In den letzten Jahrzehnten haben die EU-Mitgliedstaaten immer mehr Macht an Brüssel abgegeben. Bestimmte Bereiche wie Verteidigung, Bildung, Gesundheit, Energie und Steuern erfordern allerdings einstimmige Entscheidungen. Zumindest bei letzteren beiden Themen könnte die EU jedoch in Zukunft erheblich mehr Einfluss bekommen. Laut der amerikanischen Zeitung „Washington Post“ will der EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie, Miguel Arias Cañete, den Mitgliedsstaaten das Recht entziehen, ein Veto gegen Änderungen der Energiesteuerrichtlinie einzulegen. Dies sei notwendig, um das Potential von Energiesteuern bei der Förderung einer klimafreundlichen Wirtschaft freizusetzen.
An die Stelle der Einstimmigkeit soll nach Wunsch von Cañete die qualifizierte Mehrheit treten. Damit ist die Zustimmung von 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, gemeint. Die qualifizierte Mehrheit ist in der EU-Rechtssetzung die Regel.
Die EU-Kommission hat bereits mehrmals versucht, die Energiesteuerrichtlinie anzupassen, um die erneuerbaren Energien besser zu fördern. Sie scheiterte jedoch stets am Widerstand von Ländern wie Polen, die in hohem Maße von fossilen Energieträgern, insbesondere der Kohle, abhängig sind. Die Pläne von Cañete würden der Kommission erlauben, sich über solche Einsprüche hinwegzusetzen. Eine Änderung des Abstimmungsverfahrens würde allerdings selbst eine einstimmige Entscheidung der EU-Mitglieder erfordern.