Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 01.01.2021 / 16:00 / Foto: Pixabay / 54 / Seite ausdrucken

Et hätt noch emmer joot jejange

Das Jahr ist zu Ende. Deutschland stöhnt unterm Lockdown. Keine Partys, keine Böller, aber freie Sicht aufs Brandenburger Tor. Apres Ski inklusive Glühwein fällt aus, Raclette gibt’s nur im kleinen Kreis. Silvester 2020: Die Nachtruhe bleibt gewahrt. Schlimmer geht’s nimmer. 

Dazu folgende Richtigstellung: 

2020 war sehr unangenehm, für einige tragisch, aber vergleichsweise doch glimpflich. Keiner musste hungern, wie im Ersten Weltkrieg. Erinnert sei an den Kohlrüben-Winter 1916/17. Die Behörden rieten, jeden Bissen 83-mal zu kauen. Während 1914 bis 1918 starben 750.000 Menschen in Deutschland – an Hunger. Heute steht man bei Aldi in der Schlange … aber es gibt ausreichend Nahrungsmittel. Noch Klagen?

1920, genau vor 100 Jahren. Die Spanische Grippe, ein früher Vorläufer von Corona, wütete auch in Deutschland. Es starben geschätzt 400.000 Menschen, allein in Berlin 50.000. Wahrlich katastrophal, aber immer noch nicht so dramatisch wie die beiden Kriegsjahre 1944/45. 

Die Deutschen, insbesondere in den Großstädten, lebten zwischen fortwährenden Bombenangriffen mit Luftflotten von 500 Flugzeugen und mehr. Von Osten näherte sich die Rote Armee. Der Zusammenbruch des Nazireichs zeichnete sich ab. Tod und Elend allenthalben. Kann man verstehen, dass Überlebende von damals für das Gejammer von heute, für die Lamoryanz und das Wehklagen wenig Verständnis haben? Ja, man kann. Es gab schon viel schlimmere Zeiten in Deutschland als das Hier und Jetzt. 

Vor allem: Es gab keine Hoffnung. Kein Versprechen, wie es heute BioNTech oder Moderna verkörpern. Es gab keine Zuversicht. Man hatte auch keine 70 guten Jahre hinter sich. Für 2021 können wir optimistisch sein, gemäß dem Rheinischen Grundgesetz: Et hätt noch emmer joot jejange. 

Zuerst erschienen im Euro am Sonntag.

Foto: Pixabay

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Gert Köppe / 01.01.2021

Früher war ich in dem DDR-Staat 28 Jahre eingesperrt, ohne ein Verbrechen begangen zu haben. Heute werden die Menschen zu Hause und in Pflegeheimen eingesperrt, ohne krank zu sein. Aber Ja, früher war natürlich alles viel schlimmer. Das kann man auch so sehen. Irgend etwas an Ihrer Denkweise ist da wohl schiefgelaufen. Ein schlauer Mensch hatte mir mal gesagt, wenn ich was verbessern will soll ich nicht auf die zeigen denen es noch schlechter geht, sondern mich an Besseren orientieren. Loriot hatte Recht, “Früher war mehr Lametta”.

Peter Bauch / 01.01.2021

Zumindest die Millionen Toten der Jahre 16/17 und 44/45 haben doch die bekannten politischen Protagonisten zu verantworten: erst hatten sie das Volk frech belogen und als es schief gegangen war gleich noch als zu schwach beschimpft.  Erschreckende Parallelen kann man da jetzt schon erkennen.

Gerd Heinzelmann / 01.01.2021

Naja, sie haben Geld und wurden noch nie aus Köln vertrieben. Vielleicht komme ich zurück nach Köln, wo ich zehn Jahre gelebt habe. Die Idee gefällt mir. Rache ist immer das erste Motiv. Hella von Sinnen, wir haben noch eine Rechnung offen.

Michael Bucher / 01.01.2021

Ich hab’s nicht ganz verstanden…was uns Herr Tiedje da sagen möchte? Ist das als Satire gedacht gewesen? Glaube, leider nicht! Er geht über 100 Jahre zurück, nahezu keiner von uns hat diese Zeit persönlich erlebt, keiner von uns weiß um die wirklichen Gegebenheiten damals, und wir sollen nun bescheiden sein, da wir NOCH zu essen haben? Oder weil keine Bomben auf uns abgeworfen werden? Wie krank ist das denn? Nur weil es noch schlimmere Zeiten gab in der Menschheitsgeschichte, müssen wir doch nicht jeden Blödsinn akzeptieren, ertragen oder gar mitmachen! Falls es nicht doch Satire sein sollte, arroganter geht’s nimmer. Nun hat der Kerl seine Nachtruhe auch an Sylvester gehabt, er weiß sicher, niemand feierte Aprés Ski mit Glühwein (wahrscheinlich mag er keinen Glühwein), und die großen Famillientreffen mit oder ohne Raclette blieben hier und da auch aus..hurra! Herr Tiedje, geniessen Sie Ihren Ruhestand, legen Sie doch am besten den Stift für immer weg, bei wünschenswert bester Gesundheit natürlich, oder fassen Ihre Tastatur besser nicht zum Schreiben solcher Texte an. Denn zu sagen haben Sie zu der der derzeitigen Situation nicht wirklich was! Ach ja, Sie schreiben, niemand musste hungern. Nun, es gibt genügend Personen/Familien, deren wirtschaftliche Existenz bereits vernichtet wurde oder gerade kurz davor ist. Ich weiß nicht, ob oder wie viele Menschen bereits hungern. Ausschließen würde ich es nicht. Was ich aber weiß ist, es starben schon zahlreichen Menschen an den Folgen der Corona-Psychose, bzw. der irren “Maßnahmen”. Gar kleine Kinder. Sie sind laut Wikipedia 71 Jahre alt geworden. Und scheinbar zum Zyniker geworden. Et hätt noch emmer joot jejange?? Ich bin Schwabe, vielleicht begreife ich Ihren rheinischen Spruch auch einfach nicht…

Hans Styx / 01.01.2021

Die gute Nachricht: Tiedjes untaugliche Kommentarbemühungen sind von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die schlechte Nachricht: Sie unterschreiten jegliche mitteleuropäische intellektuelle Mindeststandards. Tiedje feiert, dass es die verfehlte Politik des Merkel-Regimes noch nicht geschafft hat, die Verhältnisse an die Weltkriege oder die Zeit der spanischen Grippe angeglichen zu haben. Aber was noch nicht ist… Tiedje schert sich nicht um die Verfassungsgemäßheit der Rechtgrundlagen der totalitären Maßnahmen, nicht um deren Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Er glaubt und gehorcht und hat das kritische Denken ausgeschaltet. Er fragt sich nicht, wieso es die Verantwortlichen seit Februar/März unterlassen haben, das Gesundheitswesen zu stärken und die Kapazitäten auszubauen, wo es doch angeblich um Lebensschutz geht. Tiedje ist sich nicht zu schade, die Gegner des totalitären Lockdowns damit zu diffamieren, dass sie ja zufrieden sein können, da sie noch genug zu fressen und zu saufen haben. Freiheit ist für ihn offenbar bloß ein verzichtbarer Luxus. Er verharmlost die Einschränkungen durch (im Wesentlichen verfehlte und wirkungslose) Maßnahmen und zeigt damit nur sein mangendes Verständnis der Freiheitsrechte, seinen mangelnden Respekt davor und er beleidigt die Opfer der Kollateralschäden. Die Menschen haben mehrheitlich die Freiheitsrechte nicht erkämpft, sie haben sie nicht studiert, sie sind ihnen bestenfalls selbstverständlich, oft aber egal. Im Grunde haben sie sich der Freiheitsrechte bislang als unwürdig erwiesen. Bereitwillig verhökert man die Freiheit gegen das trügerische Gefühl von Sicherheit. Freiheit dagegen beinhaltet Unsicherheit und Gefahren, verlangt Eigenverantwortung. Aus Furcht vor Freiheit flüchten sich die Leute ins Autoritäre, ins Konformistische. Wer Grundfreiheiten damit verteidigt, dass es noch immer gut gegangen sei, hat aus der Geschichte nichts gelernt. Und die Freiheit innerlich längt aufgegeben.

HaJo Wolf / 01.01.2021

Pardon, Herr Tiedje, es ist das Kölsche Grundgesetz, nicht das rheinische. Und es schreibt sich nicht emmer (das ist ein Eimer) sondern “immer” wie im Hochdeutschen. Und was das Gejammer angeht: wir leben in einer Zeit, in der sich eine Diktatur etabliert, gegen die der DDR-Faschismus ein Vogelschiss war und sogar der NS-Staat verblasst. Warten Sie ab… und sagen Sie am Ende bloß nicht, Sie hötten es nicht gewusst!

Manfred Lang / 01.01.2021

Dieser Mann kann doch nicht anders, als sich merkelfreundlich und relativierend zu äußern. Er verdient doch sein Geld unter anderem in und mit Firmen, die darauf angewiesen sind, vom politischen Mainstream akzeptiert zu werden. Natürlich sind Ereignisse wie Hungerkatastrophen in und nach (Welt-)Kriegen nicht mit der Situation in der Corona-Krise gleichzusetzen. Aber darum geht es auch nicht. Der Unterschied zu besseren Zeiten besteht darin, dass das Merkel-Regime das eigene Volk sukzessive und immer stärker entrechtet hat und weiter entrechten wird. Und das ist einmalig in der bundesdeutschen Geschichte. Immer wenn ich Artikel von Tiedje hier auf der Achse des Guten lese, frage ich mich, mit wem will dieser Opportunist hier eine Achse des Schlechten bilden. Und verwerfe diesen Gedanken gleich wieder, weil ich mir sage, auch solche Relativierer brauchen ein Forum, das sie im links-grünen Mainstream nicht mehr finden.

Arnold Warner / 01.01.2021

Auch wenn es nur eine Zweitverwertung ist - schön, dass Achgut mit dieser Mischung aus Effjott Wagner und Margot Kässmann sein Kontingent an geistigem Dünnpfiff gleich am ersten Tag des Jahres verballert hat. Dann geht es ja ab morgen ausschließlich seriös weiter.

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