Peter Grimm / 13.10.2017 / 17:09 / Foto: Jacek Halicki / 15 / Seite ausdrucken

Es war einmal eine Buchmesse

Die Frankfurter Buchmesse gilt als Aushängeschild für das Land und als Schutzraum für den freien Austausch von Meinungen für Menschen aus der ganzen Welt. Das war einmal. Eines der wichtigsten kulturellen Veranstaltungen der Bundesrepublik wird zum Opfer eines engstirnigen und intoleranten Kampfes gegen "rechts". Andersdenkende werden bedroht, bestohlen und tyrannisiert. Eine Blamage ohne gleichen für die beteiligten Veranstalter, Politiker und sogenannten Kulturschaffenden.

„Der gemeinsame Messestand des Manuscriptum Verlages und der TUMULT auf der Frankfurter Buchmesse wurde in der vergangenen Nacht überfallen. Alle (!) Bücher und Hefte sowie das gesamte (!) Werbematerial wurden entwendet“, heißt es auf der Facebook-Seite der Vierteljahreszeitschrift Tumult und weiter: „Wir gehen fest davon aus, dass linke Aktivisten dem indirekten Aufruf des Börsenvereins gefolgt sind und ihre Auffassung von Meinungsfreiheit nun in die Tat umgesetzt haben.“

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hatte geschrieben: „Auf der Frankfurter Buchmesse präsentieren sich in diesem Jahr auch einige rechte bis rechtsextreme Verlage. Im Sinne der Meinungsfreiheit, die für uns nicht relativierbar ist, lassen wir diese Auftritte zu, rufen aber zur aktiven Auseinandersetzung damit auf.“ In diesem Sinne ist der Komplettraubzug über den Verlagsstand auf jeden Fall eine Form der „aktiven Auseinandersetzung“. Und damit auch niemand meint, er müsse erst einmal schauen, ob es denn wirklich extrem zugeht bei Manuscriptum und TUMULT, schreibt der Börsenverein:

„Drei dezidiert rechte Verlage werden mit einem eigenen Stand vertreten sein: Antaios (Halle 3.1, Stand G 82), Manuscriptum (Halle 4.1, Stand E 46) und die Junge Freiheit (Halle 4.1, A 75).“ Für die Genossen von der Antifa eine ideale Handlungsanleitung.

Aber ist Manufactum ein „dezidiert rechter Verlag“? Und ist „dezidiert rechts“ jetzt die Umschreibung für den Teil des zivilisierten Meinungsspektrums, bei dem die Zuschreibung „rechtsradikal“ oder „rechtsextrem“ nicht gelingt, die man aber gern in diese Ecke stellen möchte?

Die peinliche Rolle der Buchmesse-Veranstalter

Vielleicht empfindet manch einer im Börsenverein und in der publizierenden Klasse den Anspruch von "TUMULT" viel provozierender als es rechtsextremer Rassismus jemals sein könnte. Der ist, außer für eine gewisse Klientel, die kaum auf Buchmessen anzutreffen ist, kaum attraktiv. Der Anspruch und Untertitel  von "TUMULT" lautet hingegen „Vierteljahresschrift für Konsensstörung“.

Das ist natürlich keine Einladung zur gemütlichen Gesinnungsstärkung am Bionade-Biedermeier-Stammtisch. Es klingt eher nach einem freiheitlichen, urdemokratischen und urliberalen Diskurs. Ob "TUMULT" diesem Anspruch in jeder Ausgabe gerecht wird, kann ich nicht sagen. Aber die Ausgaben, die ich gelesen habe, boten eine interessante, manchmal herausfordernde Lektüre, die nicht nach Ideologie roch und schon gar keine extremistische Weltanschauung transportierte.

Außerdem: Selbst wenn man das Links-Rechts-Schema, das der Börsenvereins-Erklärung zugrunde liegt, zum Maßstab nimmt, dann ist Manuscriptum unter den denunzierten Verlagen der am wenigsten rechts stehende. Warum hat es diesen Stand dann zuerst getroffen und nicht beispielsweise Antaios? Dessen Auftritt empfanden die Buchmessen-Veranstalter immerhin so bedrohlich, dass sie ihm einen Stand der Amadeu-Antonio-Stiftung an die Seite stellen mussten. Aber vielleicht ist gerade das der Grund. Sollte der Antaios-Verlag die Buchmesse verlassen, dann würde der Stiftung ihre Daseinsberechtigung auf der Messe abhanden kommen.

Was wird weiter geschehen? Werden jetzt massenhaft andere Publizisten, Autoren, Verlage und Redaktionen den Angriff auf "TUMULT" verurteilen, weil man für die Meinungsfreiheit und gegen Gesinnungsterror immer laut und vernehmlich eintreten muss? Leider ist zu erwarten, dass es viele Kollegen vorziehen, in ihrem Konsens nicht gestört zu werden.

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Michael Scheffler / 14.10.2017

Schade, dass TUMULT die geltende Sprachregelung der “linken Aktivisten” übernommen hat. Es sind Linksfaschisten und Antidemokraten, das muss auch in der Sprache zum Ausdruck kommen. Als Ratschlag ist hier zu sagen, dass Klage eingereicht werden sollte, damit die Standgebühren zurückgezahlt werden, da der Versanstalter ja offensichtlich siner Pflicht auf Sicherung der Veranstaltung nicht nachgekommen ist.

Ludwig Witzani / 14.10.2017

Manchmal liebt es die Geschichte, sich in einzelnen Menschen zu verdichten. Was Hegel in Anspielung an Napoleon pathetisch formuliert,  gilt auch auf unterstem Bonsai Niveau. Alexander Skipis, der Geschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, hat sich in diesen Tagen mit einer Aktion verewigt, die als neuer Tiefpunkt in Intoleranz unvergessen bleiben wird. Auf der Frankfurter Buchmesse, dem Welttreffpunkt des Austausches und des freien Wortes, hat er in einer offiziellen Verlautbarung drei konservative Verlage ( Junge Freiheit, Manuscriptum, Antaoios) mit dem Vorwurf des Rechtsextremismus stigmatisiert und mit genauer Kennzeichnung ihrer Standorte auf dem Messeglände zum Abschuss frei gegeben. „Engagiert Sie sich“ lautete sein wohlfeiler Rat, von dem er genau wusste, dass ihn die gewalttätigen Linkschaoten folgen würden. Die Stände von Antaios und Manuscriptum wurden in den letzten Nächten verwüstet, vor dem Stand der Jungen Freiheit fand am 13.11. eine Schlägerei statt.  Beschwerden von Seiten der betroffenen Verlege wurden von der Messeleitung ignoriert. Einer Aufforderung von Götz Kubische an Alexander Skipis sich wegen dieser ungeheuerlichen Vorgänge einer öffentlichen Diskussion zu stellen, entzieht sich Skipis, wohl wissend, dass es nichts Schlimmeres für einen Sykophanten geben kann, als wenn er sich denen öffentlich stellen muss, die er verleumdet hat.  Was wäre die Antwort freier Geister auf diesen Tiefpunkt der literarischen Kultur? Eine Solidaritätsadresse aller anderen Messeaussteller, der liberalen, der linken, der christlichen oder wo immer sie auch stehen sollten,  zugunsten der drei stigmatisierten Verlage. Es zeigt das Ausmaß an freiwilliger Gleichschaltung in unserem Land, dass daran nicht zu denken ist.

Andreas Kollmann / 13.10.2017

Inhaber des Verlages Manuscriptum ist Thomas Hoof. Ein Rechtsradikler? Wikipedia weiß zu ihm: “Thomas Hoof (* 1948 in Olfen) ist ein deutscher Unternehmer und Verleger. Hoof war Landesgeschäftsführer der nordrhein-westfälischen Grünen. 1988 gründete er das Waren- und Versandhaus Manufactum Hoof & Partner KG und den Verlag Manuscriptum. (...)”

RMPetersen / 13.10.2017

Herr Grimm, das Schweigen der Buchproduzenten und der Literaten ist wirklich eine Schande.

Gabriele Petersen / 13.10.2017

Es ist nur noch grausig, wie weit der Gesinnungsterror in diesem Land in wenigen Jahren ausufern konnte! Wer schon eine (oder gar zwei) der untergegangenen Diktaturen in Deutschland selbst erlebte, dem drängen sich mehr und mehr Parallelen zu der überwunden geglaubten Vergangenheit auf. Sehr geehrter Herr Grimm, leider teile ich Ihre Befürchtung, dass “...es viele Kollegen vorziehen, in ihrem Konsens nicht gestört zu werden”. Dem heutigen Newsletter der FAZ war jedenfalls der Raubüberfall auf einen Stand der Frankfurter Buchmesse keine Erwähnung wert. Traurig und deprimierend.

Max Mertens / 13.10.2017

Ja, richtig gefragt am Ende: Wo sind sie, die hehren Leuchtenträger der diversen Freiheiten? Wenn’s knallt, Kopf einziehen und allenfalls noch nach abwägenden Formulierungen suchen. Das Narrenschiff fährt weiter, aber irgendwann könnte doch mal der passende Eisberg auftauchen.

Michael Jansen / 13.10.2017

Da heißt es im linken Spektrum immer wieder: “Der Schoß ist fruchtbar noch!”, “Wehret den Anfängen!”, “Wie 1933!” usw.. Glaubt man doch immer, sich damit als aufrechter Antifaschist zu profilieren, merken die Sprücheklopfer gar nicht, dass sie sich nur als lächerliche Pseudo-Widerständler ohne Risiko outen und vor allem den echten Faschismus und Nationalsozialismus in geradezu infamer Weise verharmlosen, wie es den Alt- und Neonazis so schnell nicht gelingen würde. Dafür sehen sie offenbar auch nicht, dass Ihre Aktionen doch stark an Thesen wie “Deutsche, kauft nicht bei Juden!” oder auch “Die Partei hat immer Recht!” erinnern und damit alles andere als demokratisch sind.

Rene Gator / 13.10.2017

Ich für meinen Teil finde es erschütternd und bezeichnend für den Zeitgeist, was dort gerade in Frankfurt auf der Buchmesse inszeniert wird: Schamlos bedienen sich all die moralisch aalglatten Überlegenen genau der Methoden, welche doch eigentlich gerade historisch denen zugeschrieben werden, gegen welche sie zum Einsatz kommen: Das Vernichten von Büchern - ob durch Verbrennen, Entwenden oder Vermutzen mit Zahnpaste und Kaffeesatz zeigt deutlich, welchen Geistes die Täter und die Anstifter sind. Das bekannte und Ignazio Silone zugeschriebene Zitat “Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‹Ich bin der Faschismus›. Nein, er wird sagen: ‹Ich bin der Antifaschismus›” beweist einmal mehr seine prophetische Weitsicht. All die widerlichen Repressionsinstrumente gegen Andersdenkende haben ihre neuen Entsprechungen gefunden: Amadeu-Antonio-Stifung, Antifa und Politiker wie Peter Feldmann oder Ralf Stegner, welche offen im Namen des ‘Kampfs gegen Rechts’ zur Gewalt aufrufen - und gehört werden! Die Geschichte in Deutschland wiederholt sich - nur diesmal mit veränderten Vorzeichen.

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