Es muss nicht immer Uni sein

Ein Fan meines YouTube-Kanals schrieb mir mit der Frage: „Mussten Sie schon einmal einem Menschen, der keine Spur von Genialität zeigte, sagen, dass ein untergeordneter Arbeiter-Job am besten zu ihm passen würde?“ Nun, das ist eine vernünftige Frage, obwohl ich denke, dass sie falsch formuliert ist. 

Jobs, die eher praktische Fähigkeiten erfordern, sind nicht notwendigerweise „untergeordnet“. Erstens kann man Handwerker werden, was ich für eine sehr gute Berufswahl halte. Gute Installateure, gute Schreiner, gute Maurer sind selten. Und sie sind so nützlich.

Ich selbst habe verschiedene Immobilien renoviert, in denen ich gewohnt habe, und kenne mich ein bisschen mit Hochbau und Karosseriereparaturen aus. Solche Tätigkeiten machen mir großen Spaß und ich kann Ihnen sagen: Es gibt nichts daran, was zwangsläufig „untergeordnet“ wäre. Als Handwerker kann man Meister seines Faches werden. Man kann unglaublich produktiv, kreativ und unabhängig sein und einen sinnvollen Beitrag zur Volkswirtschaft leisten.

Vielleicht dachte die Fragestellerin eher an eine niedere Beschäftigung in einem Restaurant. Doch selbst dort kann man als gewissenhafter, umsichtiger, höflicher Mensch aufsteigen. Es gibt überhaupt keinen Grund zur Annahme, dass Menschen, deren mentale Leistungsfähigkeit nicht ausreicht, um mit schnell wechselnden Abstraktionen zu arbeiten, weniger Chancen haben oder eine geringere Lebensqualität haben müssen. Die handwerklichen Berufe bieten so viele Möglichkeiten. In meiner Stadt, Toronto, zum Beispiel, gibt es einen chronischen Mangel an Handwerkern. Im Allgemeinen gibt es in fast jeder Branche einen Mangel an qualifizierten Leuten.

Kein Zusammenhang zwischen Intelligenz und Moral

Wenn ich jemandem sagen muss, dass ihm ein praktischer Beruf am meisten liegen würde, fühle ich mich also nicht schlecht. Nehmen wir an, es geht um jemanden mit einem IQ von 100, das ist der Durchschnitts-IQ von Schulabgängern. So jemand sollte, sofern er nicht extrem fleißig und gewissenhaft ist, die Hände von einem Jurastudium lassen. Denn in diesem Berufsfeld wird er mit Leuten konkurrieren müssen, deren IQ 25 oder 30 Punkte höher ist.

Wenn er sich totarbeitet, kann er vielleicht mithalten, aber er wird immer einen Nachteil haben. Die Konkurrenten werden artikulierter sein, schneller lesen können und besser im sprachlogischen Denken sein. Um es geradeheraus zu sagen: Er sollte sich Ziele setzen, die zu seinem Temperament und zu seiner Intelligenz passen.

Bedeutet das, dass er keinen Erfolg haben wird? Natürlich nicht! Es bedeutet auch keineswegs, dass intelligente Menschen die besseren Menschen sind. Es gibt überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Moral. Intelligenz ist eine Fähigkeit, die man für gute oder für böse Zwecke einsetzen kann. Schlaue Menschen sind nicht inhärent besser als weniger intelligente. Sie sind vielleicht in bestimmten Bereichen nützlicher, vorausgesetzt sie orientieren sich an dem, was moralisch richtig ist.

In nichtakademischen Berufsfeldern gibt es so viele Chancen und Möglichkeiten. Es ist für mich absolut nachvollziehbar, dass Menschen sich dafür entscheiden und gegen das endlose Wirrwarr komplexer, abstrakter Jobs. Ein Problem mit solchen Jobs ist: Man ist nie fertig. Es gibt immer mehr zu tun, als man schaffen kann.

Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus einer Fragestunde auf dem Youtube-Kanal von Jordan B. Peterson. Hier geht’s zum Original-Video.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Karla Kuhn / 01.08.2018

Ich habe vor zwei Jahren mit einem jungen Gasinstallateur, 29 Jahre alt, 3,5 Jahre Ausbildung, der seinen Meister gemacht hat, gesprochen, erstens ist diese Ausbildung sehr anspruchsvoll, doof darf man da nicht sein und er sagte, er würde mit keinem Akademiker tauschen, er verdient sehr gut und er hat einen sicheren Arbeitsplatz. Freunde von ihm, die studiert haben, bekommen z. T. noch nicht mal eine Stelle bei einem Taxiunternehmen. Studieren sollte wieder nur nach guten Abinoten erfolgen,  vor ALLEM in MEDIZIN !  Wer Medizin studiert ist für Menschenleben verantwortlich.  Der NUMERUS CLAUSUS muß postwendend wieder eingeführt werden, damit die Studienplätze generell nur für die Besten zur Verfügung stehen. Auch eine Regelstudienzeit ist vonnöten. Ebenso sollte die Meisterpflicht wieder eingeführt werden. Damit werden handwerkliche Berufe attraktiver gemacht. Es ist nun mal leider so, daß sich viele über ihren Beruf definieren, auch wenn der eine oder andre eine Niete ist.

Martin Landvoigt / 01.08.2018

Die Faustregel ist, dass akademische Jobs nicht nur einen höheren Stellenwert haben, sondern dass diese auch besser bezahlt werden. Das ist Motivation zu einem Studium genug. Aber diese Faustregel stimmt oft nicht. Manche Akademiker bleiben ohne adequate Beschäftigung und müssen sich weit unter Wert verkaufen. Ein Freund, Dr. der Chemie, sortierte lange Jahre Pakete. Im sozialen Bereich verdienen Master der Gerontologie - wenn sie überhaupt einen halbwegs angemessenen Job bekommen - oft weniger als eine examinierte Pflegekraft.

Ruedi Tschudi / 01.08.2018

Es gibt Unis, die bieten 3.000 verschiedene Studiengänge an, z.B. Puppentheater. Das ist eher was für die Volkshochschule. Heute gibt es mehr Abiturienten als Hauptschüler. 50 % aller Studenten sind Studienabbrecher. Ich bin dafür, wieder für jedes Fach einen Numerus Clausus einzuführen. Sonst gibt es noch mehr KGEs, Nahless, Kühnerts; wer nichts in der Birne hat, der wird Politiker.

B.Rilling / 01.08.2018

In unserer Gesellschaft sind die Kinder nur gut geraten, wenn sie Abi machen und studieren. Kein Wunder, dass es mittlerweile so viele Hauptschüler ohne Ausbildung gibt. Denn es lohnt sich in unserer Gesellschaft anscheinend nicht mehr, eine grundsolide Ausbildung zu absolvieren. Denn jeder, der einigermaßen geradeaus schauen kann, der strebt an die Uni. Ich arbeite in einen mittelständischen Baubetrieb. Mein Chef hat es aufgegeben, nach Azubis zu suchen. Der letzte hat immerhin seinen Abschluss geschafft, wo unser ganzes Büro ihn mit liebevollem Druck hingeschoben haben. Doch nun hat er Heimweh und ist zurück in eine Gegend gezogen, wo er wohl von Hartz IV leben wird. Die zwei davor hatten keine Lust mehr. Irgendwann war ihnen das frühe Aufstehen und die leidige 5-Tage-Woche zu stressig. Die paar Leute, welche hier vorstellig werden erfüllen nicht mal die geringsten Anforderungen. Und so geht es alles Gewerken um uns herum. Wir bekommen fast täglich Anfragen und müssen wegen zu geringer Manpower die meisten negativ beantworten, wenn wir Projekte ausschreiben, dann sind mittlerweile manche schon ein Jahr im Voraus ausgebucht. So können sie natürlich auch höhere Preise einfordern. Dadurch wird Bauen von Jahr zu Jahr teurer und teurer. Wenn nicht bald ein Wunder geschieht, dann wird sich die Spirale immer schneller drehen! Und mal unter uns Betschwestern: Unsere Jungs draußen verdienen anständig nach Tarif mit Weihnachts- und Urlaubsgeld. So wenig ist das nicht! Es kann nun mal nicht jeder Großverdiener sein. Das ist durchaus ein toller Gedanke, so funktioniert eine Gesellschaft aber nun mal leider nicht.

Frank Mora / 01.08.2018

Warum war D in der Vergangenheit wirtschaftlich so erfolgreich? Lag es an den genialen Unternehmern, den cleveren Wirtschaftswisenschaftlern, den kreativen Designern? Eher nicht, denn die gibt es anderswo auch. Der Unterschied lag im dualen Ausbildungssystem. In den Facharbeitern, die wissen, was sie tun. Deutschland hatte immer die besten “gemeinen Männer und Frauen”. Diese machten den Unterschied, besonders in den KMU, von denen nicht wenige Hidden Champions sind. Deren zu Recht stolze Stammbelegschaften sind der weltweite Wettbewerbsvorteil. Was Wissen, Können und Arbeitsethos betrifft. So, und jetzt gratulieren wir den Nachbarn im Südwesten zur heutigen Bundesfeier. Die sind aus ähnlichem Holz geschnitzt, aber dafür noch BÜRGER und deshalb noch erfolgreicher. Egal, ob sie Deutsch, Französisch oder Italienisch (oder was sie dafür halten) sprechen.

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