Cigdem Toprak
Ganz ehrlich. Ich weiß nicht recht, wie ich diesen Artikel beginnen soll. Denn dies ist kein üblicher Blogeintrag.
Die schrecklichen Ereignisse in Oslo haben mir regelrecht die Sprache verschlagen, und ich habe tagelang verdrängt, dass ich darüber nun einen Beitrag schreiben wollte. Weil mir die Worte fehlen.
Wer meinen Blog verfolgt und meine Beiträge liest, wird nicht nachvollziehen können, dass ich mich von den Beweggründen des Attentäters, seiner Idiologie, seinem Fanatismus und der unberechenbaren Gewalt, die er gegen Menschen angewendet hat, distanzieren muss. Das möchte ich dennoch machen.
Damit endlich allen klar wird, worum es Islamkritikern wie mir geht. Dies richtet sich an muslimische Linke und Rechte und an urdeutsche Linke und Rechte. Selbstverständlich habe ich in meinen Beiträgen provoziert. Aber nicht, um zu hetzen und zu Gewalt und Hass aufzurufen, sondern um etwas in den Köpfen der Menschen bewegen zu können.
Sicherlich, es gibt sie. Dafür braucht man lediglich auf pi-News die Kommentare zu Artikeln über Muslime zu lesen und man findet fremdenfeindliche und rassistische Bemerkungen gegen Muslime.
Für derartige Beleidigungen und Positionen lasse ich mich aber nicht instrumentalisieren.
Der Unterschied zwischen meiner Kritik an Muslime und einer feindseligen Haltung ihnen gegenüber äußert sich zuerst darin aus, dass ich sowohl in meinem Alltag als auch in meiner Einstellung den gleichen Respekt gegenüber gläubigen Muslimen entgegenbringe allen anderen Menschen auch.
Daher war ich entsetzt, als ich lesen musste, ich sei islam-und sunnitenfeindlich.
Damit ich auch richtig verstanden werde: Ich bin nicht gegen Frauen, die ein Kopftuch tragen. Ich kritisiere das Kopftuch an sich und dabei nicht einfach ein Tuch, das man sich über die Haare legt. Meine Kritik richtet sich vor allem gegen dogmatische Regeln, die nicht hinterfragt werden dürfen. So wie das auch beim religiösen Kopftuch der Fall ist.
Dennoch spreche ich mich gegen ein generelles Kopftuchverbot aus. Befürworte aber ein Burka-Verbot.
In meinem Artikel “Immer nur Islam” stelle ich mich gegen Islamunterricht, dabei bin ich auch gegen Alevitischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen. Denn Religion und der persönlicher Glaube sind meiner Meinung nach Privatsache.
Komischerweise wird mir vorgehalten, ich sei sunnitenfeindlich und alevitenfreundlich. Dabei habe ich auch die Alevitische Gemeinde in Berlin für ihr Verhalten gegenüber Sarrazin kritisiert. Prompt wurde mir unterstellt, ich würde einen Rassisten wie Sarrazin verteidigen.
Nun, Sarrazin ist für mich kein Rassist. Er hat seine Meinung niedergeschrieben, in einem Buch veröffentlicht und wollte in Kreuzberg darüber diskutieren. Ich respektiere die Entscheidung der Bewohner in Kreuzberg, wenn sie nicht mit ihm reden möchten. Das ist sicherlich ihr gutes Recht. Aber er hat es nicht verdient, mit dummen Parolen weggejagt zu werden. Dieses Verhalten wird auch der Alevitischen Gemeinde in Berlin nicht gerecht.
In den unzähligen Kommentaren auf zeit-online.de unter meinem Artikel “Immer nur Islam” wurde mir vorgeworfen, ich symphatisiere mit der PKK. Abgesehen davon, dass ich mich bisher nicht intensiv mit der Kurden-Frage in der Türkei befasst habe, unterstütze ich keine Organisation und keinen Menschen, der für seine eigenen politische Interessen eine Bevölkerung mit Gewalt terrorisiert. Das gilt auch für die PKK. Dennoch plädiere ich für eine türkische Gesellschaft, die von Offenheit und Demokratie geprägt ist, in der jeder seine eigene Sprache sprechen darf und seine eigene Identität einen Platz in der Gesellschaft hat.
Ich wünsche ir, dass in türkischen TV-Serien auch eine ganz normale türkisch-christliche Familie gezeigt wird.
Ich kann allerdings keine Vorschläge machen, wie die Konflikte in der Türkei gelöst werden können. Nur, und das gilt für jede ethnische und religiöse Interessengruppe, wer meint, seine Menschenrechte würden verletzt, der sollte sich für das Menschenrecht aller anderen einsetzen.
Das Interessante ist, dass die wahren “Moslemhasser” a là PI-News-Leser meine Meinung und mich als Person überhaupt nicht unterstützen. Und genau da liegt auch der wesentliche Unterschied zu einem moslemfreundlichen, aber islamkritischen Menschen: Er stellt Bedingungen für das gemeinsame Zusammenleben in Deutschland und auf der Welt auf. Dass viele muslimische Migranten die deutsche Sprache nicht beherrschen oder Deutschfeindlichkeit an den Tag legen, ist ein großes Problem. Diese Art der Kritik ist berechtigt. Weil der Kritiker sich Gegenkritik wünscht. Wie Broder, Sarrazin und ich. Ganz anders als ein Rassist, der im Idealfall die Ausreise aller Muslime fordert. Im schlimmsten Fall sie aber körperlich verletzt.
Ich respektiere jede Kritik an meiner Meinung, allerdings wurden auch Grenzen überschritten, die ich so nicht hinnehmen möchte. Wenn Henyrk Broder, Seyran Ates und einigen anderen Kritikern wie mir vorgehalten wird, sie seien mitverantwortlich für die schrecklichen Taten in Oslo, verschlägt es mir regelrecht die Sprache.
Dazu möchte ich mich auch nicht weiter äußern, denn ich habe und werde niemals zu Hass und Gewalt aufrufen. Und mich niemals dafür instrumentalisieren lassen. Von niemanden. Daher unterschreibe ich auch sehr gerne die Online-Petition meines Blogger-Kollegen Cengiz Dursun.
Ich drücke allen Angehörigen der Opfer und den Jugendlichen auf dem Camp, die das Massaker miterleben mussten und überlebt haben, mein aufrichtiges Beileid aus. Es tut mir sehr leid.