Gunnar Heinsohn / 20.11.2014 / 12:00 / 3 / Seite ausdrucken

Etwas Hintergrund zur Goldinitiative der Schweiz

Von 1195 $ fällt am 19. November der globale Goldpreis auf 1175 $. Eine Umfragemehrheit der kleinen Schweiz will ihre Nationalbank nicht dazu zwingen, zwanzig Prozent ihrer Reserven in Gold zu halten. Im Eidgenossen meldet sich dabei mehr vernünftige Ahnung als in tausend Pamphleten, die Gold als ökonomisches Heilmittel anpreisen. Ein Vermögen an Rohgold, das aus sich heraus keinerlei Ertrag bringt, wird sinnvollerweise nur gehalten, wenn man es für eine Warenproduktion (Industrie, Schmuck etc.) benötigt, die bei plötzlichem Mangel oder hektischen Preissteigerungen des Rohstoffs geschäftsschädigend behindert würde. Die Verluste für Bewachung und Lagerung des Goldes werden dabei in Kauf genommen, weil die Kosten einer Produktionsstörung noch höher lägen.

Die Nachfrage nach Gold für die Warenproduktion sorgt dafür, dass sein Preis nicht auf Null fällt. Wird Gold zu diesem rein industriellen Nachfragepreis gehalten, macht das Sinn, weil es im Notfall schnell zu eben diesem Preis liquidiert oder als Pfand für Kredit aktiviert werden kann – egal, welche Währung gerade am besten umlaufsfähig ist.

Es bleibt allerdings der Nachteil des Goldes gegenüber ebenfalls schnell liquidierbaren Titeln wie etwa Triple-A-Industrie- oder Staatsanleihen, weil die zumeist einen Ertrag bringen und weniger Tresorkosten verursachen.

Die meisten Vermögen an Rohgold allerdings werden nicht für das Funktionieren von Unternehmen, sondern durch Leute erworben, die Gold als ein von der Natur ganz persönlich der Menschheit bereitgestelltes Ur-Geld betrachten. Diese Käufer glauben an die neoklassische Lehre (mit über 80 Nobelpreisen) vom Geld als einem Gut zur Erleichterung des Tausches anderer Güter. Es ist dieser Glaube an ein irgendwann immer wieder nach vorne kommendes naturgutes Geld für ebenso natürliche Tauschbedürfnisse, der den Goldpreis über seinen industriellen Nachfragepreis treibt.

Dieser Urgeld-Glaube mag durchaus begleitet werden von der Angst, dass nach einer schweren Wirtschaftskrise keinerlei Vermögen mehr existieren, mit deren Eigentumsseiten eine neue Währung besichert werden kann. Diese Angst ist aber nur berechtigt, wenn Marxisten zur Eigentumsbeseitigung schreiten. Solche Leute aber werden Goldeigentum genauso beschlagnahmen wie alle anderen Vermögen auch. Wer es aber vor ihnen verstecken kann, hat beim Wiedereintritt in die Eigentumswirtschaft einen Rohstoff, für den dann wieder operierende Unternehmen den Marktpreis in Geld bezahlen, das gut besichert ist und deshalb vom Eigenmaterial her gegen Nullkosten tendieren darf.

Der Urgeld-Glaube kann überdies auf die Erfahrung verweisen, dass etwa nach Kriegen mit Währungsverfall die Bauern Speckseiten und Schnaps zwar gegen Goldringe oder Silberlöffel, aber nicht gegen Papiernoten hergeben. Das verrät keineswegs tiefere oder gar uralte Geldeinsichten der Landbevölkerung, aber doch ihre Zuversicht, dass nach Wiederherstellung einer eigentumsgestützten Geldordnung diese Edelmetalle – zum Industriepreis – leichter zu Geld gemacht werden können als glasierte Tontöpfe oder bemalte Leinwände, die Städter für die dann so begehrten Lebensmittel ebenfalls anbieten. Deshalb soll man vom Silberbesteck, das keiner mehr putzen will, durchaus etliche Stücke im Hause behalten.

Gelingt nun der Gold=Naturgeld-Gemeinde das Hochtreiben seines Preises, nachdem eine Zentralbank es vorher zu einem niedrigeren Preis verkauft hat, stehen die Verantwortlichen als Trottel da. Es ist nachvollziehbar, dass dann eine „Gold-Initiative“ solche Verluste für die Zukunft verhindern will. Vernünftig wäre an solcher Initiative aber lediglich die Forderung, das Gold zum Minimalpreis der Industrienachfrage auch dann in der Bilanz zu halten, wenn die Gläubigen seinen Spekulationspreis himmelnah treiben und die Verführung zur Bilanzverschönerung selbst von Zentralbankern heftig verspürt wird.

Folgt die Zentralbank-Bilanzierung der Spekulation und bucht ihre Goldbestände nicht nur hoch, sondern verkauft sie auch, bevor der Preis abstürzt, werden die Zuständigen als schlaue Füchse gefeiert. Verkaufen sie jedoch vor dem Preisgipfel, gelten sie als Vergeuder von Volksvermögen. Was also ist zu tun? Will man überhaupt Gold im Vermögen oder in den Reserven der Zentralbank fordern, dann darf dieses Verlangen sich nicht auf bestimmte Prozentsätze kaprizieren, sondern muss Bilanzierung nach dem Niederstwertprinzip beinhalten. Das ist Buchung zu einem für spekulationsfreie Phasen ermittelten Durchschnittspreis, zu dem jederzeit verlustfrei in Liquidität übergewechselt werden könnte, ohne dieses im Tagesgeschäft tatsächlich zu praktizieren. Kurzum, es ginge um eine Initiative gegen das zentralbankliche Mitspekulieren, wenn in Geldfragen ahnungslose Leute damit loslegen.

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Leserpost

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Herbert Blaha / 20.11.2014

Man fragt sich schon, wie sicher Gold in Krisenzeiten ist, wenn man sich den Artikel “Goldverbot” bei Wikipedia anschaut. Fazit: Über Jahrtausende hinweg haben alle möglichen bankrotte/oder vom Bankrott bedrohte Regierungen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um privaten Goldbesitz einzuschränken oder unmöglich zu machen. Gescheitert sind sie alle. Mit freundlichen Grüßen H. Blaha P.S. Meine innere Stimme sagt mir, Goldmünzen, die als Zahlungsmittel gelten zu kaufen und sicher zu verstecken.

Martin Neldner / 20.11.2014

“Goldvermögen im Eigenkapital” Diese Erwägung entwertet schlagartig den gesamten Artikel, weil es kein Tippfehler sein kann und folglich ein grundlegendes Unverständnis gegenüber einfachen Fragen der Bilanzierung beweist.

Christian Siebert / 20.11.2014

“Diese Angst ist aber nur berechtigt, wenn Marxisten zur Eigentumsbeseitigung schreiten. Solche Leute aber werden Goldeigentum genauso beschlagnahmen wie alle anderen Vermögen auch.” Nur ein kleiner Hinweis: Den Fall (Beschlagnahme von Gold) hatten wir u.a. im angeblich erzkapitalistischen Amerika. Der Präsident hieß Franklin Roosevelt. Desgleichen auch in der Weimarer Zeit in D und danach sowieso - und zwar nicht etwa bis 1945 sondern bis 1955 !! Der Treppenwitz der Geschichte war ja, dass Erhard Liberalisierungen auch gegen die Alliierten durchsetzen musste und deren diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz endete erst mit den Pariser Verträgen. Entweder können sich Marxisten also gut tarnen oder eine feindselige Einstellung gegenüber dem Privateigentum ist nicht auf Marxisten beschränkt. Vermutlich stimmt das Letztere. Wenn es um Staats- und Planwirtschaft geht, passt das allseits beliebte Rechts/Links-Schema im allgemeinen nicht. Unerachtet dessen ist klar (m.E. jedenfalls und vermutlich nicht sehr weit vom Autor entfernt): Geld ist ein Schuldverhältnis, etwas rein Abstraktes, daran wird auch durch besichernde Pfänder aller Art nichts geändert. Abstrakta sind aber generell schwierig zu behandeln, eigentlich nur zu denken. Angucken und Anfassen ist vertrauter; daher der Drang, etwas angeblich intrinsisch Wertvolles “in der Hand”  haben zu wollen - allerdings ist das eher infantil als nobelpreisverdächtig. Auch die Österreichische Schule habe ich in diesem Punkt nie verstanden. Wie passen die - überzeugende - subjektivistische Werttheorie und die Edelmetall-Geldtheorie eigentlich zusammen?

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