Nachvollziehbar, charmant und zutreffend Herr Etscheit. Ich z.B. als geborene und liberale “Hete” habe unter meinen engsten Freunden zwei, daneben in meinem relativ großen Bekanntenkreis noch einige weitere, die in diesem Zusammenhang eine andere Präferenz als ich besitzen und womit ich hingegen überhaupt kein Problem habe. Ich war daher jeweils auch schon mal auf einer Schwulen- und Lesbenhochzeit eingeladen und bin im Gegensatz zu Ihnen auch hingegangen. Beides waren es übrigens sehr schöne Feierlichkeiten. Was aber eher befremdlich auf mich wirkt ist die seit 25-30 Jahren gegebene unnatürliche Thematisierung und Zurschaustellung des Schwul- und Lesbischseins. Man muss es doch nicht bei jeder Gelegenheit und in jeder Situation zeigen, ansprechen oder gar ausdiskutieren. Ich gehe doch auch nicht auf jeden zu und erkläre ihm erst einmal umfassend, dass ich auf Frauen stehe, wozu auch? Die Menschlichkeit, Anständigkeit und Herzlichkeit sowie der Sympathiefaktor einer Person sind doch das Entscheidende und nicht die Tatsache, ob sie lieber das eigene oder das andere Geschlecht bevorzugt. Immer wieder der altbekannte Fehler: durch zu viel Thematisierung und Aufdringlichkeit erreicht man oftmals eher das Gegenteil als das eigentlich angestrebte, in diesem Fall Toleranz und im Idealfall Akzeptanz. Kontraproduktiv, überflüssig und eigentlich auch sinnlos erachte ich dagegen eher unnatürliches Hervorheben und aufdringliche Zurschaustellung, sei es in Form von Regenbogenflaggen vor Rathäusern und teilweise auch und gerade den CSD. Letzterer wirkt auf viele Menschen eher verstörend, gar abschreckend, als Sympathien zu wecken. Am schlimmsten und mit heute noch nicht umfassend absehbaren negativen Folgen betrachte ich hingegen die zwangsweise aufoktruyierte Frühsexualisierung von Kindern.
Ach, jammern hilft ja nichts. Das geht wohl jeder Subkultur so, wenn sie Mainstream zu nahe kommt. Stellen Sie sich als Beispiel mal einen bösen 1% Motorradrocker vor: Wie mag der sich dabei fühlen, wenn seine Outlaw-Harley von kostümierten Zahnwälten dazu benutzt wird, vor den Straßencafés hin und her zu bollern? Oder ein Punkrocker: Nichts mehr mit “Haste mal ne Mark” heutzutage. Der typische Punk ist ein 70-jähriger Mummelgreis mit einem Bonbon Namen, der Angela Merkel gut findet und Balladen darüber singt, was seine Zuhörer gefälligst so zu denken haben. Da haben Sie es mit Ihren Ken & Ken Traumhochzeits-Schwulen doch noch ganz gut getroffen.
Es gibt so viele Arten von Sexualität, wie es Menschen gibt, nein, mehr, heißt es doch, wenn auch gequäkt: heute so, morgen so. Diese Vielfalt ist erschlagend, auch für Babylönchen.
Sehr geehrter Herr Etscheit, auch ich bin der Meinung, daß wir Homosexuellen nicht alles nachäffen müssen, zumal die “Grundvoraussetzungen” durchaus nicht dieselben sind wie bei gemischt-geschlechtlichen Beziehungen (was für ein unappetitlicher Begriff ist das überhaupt???) Wer unbedingt gleichgeschlechtlich heiraten will soll das tun, einen Sinn eine etwas humpelnde Kopie (Adoption / Leihmütter, etc.) abzuliefern sehe ich allerdings nicht. Das hat was von der Eßstörung Veganismus an sich, auch dort müssen fehlende wichtige Nährstoffe aufgrund des Nichtvorhandenseins in dieser Ernährungsverirrung künstlich zugeführt werden. Das Ganze dann als “neue Normalität” zu feiern, dazu kann ich nicht genug abstrahieren, will mir scheinen…. Danke für den tollen Beitrag!
Auch der Autor bricht das Besondere des Menschen auf seine sexuelle Präferenz herunter. Er leidet darunter, nicht mehr als bunter Narr im Käfig, sonderm als Durchschnitt zu gelten. Dabei gibt es Möglichkeiten, den Status des Besonderen zu wahren: die Unterhose über den Kopf ziehen, auf einem Bein durch die Stadt hüpfen und La Paloma singen z.B. Nicht aufgeben, Herr Autor, Sie werden schon was finden, mit dem sie sich auszeichnen können. Es muss nicht immer eine wissenschaftliche oder künstlerische Leistung sein. Es sei dem Autor egal, ob man ihn liebt oder nicht. Aber als Exot möchte er schon wahrgenommen werden, sonst ist Homosexualität sinnlos. Ich erinnere mich an einen Pennälerscherz: “Krupps Geld und deine Probleme, dann wäre ich richtig glücklich.”
Lieber Autor, ich bin Lesbe und sehe es nicht als großes Unglück, dass die Möglichkeit besteht meine Partnerin einmal heiraten zu können. Noch empfinde ich eine mögliche Adoption als das Ende der Welt. Auch Homos können Spießer sein. Immerhin bekundete schon das Mädchen aus der Werbung (Ich habe leider vergessen, ob es für die Sparkasse war oder nicht): “Später will ich auch einmal Spießer sein!” Ich meine, dass ist das Schöne an einer freien Gesellschaft: Auch Schwule sind nicht mehr gezwungen, im Geheimen zu agieren. Oder vielleicht doch? Ich meine uns feindlich gesonnene Personen gibt es immer noch häufig. Erst vor einer Weile durfte ich wieder die liebenswerte Beleidigung “Bist du schwul oder was?” unter den Jugendlichen hören. Es wird also nicht langweilig. Dafür sorgt auch die Party-und Eventsszene, gell?
Was für ein toller Artikel. Genau auf den Punkt gebracht. Ich habe der Großstadt mittlerweile auch den Rücken gekehrt unter anderem weil mir das ganze Gendergetue von uns Homosexuellen auf den Wecker geht. Früher war es irgendwie toll anders zu sein „ Pride to be Gay“. CSD Veranstaltungen haben nichts mehr kämpferisches. Die Partyzonen sind abgesichert und werden umschlichen von misstrauischen Arabern. Wir sind angekommen im langweiligen Mainstream der Gründerzeitviertel Homos. Ja und laßt den Heteros ihr Weltbild und ihre Ehe. Und Claudia Roth kann ich auch nicht ausstehen :)I
Ja, Herr Etscheid, ich kann Ihren Frust gut nachvollziehen, obwohl ich zu den 97% Normalos gehöre. Wenn Sozialisten vorgeben, einer benachteiligten Bevölkerungsgruppe Gleichberechtigung verschaffen zu wollen, so geht das immer gewaltig nach hinten los. Bei Frauen, die nicht mehr ihre Kinder erziehen dürfen und statt dessen zur 80-Stundenwoche in Dax-Vorständen genötigt werden, ist das genau so. Die “Benachteiligten” wurden ja auch nie gefragt, was sie wollen, sondern es wurde über ihre Köpfe hinweg entschieden. Sozialisten mögen ja bekanntlich keine Diskussionsorgien.
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