Längst ist der Euro mehr, als eine gemeinsame Währung von 17 Staaten, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Der Euro ist eine Glaubensfrage, die Währung einer romantischen Gemeinde, die unbedingt zusammen zwängen will, was nicht zusammen geht. Und dafür nehmen sie in Kauf, dass die Werte, für die Europa Vorbild sein sollte, systematisch beschädigt werden.
Da ist zuerst die Rechtssicherheit, die dem Euro geopfert wird. Rechtsbruch wird zur Regel, völkerrechtsverbindliche Verträge zu Makulatur. Die vereinbarten Kriterien, dass der Defizit eines Staatshaushaltes nicht mehr als 3 Prozent und die Gesamtstaatsverschuldung nicht über 60 Prozent betragen dürfen, hat keine Regierung eingehalten, auch die unsere nicht.
Eine weitere Voraussetzung für das deutsche „Ja“ zum Euro, war die Bestimmung, dass jeder Staat für seine Schulden verantwortlich ist. In der Realität ist das heute eine Lachnummer. Die Euro-Staaten verkommen zur Schuldenunion. Die Euro-Schwärmer haben in Kauf genommen, dass der Euro das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit zerstört hat.
Schlimmer noch: Sie setzen sich auch über die Grundprinzipien der Demokratie hinweg. Vor Nichts haben die Euroromantiker mehr Angst als vor dem Volk, vor einer Volksbefragung in den einzelnen Ländern. Sie basteln an einer europäischen Integration, ohne das Volk zu fragen, welches Europa es haben will und inwieweit nationale Rechte an europäische Institutionen übertragen werden dürfen.
Die Konstruktionsfehler beim Aufbau Europas werden nicht beseitigt. Das Europaparlament zum Beispiel: „Ein Mann, eine Stimme“, lautet das Grundgesetz der Demokratie. Ein Luxemburger Abgeordneter braucht 80?000 Stimmen, um gewählt zu werden, ein Deutscher aber 800 000. Das ist absurd.
Die EZB, die europäische Zentralbank ist ein weiteres Konstrukt mit völliger Schieflage. Dort hat Malta genauso eine Stimme, wie Deutschland. Wenn also jetzt die EZB beschließt, Staatsanleihen ohne Begrenzung zu kaufen, dann haftet Deutschland mit 18,94 Prozent, Malta mit 0,06 Prozent. Damit ist einer der wesentlichen Grundsätze der Marktwirtschaft außer Kraft gesetzt: Jeder Marktteilnehmer haftet für seine Entscheidungen.
Die Euro-Romantiker übersehen in ihrem Alleinvertretungsanspruch, die wahren Hüter der europäischen Idee zu sein, dass sie mit der Art und Weise, wie sie die Euro verklären, in Wirklichkeit Europa immer weiter spalten. Sie vereinnahmen Europa für die 17 Staaten, die zum Euro gehören. Die anderen gibt es gar nicht mehr. Großbritannien, Schweden, Polen zum Beispiel, werden übersehen. Den 17 Euro-Staaten stehen aber 25 Staaten Europas (ohne die Türkei und Russland) entgegen, die ihre eigene Währung haben, davon sind zehn Mitglieder der Europäischen Union. Statt sich zu einer attraktiven Währung zu entwickeln, wird er mittlerweile wie eine anstreckende Krankheit behandelt. Das passt den Euro-Gläubigen gar nicht. Wie könnten sie auch erklären, dass die Schweden höheres Wachstum und niedrigere Arbeitslosigkeit bei nur 33,7 Prozent Staatsverschuldung den Musterknaben der Euro-Länder Deutschland übertrifft? Und das dieses Schweden überhaupt nicht daran denkt, dem Euro beizutreten. Sind sie deshalb schlechte Europäer?
Die Politiker, die reihenweise Verträge gebrochen, dazu gelogen, vertuscht und für einen Wahlsieg keine Sünde wider eine solide Haushaltsführung ausgelassen haben – sie haben den Euro vermasselt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verantwortung für den Euro in dieser Woche eindeutig in die Hände des Parlaments gelegt und damit uns Wähler in die Pflicht genommen.
Weil ich bin überzeugter Europäer bin, wähle ich keinen Euroromantiker mehr. Ich will in einem Europa leben, in dem Rechtssicherheit herrscht, Vertragsbrüche geahndet werden und die Prinzipien der Demokratie oberste Richtlinie ist. Darauf muss auch eine gemeinsame Währung beruhen, und das tut der Euro nicht.
Kolumne aus der Fuldaer Zeitung vom 15. September 2012