Peter Grimm / 16.06.2021 / 12:05 / Foto: Imago / 86 / Seite ausdrucken

EU-Kommission will den EU-weiten Notstand ermöglichen

Die Überschriften der entsprechenden Meldungen klingen recht harmlos: „EU-Kommission legt Maßnahmenkatalog für Kampf gegen künftige Pandemien vor“, heißt es beispielsweise auf euractiv.de, einer Seite, in deren Focus vor allem die EU-Politik steht. Man denkt an die gemeinsame Impfstoffbeschaffung und die Versuche aus Brüssel, für Grenzübergangsregeln innerhalb des einst so grenzenlosen EU-Europa während des Corona-Ausnahmezustands bzw. der vielen nationalen Corona-Ausnahmezustände zu sorgen. Die Möchtegern-Mächtigen in Brüssel, die ja tatsächlich stark in den Alltag der Europäer hineinregieren konnten, bewiesen in der Corona-Krise unfreiwillig, wie machtlos sie plötzlich sein können.

Kein Wunder, dass man an dieser Stelle auch in Brüssel nach dem Motto verfährt, dass keine Krise ungenutzt vorübergehen sollte. Und so finden sich auch in dem Maßnahmenkatalog der EU-Kommission einige höchst gefährliche Vorhaben für die Freiheit der EU-Europäer.

Natürlich wird bei der medialen Verbreitung dieses Maßnahmenkatalogs zunächst vor allem das erwähnt, was erwartbar und ungefährlich klingt, wie beispielsweise der Ausbau der eigenen Kapazitäten zur kurzfristigen Impfstoffproduktion. Wenn sich die EU-Kommission auch schon um Impfstoffe für künftige Pandemien kümmern möchte, mögen das die einen gut finden und die anderen sich Sorgen machen – ein Aufregerthema ist das aber bei weitem nicht.

„Instrumentarium für Krisensituationen“

Das verführt dazu, die gefährlichen Punkte des Maßnahmenkatalogs zu übersehen. Wolkig erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: „Gemeinsam haben wir erreicht, was kein EU-Mitgliedstaat alleine geschafft hätte. Aber wir haben auch gelernt, was gut funktionierte und was wir besser machen können in zukünftigen Pandemien“. Diese Lehren müssten in Veränderungen umgesetzt werden. Textbausteinsätze, die aber bereits einen anderen Klang bekommen, wenn man in die kurze Zusammenfassung des Papiers schaut, die von der Pressestelle der EU-Kommission verbreitet wird. Da tauchen bemerkenswerte Punkte auf. So soll es offenbar bald eine EU-weit gültige offizielle Sicht auf die jeweils zur Pandemie erklärte Krankheit geben:

„Bis Ende des Jahres sollte die EU einen leitenden Epidemiologen ernennen und eine entsprechende Governance-Struktur einrichten“ [Hervorhebungen im Original], heißt es in dem Papier. Abweichler in der aktuellen Corona-Politik, wie der schwedische Staatsepidemiologe Anders Tegnell, würden damit noch mehr an Stimmgewicht innerhalb Europas verlieren. Dabei hat er in einem weitaus größeren Maß recht behalten, als seine De-facto-Amtskollegen in den meisten anderen EU-Ländern, die die Notstands-Politik ihrer Regierungen stützten und rechtfertigten.

Welche praktischen Maßnahmen der EU-Chef-Epidemiologe später legitimieren soll, findet sich zwei Punkte weiter:

"Die EU sollte einen Rahmen zum Ausruf eines Pandemie-Notstands in der EU und ein Instrumentarium für Krisensituationen schaffen.“

Die EU-Kommission möchte also die Ermächtigung für die Brüsseler Institutionen zur Verhängung des Notstands? Soll dies später Legitimation genug für den Grundrechtsentzug sein, so wie es in Deutschland jetzt die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite ist? Sollen sich die Nationalstaaten dem EU-Notstand entziehen dürfen oder nicht? An der zusätzlichen Exekutivgewalt in solchen Notstandszeiten möchte die EU-Kommission offenbar mindestens teilhaben. So lässt sich zumindest der nächste Punkt im Maßnahmenkatalog verstehen:

„Koordinierte Maßnahmen sollten in Europa selbstverständlich werden. Die europäische Gesundheitsunion sollte noch vor Jahresende beschlossen werden. Die Koordinierung und die Arbeitsabläufe zwischen den Organen sind ausbaufähig.“

Im Dschungel der Polit-Poesie

Wohin die EU-Kommission hier gern ausbauen möchte, wird ja in den zehn Punkten des Papiers deutlich: Mehr Macht für die Brüsseler EU-Institutionen. Ein solcher Vorstoß wirkt noch beunruhigender zu einer Zeit, in der die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitet, weil das deutsche Bundesverfassungsgericht in der Frage von Anleihekäufen anders geurteilt hat als der Europäische Gerichtshof. Perspektivisch könnte für die Bürger der Rechtsschutz durch Gerichte im eigenen Land auf dem Spiel stehen.

Aber das steht nicht in dem Papier, das sind nur die Gedanken, die einem kommen, wenn man den Weg, den diese zehn Punkte aufzeigen, zu Ende denkt. Verlassen wir hier das Feld der Spekulation wieder und kommen zum Schluss zu Punkt zehn:

„Zur Bekämpfung von Fehl- und Desinformation sollte ein besser koordinierter und ausgereifterer Ansatz entwickelt werden.“

Die EU will also festlegen, welche Informationen richtig und welche falsch sind, um dann die falschen zu bekämpfen. Für die Richtigkeit der Informationen ist dann womöglich der eingangs vorgeschlagene EU-Epidemiologe zuständig.

Dieser Bericht werde in die Beratungen der Staats- und Regierungschefs beim Europäischen Rat im Juni einfließen, heißt es weiter. Vorgelegt werde er dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union. Die Kommission wolle dann im zweiten Halbjahr 2021 konkrete Ergebnisse präsentieren. Man sollte dort genau lesen, was inmitten der erwartbaren Brüsseler Polit-Poesie so alles steht.

Foto: Imago

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Frank Schneider / 16.06.2021

Zu “EU-weiter Notstand” Der Völkerknast EU verstärkt die Gitterstäbe… Lt. Lissabonner Vertrag ist die EU gar nicht für die Gesundheitspolitik zuständig. Und: Durch WAS ist dieser sich selbst ermächtigende kryptofaschistische Moloch EU eigentlich demokratisch legitimiert oder kontrolliert? RICHTIG: DURCH NICHTS! Raus aus dieser EU so schnell es geht, rette sich wer kann! Der einzige Notstand der EU besteht in seiner Kommissionspräsidentin in Personam! Wo sind Teer & Federn? (Achtung! Satirisch gemeint!)

A. Ostrovsky / 16.06.2021

Die EU muss weg!

Arthur Dent / 16.06.2021

Merkel hatte ja einen Grund, diese opportunistische Totalvers*gerin in dieses Amt zu hiefen…..

Milan Viethen / 16.06.2021

@ RMPetersen: de facto ist es eine Entscheidung eines jeden einzelnen, wo er hingeht, wenn er D verlaesst . Ich habe D aus wirtschaftlichen Gruenden verlassen und lebe heute in Frankreich . Man muss sich, wenn man auswandert, durchaus mit anderen Mentalitaeten beschaeftigen, denn es ist etwas anderes, ob man nur mal kurz in Urlaub geht oder ganz da bleibt . Von der Sprache gar nicht zu reden . Ich persoenlich wuerde mich z.B. in der Karibik erschiessen, dort sind mir alle doch ein bisschen zu viel relaxed . Rentner sehen die heutige Zeit mit anderen Augen als ein Freiberufler oder junger Mensch, der seine Partyzeit nicht ausleben kann . Es ist auch woanders nicht alles Gold, was glaenzt . P.s.: Hier in F gibt es wenigstens ein in Zukunft noch hoffentlich stabileres Stromnetz, da die Franzosen nicht ganz so bescheuert sind wie die Deutschen . Alle Gute !!

lutzgerke / 16.06.2021

Vergessen: die Krieg und das Kriesgeschrei waren der erste und zweite WK. Das waren die ersten Maschinegeführten Krieg von Anbeginn und der totale Kulturbruch. Tja, gut gedacht, aber nicht gut gemacht ..

Cornelius Angermann / 16.06.2021

Zitat: “Sollen sich die Nationalstaaten dem EU-Notstand entziehen dürfen oder nicht?” Ernsthaft, machen Sie Witze? Das ist doch längst beschlossen! Oder warum meinen Sie legt sich die Kommission mit der Nullnummer vdL an der Spitze so ins Zeug zu betonen, dass EU-Recht nationales Recht bricht, sogar das des BVerfG? Das ist alles schon fein säuberlich vorbereitet.

lutzgerke / 16.06.2021

„Einst träumte Dschuang Dschou, dass er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl und glücklich fühlte und nichts wußte von Dschuang Dschou. Plötzlich wachte er auf: da war er wieder wirklich und wahrhaftig Dschuang Dschou. Nun weiß ich nicht, ob Dschuang Dschou geträumt hat, dass er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Dschuang Dschou sei, obwohl doch zwischen Dschuang Dschou und dem Schmetterling sicher ein Unterschied ist. So ist es mit der Wandlung der Dinge.“ Konfuze glaubte auch an Gott. “Mit 50 habe ich den Willen des Himmels erkannt, mit 60 habe ich angefangen, auf ihn zu hören.” Paßt gut zum Christentum. / Die Ägypter hatten auch eine schöne Vorstellung. Sie glaubten, daß sie nach dem Ableben in einem anderen Leben aufwachen würden, zum Beispiel in einem Kornfeld bei der Ernte. Dann war dieses Leben nur ein Traum. / Der Startpunkt der Endzeitreden liegt auf den Kriegen und dem Kriegsgeschrei. „Aber das ist noch nicht das Ende.“ „Die Kinder empören sich gegen die Eltern.“ Tun sie. Das sind die Nazis und an allem Schuld. Auch an Corona. / Doch, ich weiß bescheid. Deshalb bin ich auch nur selten verstört. / Die Endzeitreden passen exakt zur Apk. Die erste Schale des Zorns ist „Corona“. Wir sind im Reich des Tieres. Das Tier ist in den Zorneschalen nicht symbolisch gemeint, sondern als Ausdruck des Wissenschaftsrassimus und Glaubens an die Abstammung vom Tier. / Der Moderator möge mir verzeihen. Ich habe heute das Bedürfnis, die Maske abzulegen und Gutes zu tun.  

Fred Burig / 16.06.2021

Wenn wir künstlich erzeugte globale Probleme haben, vielleicht sollte uns Putin davon befreien. Seine Armeen sind wahrscheinlich nicht mit dummen Weibern, Schwulen, Transen und Sonstigem unterwandert. Da muss Russland halt nochmal ran, lieber als die verkeimten Amis oder der Islam! MfG

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