Ich freue mich natürlich über diesen Etappensieg, den Herr Steinhöfel gegen das Netz-DG errungen hat. Dennoch verstehe ich grundsätzlich nicht, warum man gegenüber einem privaten Unternehmen ein Recht auf Meinungsfreiheit haben sollte. Artikel 5 GG (“Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten…”) ist ja zunächst einmal ein Schutzrecht des Individuums gegen den Staat.
In unserer mittlerweile verdigitalisierten Welt glauben wir lediglich, dass die Meinung über eine fremde virtuelle Plattform freier sei als die Meinung auf dem realen Marktplatz. Auf dem Marktplatz kann ich am Baum meine Meinung mit Unterschrift festnageln oder übern Platz ausrufen - falls es wer aufzeichnet, kann ich nicht fordern, dass diese Aufnahme nicht gelöscht wird. Die Eigentümer bzw. Verantwortlichen des Baumes können und werden meine Meinung entfernen. Wenn wer seine Meinung Online unbedingt veröffentlichen will, kann eine eigene Online-Plattform erstellen (und Werbung auf anderen Seiten plazieren um auf seine Seite aufmerksam zu machen) - und dann für Meinungen jenseits des gültigen Rechts verantwortlich sein oder zumindest sicher sein, dass seine öffentliche Meinung nicht gelöscht wird. Bei achgut.com kann ich nicht fordern, dass mein Leserbrief veröffentlicht wird, um meine Rechte der Meinungsfreiheit gesichert zu bekommen. Vor Jahren gab es die Diskussionen, dass die Betreiber von Online-Seiten für deren Inhalte zuständig sind, weil Rechtevergeber, wer auf dessen Online-Seiten veröffentlichen darf. Wir erwarten eine kostenlose und uneingeschränkte Nutzung von kostenintensiven social media wie Facebook und machen heftig Krawall, wenn was dort gelöscht wird. Wir haben Facebook nur zum Meinungs-Olymp verklärt und rhabarbern von “social media” als ob die heutige Welt ohne Internet nicht lebenswert sei.
Ist ein totaler Verzicht auf „Zensur” denn eine bessere Lösung? Da ich mit Facebook nix am Hut habe und hatte, bringe ich hier YouTube ins Spiel. Bekanntlich kann man ja auf YouTube nicht nur Videos gucken, sondern auch Kommentare schreiben. Gerade bei politischen Themen sind diese Kommentare leider recht häufig „unterste Schublade”. Da stoße ich etwa auf Mutmaßungen über Frau Merkels Sexualität oder Frau Roths Warze und auf vorgeschlagene Tötungsmethoden für selbige Personen. Und was mache ich damit, wenn mich das anwidert? Ich kann natürlich den Stöberer (“browser”) schließen und nicht weiterlesen, aber wenn ich die Mögichkeit habe, Mama YouTube einen Hinweis zu geben, daß hier Haß- oder Sexual-Rede vorliegt, und wenn dann—zumindest für mich—diese Kommentare auch ausgeblendet werden, erfüllt mich das mit einer gewissen Befriedigung. Möglicherweise sind die Kommentare wieder da, wenn ich einen Tag später nochmal nachschaue, vielleicht auch nicht, aber fürs erste (nicht fürs Erste, also nicht die ARD) bin ich doch erstmal zufrieden. Insofern: Immer beide—oder auch mehr als zwei—Seiten betrachten!
Aus dem Artikel geht meiner Einschätzung nach nicht ausreichend hervor, wem wir alle diesen Etappensieg zu verdanken haben, sehr geehrter Herr Steinhöfel. Das spricht natürlich für Ihre Bescheidenheit, eine Eigenschaft, die immer seltener anzutreffen ist. Dennoch: Siege oder auch nur Etappensiege können nur errungen werden, wenn es auch Kämpfer gibt - und siegreichen Kämpfern stehen legitim auch Lorbeeren zu, zumal sie nicht für sich selbst, sondern für uns alle streiten.
Gratulation zum Etappensieg! Es scheint noch Hoffnung zu geben.
Die Facebook - Aufregung kann ich nur bedingt nachvollziehen. Wer zwingt denn irgendjemanden dieser Schwatz- und Selbstbeweihräucherungsbude beizutreten ??? Wer diesem Medien - Exhibitionismus frönt, sollte sich über die möglichen Konsequenzen im Klaren sein.
Gott sei Dank gibt es doch noch Gewaltenteilung. Ich mag mir nicht vorstellen, in die Hände von Maas & Konsorten zu fallen. Ich habe von meinen Eltern erfahren, wie sie ab 1933 so ganz langsam ihrer freien Meinungsäußerung beraubt wurden, wirklich nicht mit einem Schlag, sonst hätte es ja jeder gemerkt, sondern gaaaanz langsam, dann tut’s nicht so weh. In der großen weiten Welt kann Heiko M. ja nicht so viel anrichten, weil die ihn nicht für voll nehmen und Angela M. es schon richten wird.
Sehr geehrter Herr Steinhöfel, ich bin kein Jurist, aber was mich bei dieser einstweiligen Verfügung irritiert ist die Tatsache das Facebook ein privates Unternehmen. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn es beschließen würde alle Kommentare zu sperren (jetzt mal unabhängig von dem umstrittenen NetzDG in der BRD), die sich z.B. gegen FC Chelsea richten was hätte das dann für einen Anspruch der Gesperrten? Es handelt sich um eine Internet-Platform und keine keine Bürgerinstitution. Die Gemeinschaftstandards die solche Seiten haben-Wo sind die gesetzlich geregelt durch Rechtsgesetzte etc? Besteht nicht eine Gefahr einer Verstaatlichung wenn man anfängt Facebook rechtlich zum Informationsaustausch zu binden? Damit tut man solchen Internetkonzernen Aufgaben zuweisen, die sie überhaupt nicht haben sollten!
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