Es ist Zeit, „Wehret den Anfängen!“ zu rufen

Heute ist der internationale Tag der Menschenrechte, ein Gedenktag zu Ehren der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Anders als die vielen sinnfreien Gedenktage – der internationale Tag des Kusses, der internationale Tag des Bieres, der internationale Tag der Putzfrau oder der Tag des deutschen Butterbrotes – kommt dem Tag der Menschenrechte allein schon dadurch Bedeutung zu, dass diese in vielen Ländern missachtet und verletzt werden: in Russland und China, in der Türkei und Belarus, im Iran und in Saudi-Arabien, Myanmar und Venezuela, nur um einige prominente Beispiele zu nennen. Bezogen auf die 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ist die Nichtbeachtung der Menschenrechte durch staatliche Instanzen eher Routine als Ausnahme. 

In Deutschland ist das natürlich nicht der Fall. Wir haben einen Außenminister, der „wegen Auschwitz in die Politik“ gegangen ist und einen Bundespräsidenten, der dem Teheraner Regime zum Jahrestag der islamischen Revolution gratuliert hat. Nicht nur an den üblichen Gedenktagen wie dem 9. November und dem 27. Januar – zur Erinnerung an die „Kristallnacht“ oder die Befreiung von Auschwitz – feiert der deutsche „Sündenstolz“ sich selbst als Vorbild, auch bei niederschwelligen Anlässen wie dem Tag des Grundgesetzes oder dem Tag der Heimat fangen alle Reden mit der Formel „Gerade wir als Deutsche…“ an und enden mit der Floskel „Nie wieder!“ oder „Wehret den Anfängen!“.

Nun wäre es tatsächlich an der Zeit „Wehret den Anfängen!“ zu rufen. Wie die Südwestpresse und andere Zeitungen aus dem grün-schwarz regierten Ländle berichten, sollen „uneinsichtige Quarantäneverweigerer… in Baden-Württemberg künftig in einem von zwei bis drei ausgewählten Krankenhäusern im Südwesten untergebracht“ werden, darauf hätten sich der grüne Sozialminister Manfred Lucha und Innenminister Thomas Strobl (CDU) verständigt, der seinerseits noch einen Zacken drauflegte und sich darüber erfreut zeigte, dass nun Einigkeit darüber herrsche, „dass uneinsichtige Quarantänebrecher abzusondern sind“.

Absondern. Strobls Wortwahl ist niemandem aufgestoßen. Ist das nicht seltsam in einem Land, das so hypersensibel auf Begriffe wie „Mohr“ oder „Rasse“ reagiert?

Mit oder ohne Haftbefehl

Hinter dem Begriff „Quarantänebrecher“ steckt ein Maßnahmenpaket. Es reicht ja nicht, die Quarantäne zu „brechen“, um hinterher „abgesondert“ zu werden, es muss auch jemand den Verstoß beobachten und melden, dann müssen Ordnungskräfte ausrücken, den Uneinsichtigen ausfindig machen, ihn oder sie festnehmen, mit oder ohne Haftbefehl, das ist noch die Frage, und in eines von zwei oder drei ausgewählten Krankenhäuser bringen, wo sie oder er zwangsweise einquartiert werden.

Hat es so etwas in Deutschland nicht schon ein- oder zweimal gegeben? Sind in diesem Land, das so stolz darauf ist, seine doppelte Kriminalgeschichte bewältigt zu haben, Kritiker nicht als Querulanten kriminalisiert und pathologisiert worden? Vom „Quarantänebrecher“ zum „Volksschädling“ sind es nur ein paar Schritte. Sollte sich Thomas Strobl, ein ebenso grobianischer wie dummbatziger Politiker, mit seiner Idee durchsetzen, würden zwei bis drei Krankenhäuser als Internierungsdepots nicht reichen, es müssten auch ein paar Ministerien leergeräumt werden.

Es riecht nach Ajax, Ata, Vim und Sagrotan

Was derzeit in der Bundesrepublik passiert, hat ein Geschmäckle. Es riecht nach Ajax, Ata, Vim und Sagrotan. Und es mag kein Zufall sein, dass die Idee der Absonderung uneinsichtiger Quarantänebrecher aus einer Provinz kommt, in der die „Kehrwoche“ eine lange Tradition hat, in der nicht nur Fluren und Treppen gekehrt werden, sondern auch Gehwege und Bürgersteige. Damit alles blitzt und glänzt, wie in einem Labor, das keimfrei gehalten wird..

Ich will nicht behaupten, dass das Vierte Reich vor der Tür steht. Und wenn, dann wird es von der Antifa über die Schwelle getragen, derweil die „Zivilgesellschaft“ sich im verspäteten „Kampf gegen rechts“ aufreibt und die Regierung den Bürgerinnen und Bürgern erklärt, wie „Demokratie leben!“ funktioniert.

Ich fürchte, Deutschland befindet sich im Übergang von einer intakten zu einer sauberen Demokratie. Die Diktatur liegt noch in weiter Ferne, aber das Personal ist schon da, das nur darauf wartet, zu den Besen gerufen zu werden.

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Leserpost

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Ines Sack / 10.12.2020

Da ist noch etwas anderes, was eigentlich völlig indiskutabel ist, aber die Mehrheit nicht zu stören scheint: Vorschläge, dass Leuten, die geimpft sind, “mehr Freiheiten” gewährt werden könnten (allein der Ausdruck). Das heißt umgekehrt ganz einfach, dass die, die nicht geimpft sind, Bürger zweiter Klasse sind. Die Frage, die sich die meisten nicht stellen, ist a) wie lange soll das gehen und b) was kommt als nächstes? (Stichworte: Arbeit und, naja, ich umschreibe es mal mit dem schon genannten Ausdruck “Absondern”). Dahin ist der Weg nicht mehr so lang. Ich sehe mich da übrigens schon (bin Pessimist). Und die dummen Kollegen sind fröhlich, weil ja bald Weihnachten kommt und alles im neuen Jahr doch sicherlich vorbei ist. So, muss zur Arbeit. Bleiben Sie gesund, Herr Broder.

Georg-Michael Mathes / 10.12.2020

Die “normale” Kehrwoche ist Menschen ausserhalb Ba-Wü‘s nur schwer zu vermitteln, die “große” Kehrwoche überhaupt nicht. Meine Schwester wohnte ein paar Jahre in Schorndorf, ca. 30 km östlich von Stuttgart, da wurde im Frühjahr und Herbst auch die Mülltonne innen und aussen geputzt. Und Zäpfchen Strobl überträgt diese “Haltung” in die Politik.

Ludeloff Klaus / 10.12.2020

Die Analogie ihres Handelns und ihrer Denkweise mit schlimmen Beispielen aus unserer Geschichte bemühen sich diese vermeintlichen Demokraten und Virus-Akrobaten nicht einmal zu verbergen. Und sie kommen damit davon, denn, anders als Herr Broder, sind die wenigsten Journalisten offenkundig nicht imstande, diesen Kulturbruch zu thematisieren. Im Gegenteil, besonders die Öffentlich Rechtlichen und die sogenannten Leitmedien, vorzugsweise aus den Bertelsmann-und SPD-Presseimperien, warten penetrant mit Erzählungen statt Fakten auf, wenn sie die Querdenker-Demonstranten als Rechtsradikale denunzieren. Linksradikale,  z.B. auf den Bäumen im Dannenröder Forst, fallen denen allerdings nie auf, es sei denn als Aktivisten für die gute Sache. Die gute Nachricht: Die Pietisten und Kehrwoche-Intelektuellen aus Stuttgart können garnicht so viele Einrichtungen bereitstellen, wie sie zur Isolierung der Aufmüpfingen benötigen würden; es sind mehr, als diese politischen Ignoranten wahrhaben wollen.

Franck Royale / 10.12.2020

In einhundert Jahren vom A über AH zum AHA. Es ist ein fortwährendes Dilemma: Das, was die Deutschen in guten Zeiten (unter rationaler, rechter, liberal-konservativer Führung) technische Meisterstücke vollbringen lässt, wird ihnen in Krisenzeiten (unter irrationaler, linker, sozialistischer Führung) regelmäßig zum Verhängnis. A, AU, AUA.

a.ziegler / 10.12.2020

Langsam schleicht sich beim Lesen Ihrer Beiträge der letzten Zeit, Herr Broder, bei mir das Gefühl ein, dass Ihnen das Lachen und selbst der Spott vergangen ist. Dafür klingt mehr Zorn und anderes heraus. Verzweiflung? Hoffentlich nicht! Was in Deutschland abgeht ist Wahnsinn und man steht dem völlig hilflos gegenüber. Aber vielleicht interpretiere ich das falsch ?

Klaus Schneider / 10.12.2020

Gut geschrieben, Herr Broder- wie immer. So fühlt sich Untergang an. Auf diese Erfahrung hätte ich in meinem Leben gerne verzichtet. Ich sollte mich auch gelegentlich mal nach Island verziehen, hier hält man es nicht mehr aus.

M.Terres / 10.12.2020

Niemand hat die Absicht, einen Lockdown zu errichten! Anders lautende Berichte sind ebenso falsch wie die Behauptung, die Bundeskanzlerin sei eine Adoptivtochter von Erich H.

Gabriele Kremmel / 10.12.2020

Die Anfänge sind längst gemacht. Ich fürchte, wir sind mitten drin. Man achte auf die Muster: Am Anfang steht ein größenwahnsinniges Ziel. Was für den einen das 1000jährige Reich, ist für die anderen die große Transformation. Zur Durchsetzung der Vision sind dann alle Mittel recht. Die Begeisterung der Massen für etwas (vordefiniertes) Gutes, Feindbilder zur Abspaltung der Unwilligen und als verbindendes Element für die anderen, ein Kampfbegriff zum Zusammenschweißen der Willigen, die Ausrufung einer Solidaritätsverpflichtung als Mitmachgarant und die Bestrafung der Abweichler als Stillhaltegarant. Keine Gesellschaft entscheidet sich für Diktatur. Vielmehr kommt sie schleichend - und plötzlich ist sie da.

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