufinden. Respektvoll und konstruktiv seien die Gespräche gewesen, heißt es gleichlautend aus ÖVP und FPÖ. Österreichs künftige Regierungskoalition ist der maximal mögliche Gegenentwurf zur deutschen Jamaika-Farce, die im gleichen Zeitraum nicht mal über Sondierungsansätze hinausgekommen war. Und während also hierzulande auch drei Monate nach der Bundestagswahl noch gar nicht absehbar ist, wann eine neue Regierung steht, hat Österreichs neuer Kanzler Sebastian Kurz nun sein Kabinett vorgestellt.

Erfrischend anders kommt unser Nachbarland daher, geradezu runderneuert nach Jahren der Agonie. Auch in Österreich stand die Große Koalition vor allem für Bürgerferne und politischen Stillstand. Doch in nur wenigen Monaten hat der mit 31 Jahren jüngste Regierungschef in Europa seine Partei und mit ihr ein ganzes Land völlig umgekrempelt. Während den Deutschen im September der letzte Wille fehlte, Angela Merkel davonzujagen, und sich auch niemand findet, der innerhalb der CDU/CSU genug Macht und Mumm hätte, es Kurz gleichzutun, dürfen wir staunend zusehen, wie Österreich in eine europäische Führungsrolle hineinwächst. Gegen den charismatischen Aufsteiger, der schon als charmanter, aber durchsetzungsstarker Außenminister aufgefallen war, wirkt Merkel wie ein Fossil aus einer längst vergangenen Zeit.

Leicht hat es die etablierte Politik den österreichischen Wählern allerdings nicht gemacht. Dem rasanten Aufstieg des Sebastian Kurz war ein heftiger Todeskampf des Establishments vorausgegangen. Schien es vor Jahresfrist so, als stelle der Partner FPÖ auch den nächsten Bundespräsidenten, konnten die herrschenden Machteliten dies in einem letzten Aufbäumen und unter Anwendung aller denkbaren Tricks gerade noch verhindern.

Ein blasser, aber Mainstream-tauglicher Links-Grüner darf seither das höchste Staatsamt Österreichs bekleiden. Und der hatte sich so unverblümt in die Regierungsfindung seines Landes eingeschaltet wie in Deutschland sein Kollege Frank-Walter Steinmeier. Letzerem ist es inzwischen gelungen, seine SPD gegen den Willen der eigenen Parteibasis auf weitere vier Jahre der Statthalterschaft für die ewige Kanzlerin zu verpflichten.

Allianzen mit einer Reihe osteuropäischer Staaten

Von Merkel mit dem Amt des “Ersten Mannes” im Staat beschenkt, nimmt Steinmeier in seiner Dankbarkeit sogar in Kauf, dass der von der SPD so verhassten AfD im Deutschen Bundestag damit künftig die Rolle der Oppositionsführerin zufällt. Deren österreichisches Pendant wird nun also regieren. Und das nicht zum ersten Mal. Gemeinsam mit Kurz und der ÖVP wird die FPÖ Europa ihren Stempel aufdrücken. Längst hat man Allianzen mit einer Reihe osteuropäischer Staaten gebildet, zu denen Österreich seit jeher besonders enge Beziehungen pflegt. Schon mahnt Bundespräsident van der Bellen, “den pro-europäischen Kurs nicht zu verlassen”, und meint damit natürlich nicht Europa, sondern die EU.

In meinem aktuellen Buch “Das Grauen” schrieb ich Anfang des Jahres, in weiten Teilen Europas habe sich der Souverän auf den Weg gemacht, die Demokratie zurückzuerobern. In Österreich ist dies gegen alle Widerstände gelungen. Ob Deutschland jemals folgen wird, steht in den Sternen. Zu dicht scheint das Netzwerk der Mächtigen hierzulande, zu eng die Kollaboration der Berufspolitik mit einer links-grünen Journaille, die keine Mandatsträger braucht, um sich als Bundestagsfraktion zu verstehen und ohne jede Legitimierung durch die Wähler mitzuregieren.

Doch der Erfolg der Konservativen ist ein starkes Signal, das längst nicht mehr nur von Österreich ausgeht. Immer schwerer wird es für jene vermeintlich progressiven Kräfte, die in der Aufgabe nationalstaatlicher Souveränität, der Aushöhlung von Rechtsnormen und der Unterwerfung unter grüne Selbstgeißelungsrituale die Zukunft sehen. Eine weitere Regierung setzt damit in Europa künftig den gesunden Menschenverstand an die Stelle eitler Selbstinszenierung, linker Träumereien und grüner Lobbypolitik.

Österreich dürfte sich außerdem noch entschlossener als bisher einer politischen Ideologie entgegenstellen, die sich als Religion tarnt. Angela Merkel hat es in Europa ab sofort schwerer, wie der jüngste EU-Gipfel gezeigt hat. Sebastian Kurz wird der deutschen Kanzlerin noch in so manchem Alptraum erscheinen. Und nicht nur er. Sie wollte nicht gehen – nun wird die Zeit über sie hinweggehen.

Ramin Peymani ist freier Autor und Publizist. Er betreibt unter http://www.liberale-warte.de einen Politik-Blog, auf dem dieser Beitrag zuerst erschienen ist.

Foto: Pixabay

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Hildburg Heider / 19.12.2017

Danke für diesen Text! Österreich setzt ein Hoffnungszeichen gegen die Ewiggestrigen, die grünverkleideten Spießer und frommen Schwätzer.  Nun müssen wir genau hinschauen, welche Taten folgen. Wenn es der neuen Regierung gelingen sollte,  ihr engagiertes Programm zu verwirklichen, könnten sich einige Nachbarländer an ihr ein Vorbild nehmen. Falls deren Regierungschefs samt Hofstaat zur Einsicht überhaupt noch in der Lage sind. Hildburg Heider

Susanne antalic / 19.12.2017

Es wird sicher etwas schwerer für Merkel, aber ich mache mir keine Illusionen, das sich in D. was endern wird, den genau wie sie schreiben, hier regieren die MSM mit den ÖR mit und die lassen sich ihre Macht nicht wegnehmen. Da bei den meisten Deutschen Lethargie angesetzt ist, wird es noch 4 weitere Jahre dauern. Dann wird aber D. am Ende sein, aber vieleicht soll das, das Ziel sein. Jetzt wird aber erst an Östereich richtig angedroschen, denn vernünftig darf in D. nichts sein.

Werner Arning / 19.12.2017

Ob das, was in Österreich möglich war, in Deutschland auch passieren könnte? Kaum vorstellbar. Zu stark scheint die Allianz von links-grüner Medienlandschaft, einem Großteil der etablierten Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Antifa zu sein, als dass nicht jedes zarte demokratische Pflänzchen, kaum dass es wächst, zertreten würde. Doch jede Lebenslüge lässt sich nur bedingt und nie für immer aufrecht erhalten. Irgendwann erkämpft sich Wahrheit sein Recht. Und oft gerade dann, wenn niemand damit rechnet. Die DDR im Jahre 1989 ist nur ein Beispiel für diese Regel, es gibt unzählige andere.

Martin Hofmann-Apitius / 19.12.2017

Wie das mediale Establishment auf die “Bedrohung” Kurz reagiert, kann man aktuell in der WELT sehen. Da wird fabuliert von der angeblichen “Nicht-Übertragbarkeit” des österreichischen Pragmatismus im Umgang mit “Flüchtlingen” auf die Situation in Deutschland; da wird alles versucht, Kurz und sein Kabinett als “unerfahren” und “zu jung” zu stigmatisieren .... Kennzeichnend für die Berichterstattung in den “Leitmedien” ist auch eine viel zu geringe, inhaltliche Auseinandersetzung mit der Politik, die jetzt als Regierungsprogramm deutlich geworden ist in Österreich. Wie groß muss die Angst sein derer, die in Deutschland verzweifelt versuchen, die “Meinungsführerschaft” zu behalten ... dabei ist die Kaiserin nackt und jeder kann es sehen. Die angeblich auf Sicht fahrende Kanzlerin hat ihr Pulver verschossen und ist verbraucht, ideenlos und ihr ganzes, durchgehendes Versagen wird überdeutlich im Umgang mit den Opfern des Breidscheidplatzes. Ich bin gespannt, welche Koalition der Verlierer sich in Deutschland mühsam in die Regierungsbildung schleppt und wie arm und wie peinlich diese Regierung dann gegenüber dem kleinen Österreich mit seinem eloquenten Regierungschef dastehen wird. Ein bisschen klammheimliche Freude ist meinerseits nicht zu verleugnen, ich gebe es ja zu .....

Adjua Quaye / 19.12.2017

In der österreichischen Präsidentschaftswahl ging es vor allem um zwei verschiedene Auffassungen vom Amt - Hofer wollte die Machtfülle, die dem österreichischen Präsidenten vom Gesetz her zusteht, ausnützen (gegebenenfalls die Regierung entlassen, wenn “nichts weitergeht”), der “blasse Linksgrüne” hingegen wollte das Amt so ausüben, wie es in Österreich traditionell seit Ewigkeiten gehandhabt wird. Den Österreichern war dies lieber, wir wollen keine pseudoautoritären Idioten. Man kann VDB übrigens vieles vorwerfen, bloss nicht, dass er “blass” ist - er ist eine der schillernsten Figuren in der hiesigen Politik, und das seit Jahrzehnten. Er war im Gegensatz zu Hofer eine bekannte Grösse, da brauchte es keine Tricks und auch kein “Establishment”. Jetzt haben wir eine Regierung, die vieles vorhat, was pragmatisch einfach notwendig ist, vor allem hinsichtlich der Migrationspolitik. Und zwar bisher ohne rechtsnationale Töne. Der blassgrüne Linke wird dafür sorgen, dass letzteres so bleibt. Das ist auch gut so und entspricht meiner Vorstellung von seinem Job. Dass das eure alternativlose Merkel etwas alt aussehen lässt, ist richtig. Jegliches Geschäume vom “Establishment” und von “Tricks” hingegen entspricht nicht den Fakten und trägt nicht dazu bei, dass der Diskurs sich endlich wieder in eine vernünftige, der Demokratie zuträgliche Richtung entwickelt.

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