Rainer Bonhorst / 29.05.2017 / 06:25 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 11 / Seite ausdrucken

Europa plötzlich allein zu Haus

Der böse Onkel aus Amerika ist wieder daheim in seinem Reich und wir Kinder Europas sind allein zu Haus. Nicht ganz allein: Da ist ja noch der gute Onkel, der uns tröstet. Aber der ist in Rente und kann nur noch trösten, mehr nicht. Das Sagen hat der abgereiste böse Onkel und der hat lauter Sachen gesagt, die wir nicht hören wollen.

Er war ganz unhöflich. Er hat sein Jackett nie zugeknöpft und seine Krawatte bis zum Schritt hängen lassen und er hat uns unter die Nase gerieben, dass wir unsere Nato-Verträge, die wir unterschrieben haben, seit vielen Jahren nicht einhalten. Wenn der böse Onkel nicht Immobilienhai sondern Lateiner wäre, hätte er vielleicht gesagt: Pacta sunt servanda. Als Hai hat er aber einfach gesagt, dass er noch viel, viel Geld von uns haben will.

Und dann hat er uns mit unserem Klima hängen lassen. Er hat alle spüren lassen, dass er ein Ungläubiger ist. Ein paar Tage will er noch warten und dann bescheid sagen, ob er aus der Klima-Kirche austritt oder ob er wenigstens zahlendes, wenn auch nicht praktizierendes Mitglied bleibt.

Kein rettender Onkel aus Amerika – was tun?

Er hat sowieso kaum Zeit für uns europäische Kinder, weil bei ihm zu Hause ziemlich dicke Luft herrscht. Irgendetwas mit den Russen und mit dem FBI. Das kann dauern. Wir müssen, auch wenn das ein Schock ist, auf einmal sehen, wie wir selbst zurecht kommen. Fast ganz ohne ihn. Als Kevin allein zu Haus war, hat er ziemlich viel Blödsinn angestellt. Das könnte bei uns auch passieren. Bisher hat der Onkel aus Amerika immer eingegriffen, wenn wir Kinder überfordert waren. Aber jetzt? Was tun?

Wir können uns natürlich wütend auf den Boden werfen und heulen und mit den Beinen strampeln. Oder uns die Augen zuhalten, damit wir unsichtbar sind und uns keiner ärgern kann. Oder wir kriegen uns gegenseitig in die Haare, weil keiner auf uns aufpasst. Wenn sich Erziehungsberechtigte plötzlich und unerwartet abwenden, kann es allerdings auch passieren, dass die Kinder schneller erwachsen werden. Vor allem dann, wenn sie dafür längst alt genug und eigentlich überreif sind. Und wenn sie sich ihr kindliches Gemüt nur bewahrt haben, weil es unter Onkels Fittichen so gemütlich war. Wie im Hotel Mama.

Sollten die allein gelassenen Kinder Europas tatsächlich plötzlich erwachsen werden und für sich selbst sorgen? Das wäre doch mal was. Allerdings kann es dann passieren, dass das dem Onkel auch wieder nicht passt und dass er wieder rüber kommt und seine Rute schwingt. Es kann aber auch sein, dass er die Europäer, die ihm bisher immer ein bisschen kindisch vorkamen, auf einmal ernst nimmt. Beinahe wie Erwachsene. Man weiß bei so komplizierten Familienverhältnissen nie, was am Ende geschieht. Bei Kevin, der ja gleich mehrmals allein zu Hause war, ist es bei allem Chaos, das er angerichtet hat, irgendwie doch immer gut ausgegangen. Schauen wir halt mal, wie das mit unseren Kevins wird.   

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Georg Dobler / 29.05.2017

Unsere geschätzte Kanzlerin hat ja völlig Recht wenn sie beklagt, dass man sich auf Andere nicht mehr verlassen kann. Bisher war man sich im Brechen von Verträgen einig und man verließ sich dabei aufeinander. Man musste die vertraglichen Nato-Einzahlungen nicht vollständig überweisen, man musste den Maastricht-Vertrag nicht einhalten, man konnte die EU-Verfassung nach Lissabon biegen und brechen bis Griechenland und Banken bekamen was sie wollten. Das war eine perfekte Welt. Nun versuchen diese Quereinsteiger das kaputt zu machen. Echt lästig. Und das Klima reagiert so sensibel, es merkt wenn unter dem eineinhalb Jahre alten Vertrag (Paris) plötzlich eine Unterschrift fehlen sollte. Uuihh, das tut dem Klima weh, da wirds dann wärmer.

Ralf Hühn / 29.05.2017

Ich könnte mich krumm und schief lachen wenn ich sehe, wie sich die Medien jetzt überschlagen mit Meldungen: Merkel Rede schlägt hohe Wellen.“Europa muss Schicksal in eigene Hand nehmen” Ja hallo - wird dies nicht schon seit geraumer Zeit von den wenigen kritischen Medien und Bürgern eingefordert? Mußten sich diese nicht dafür anprangern lassen? Und jetzt hat die BK’in auf einmal den Stein der Weisen gefunden, der gar nicht versteckt war und alle, scheinbar inklusive der restlichen westlichen Welt, jauchzen und frohlocken ob der Genialität der Rautenfrau. Die Welt dreht am Rad.

Karle Kuhn / 29.05.2017

“Als Hai hat er aber einfach gesagt, dass er noch viel, viel Geld von uns haben will.”  Das ist genau das, was ich an Trump besonders schätze. der Mann redet Klartext und auf diese seltsamen Gipfel verzichtet der Mann total.  Endlich mal einer, der ohne Umschweife zum Punkt kommt.  Das Bild von Merkel, was dazu abgebildet war, sprach Bände. Tja, eben ein Mann, der sich dieser Frau widersetzt.

Martin Johannes Marhoff / 29.05.2017

Rot-Rot-Grün wollen doch sowieso aus der NATO austreten. Also wo ist das Problem?

Christian Schmidt / 29.05.2017

Sehr schöner Text, der die Grundstimmung der Berichterstattung in den letzten Tagen sehr schön beschreibt!

Lara Engelhardt / 29.05.2017

Die Reaktion der europäischen Politiker auf Trumps Interventionen war mehr als infantil. Da wurde Amerika “exkommuniziert”. Das ist gerade so, wie manche Engländer argumentierten, wenn im Ärmelkanal mal wieder dicker Nebel herrschte. Dann war der Kontinent von Großbritannien abgeschnitten, nicht etwa umgekehrt. Wer braucht den anderen denn mehr? Die USA die Europäer oder die Europäer die USA? Die einigende Klammer war bisher die Russlandphobie. Die USA konnten sich als großer Beschützer aufspielen, die Europäer boten geografisch die entsprechenden Plattformen. allen zusammen diente es als hervorragende Ausrede für ihre Rüstungsuasgaben, pardon Förderung der rüstungsindustrie. Sollte das der tiefere Grund sein, warum man vom Feindbild Russland nicht lassen will?

Heinz Maier / 29.05.2017

Genau darum geht es. Die Tante aus der Uckermarkt bringt es deutlich zu Ausdruck. Das Schicksal in die eigene Hand nehmen. Puh, wie schrecklich. Kein Verlaß mehr auf die Anweisungen aus Washington. Alle Parteien, getrimmt auf willfährigen Amerikanismus, bleiben verstört zurück. Und alles nur wegen Donald Trump. Dieser unmögliche Kerl bringt alles durcheinander.

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