Markus C. Kerber, Gastautor / 03.05.2022 / 06:00 / Foto: Imago / 71 / Seite ausdrucken

Es reicht, Madame Inflation!

Das Regime der Madame Lagarde und ihres Adjutanten Philip Lane dürfte sich dem Ende zuneigen.

Während sämtliche Zentralbanken der westlichen Welt die Leitzinsen längst hochgesetzt haben und dabei sind, die im Rahmen der sogenannten quantitativen Lockerung erworbenen Wertpapiere in den Markt zurückzuführen, verharrt die EZB unter Führung von Madame Lagarde so, als ob es die bekannte Inflationsdynamik gar nicht geben würde. Seit Ende des vergangenen Jahres hat sich die EZB bei ihrer Inflationsprognose zweimal jeweils um ca. 2 Prozent geirrt und hält dennoch an ihrer Projektion einer Inflation von ca. 2 Prozent ab 2023 fest. Währenddessen nimmt die Inflation besonders auch bei Verbraucherpreisen galoppierende Ausmaße an. Der langjährige Wirtschaftsweise, Professor Wieland, sprach bei der Vorstellung des Sachverständigengutachtens am 30. März 2022 von der Möglichkeit, dass die Inflation zum Ende des Jahres in der Euro-Zone zweistellig werden würde. Dennoch blieb die Politik der EZB ausweislich der Beschlüsse vom 10. März 2022 sowie am 14. März 2022 unverändert. Die Leitzinsen verharren bei Null und der Einlagenzins für Banken ist weiterhin negativ.

Statt die Geldmenge durch die Rückführung der erworbenen Anleihen in den Markt zu verringern, werden auch nach Auslaufen der Nettokäufe im Rahmen des PEPP/PSPP sämtliche Tilgungsbeträge bis mindestens Ende 2024 reinvestiert. Die EZB bleibt damit der größte Wettbewerbsverfälscher am Kapitalmarkt. So dürfte die EZB auch einen nicht unwesentlichen Beitrag dafür leisten, dass die gegenwärtige Inflation in Höhe von 7,3 Prozent weiter angeheizt wird.

Damit verletzt sie offenkundig ihr Mandat. Denn sie ist ausweislich der EU-Verträge (Art. 127 Abs. 1 AEUV) kategorisch verpflichtet, die Preisstabilität zu verteidigen. Dass sie es nicht macht und weder anleihenkaufpolitisch noch zinspolitisch ein Zeichen setzt, liegt am erdrückenden Einfluss der hochverschuldeten Südländer, zu denen mittlerweile auch Frankreich mit einem Bruttoschuldenstand von 117 Prozent des BIP gehört. Die Finanzminister dieser Länder wissen ganz genau, was ihnen bei den Refinanzierungskosten blüht, wenn die EZB den Anleihenbestand in den Markt zurückgibt und die Leitzinsen anhebt.

Wechselt Lagarde wieder in die Parlamentspolitik?

Für Madame Lagarde, deren geldpolitische Inkompetenz am Frankfurter Platz von allen Beteiligten – außer den Vertretern der „Financial Times“ – einheitlich beurteilt wird, gibt es also kein Entrinnen. Ihr eifriger Zu- und Nacharbeiter, EZB-Chefökonom Philip Lane, der für die Fehlprognosen bei der Inflationsprojektion verantwortlich zeichnete, müsste auch in absehbarer Zeit den Offenbarungseid leisten.

Nichts liegt daher näher, als dass angesichts der Aussichtslosigkeit der Lage beide Vertreter einer „akkommodierenden Geldpolitik“ fahnenflüchtig werden. Gelegenheit wird sich dazu bieten. Monsieur Macron sucht für seinen „Neuanfang“ Politiker mit Kommunikationstalent und der Fähigkeit, die Parlamentswahlen zu gewinnen. Auf diesem Gebiet ist Frau Lagarde wesentlich erfahrener als bei monetären Aggregaten und geldpolitischen Diskussionen. Mit ihrer verheißungsvollen Verkündung „klimaschützender Geldpolitik“ erntete sie bei Fachleuten nur ein müdes Lächeln, lenkte aber geschickt eine Zeitlang von ihren Fehlleistungen bei der Inflationsbekämpfung ab.

So dürfte die Frage schließlich nur sein, wann Lagarde geht und ob ihr wieder ein Franzose in Gestalt des Gouverneurs der Banque de France, Villeroy de Galhau, für die Dauer eines Mandats von 8 Jahren nachfolgt. Der deutschen Politik unter Herrn Scholz ist zuzutrauen, dass sie auch für ein solches Revirement nichts weiter als Beifall findet. Dabei wäre das offenkundige Scheitern von Frau Lagarde und ihres irischen Gehilfen ein guter Grund, um Jens Weidmann den Weg für die Rückkehr in die geldpolitische Arena zu bahnen.

 

Dr. jur. Markus Kerber ist Professor für öffentliche Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik an der TU Berlin, Gründer des Thinktanks http://www.europolis-online.org, Autor des Buches „Europa ohne Frankreich?“ (Neudruck bei Edition Europolis, Berlin).

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Olaf Weiss / 03.05.2022

Ich finde es immer wieder “lustig”, dass jemand noch auf geltende Mandate und Verträge verweist. Das ist - mit Verlaub - doch sehr naiv! Ich erinnere nur an die alternativlose Eurorettung der Zerstörerin Merkel. Nicht vergessen: es gab und gibt den Maastrichvertrag, der im Deutschen Bundestag ratifiziert wurde, was nichts anderes bedeutet, als dass er Gesetzesrang erhielt. Und der Bundeskanzler ist als Teil der Exekutiven durch Art 20 GG an geltendes Recht gebunden! Die Eurorettung war daher verfassungswidrig! Nur interessiert das niemanden: Verträge, Gesetze und Verfassungen werden von den heutigen Politikdarstellern nicht als bindend, sondern eher als unverbindliche Empfehlungen betrachtet. Deshalb hatte auch die große Mehrheit der Bundestagsabgeordneten keine Skrupel, unsere “unveräußerlichen” Grundrechte in den letzten zwei Jahren massiv anzugreifen. Aber wozu aufregen: die Masse der Wahlschafe wird auch jetzt bei den Landtagswahlen in NRW wieder mit übergroßer Mehrheit die verfassungsfeindliche Einheitspartei aus CDU, FDP, Grüne und Linke wählen.

Steffen Huebner / 03.05.2022

Machen wir uns nichts vor, die sog. BRD ist ein Zombie. Spielball fremder Interessen französischer Wirtschafts- und amerikanischer Geopolitik. Deutschland hat nix zu melden, das sieht man am ständigen, von außen erzwungenen, handeln gegen die vitalen eigenen Interessen.

K. Berkmann / 03.05.2022

Frau Lagarde ist überhaupt nicht inkompetent. Ihre Aufgabe ist es, den südeuropäischen Pleitestaaten durch milliardenfachen Ankauf von “Staatsanleihen” weiter zu ermöglichen, auf Kosten des Nordens über ihre Verhältnisse zu leben und auch sonst der politischen Klasse Geld in Hülle und Fülle zum Verschleuern zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgabe erfüllt sie hervorragend. Das Problem ist von Deutschland aus das deutsche Parlament und die deutsche Regierung, die all dem seit Jahren tatenlos zusehen, mit Ausnahmer einer einzigen Partei. Herr Lucke hat ja nicht zufällig die AfD gegründet. Leider wird diese Partei immer noch totgeschwiegen und in die rechte Ecke gestellt und hat viel zu wenige Wähler. Vielleicht wachen die deutschen Schlafschafe endlich mal auf, wenn das Brot 10 € kostet (und das werden wir erleben!), aber sicher bin ich mir dabei nicht.

Frank Baumann / 03.05.2022

Also, Moment, ich muß mir erst einmal die Tränen wegwischen, also, Sie meinen allen Ernstes, daß hier eine völlig inkompetente Person in Führungsposition, dazu noch einen Frau, die großen Schaden angerichtet hat und weiterhin anrichtet, aufgrund ebendieser Unfähigkeit zurücktreten soll? Habe ich mich auf dem Postillon verirrt? Also, das ist mal ein schöner Morgenanfang, lachend in den Tag!!

Wilhelm Jans / 03.05.2022

Die Kompetenz von Frau Laghard besteht darin, den Südstaaten mit billigem Geld das Leben leicht gemacht zu habe, was den Menschen zur Rettung des Euro als notwendig verkauft wurde. Frau Laghard und ihr Vorgänger Draghi sind Vertreter der früheren Weichwährungsländer und haben die Tradition dieser Länder fortgesetzt. Der Euro so stark wie die DM? Ein leeres Versprechen der Politiker, die vom Finanzsystem nichts verstehen. Machen wir uns nichts vor. Der Euro geht den Bach runter und wir mit ihm. Die Idee, wieder zur nationalen Währung mit einer beinharten Zentralbank zurückzukehren ist tabu.

S. Wietzke / 03.05.2022

Der Artikel befindet bereits mit einer faktisch falschen Aussage. Es haben keineswegs alle wesentlichen Zentralbanken dien Zinsen hoch gesetzt. Die BoJ fährt eine knallharte Zinskontrolle (unlimitierter Kauf von Anleihen). Und auch die FED wird die Zinsen, nur homöopathisch erhöhen. Wobei ja bisher noch gar nichts passiert ist. Und dann immer dieser Unfug das die nicht wissen was sie tun. Natürlich wissen die das. Die Inflation ist das perfekte Mittel einmal die Schulden weg zu inflationieren und außerdem die absolut gewollte Vermögenskonzentration weiter zu beschleunigen. Bis 2030 ist ja das Ziel umzusetzen das Klaus und seine Trupp ausgegeben haben: Ihr werdet nichts besitzen und glücklich sein. Also alles on track und alles wie von der überwältigenden Mehrheit herbeigebettelt. Aber der Brüller am Schluss ist echt gelungen. Weidmann als Alternative.

C. Meier / 03.05.2022

Die Frage ist doch nur: Ist überhaupt noch was zu retten, und wenn ja, wie, und um welchen Preis? Bislang konnte ich hierzu nirgends eine Antwort oder Strategie lesen.

Walter Weimar / 03.05.2022

“Der deutschen Politik unter Herrn Scholz ist zuzutrauen, ... “, meinen Sie den Scholz? Keine Sorge, den Mann hat alles was schief läuft mit Geld schnell vergessen.

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