Henryk M. Broder / 08.01.2025 / 10:00 / Foto: Montage achgut.com / 90 / Seite ausdrucken

Es gibt keine No-Go-Areas für Juden in Stuttgart! Wirklich?

Nachdem wir hier über die Warnung vor No-Go-Bereichen für Juden in Stuttgart berichtet haben, verschickt der Vorstand der jüdischen Gemeinde über die Sprecherin des Oberbürgermeisters eine "Klarstellung". Eigentlich eine sehr spezielle Variante des jüdischen Humors.

Auf unseren Beitrag über No-Go-Bereiche für Juden in Stuttgart – Die Juden in Stuttgart bekommen jeden Freitag von der Gemeinde eine Mail über anstehende anti-israelische Demos in der Stadt, verbunden mit dem Rat, bestimmte Bereiche „zu vermeiden“ – ging keine Reaktion der Stuttgarter jüdischen Gemeinde bei uns ein; es gab aber eine, die uns auf Umwegen erreichte. Die Sprecherin des Stuttgarter Oberbürgermeisters verbreitete eine "Klarstellung", die der Vorstand der Stuttgarter jüdischen Gemeine verfasst hatte. Diese "Klarstellung" hat folgenden Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

anders, als ein Beitrag auf einem neu-rechten Blog bzw. ein darauf aufsetzender Beitrag in der BILD-Zeitung nahelegen, warnt die jüdische Gemeinde ihre Stuttgarter Mitglieder nicht vor sog. „No Go Areas“, sondern informiert über anti-israelische Demonstrationen in der Landeshauptstadt Stuttgart (ohne diese inhaltlich im Detail zu bewerten).

Das Recht auf Demonstrationen ist ein in Artikel 8 Grundgesetz verbrieftes Recht aller Deutschen. In Stuttgart als der Landeshauptstadt Baden-Württembergs finden überproportional häufig Kundgebungen statt. Das Informationsangebot der jüdischen Gemeinde gibt den jüdischen Menschen in Stuttgart die Möglichkeit, sich über bevorstehende anti-israelische Demonstrationen zu informieren und diese ggf. zu vermeiden.

Zugleich danken wir den Sicherheitsbehörden auf Landes- und auf kommunaler Ebene ausdrücklich für ihre hervorragende Arbeit zum Schutz jüdischer Menschen und jüdischer Einrichtungen in unserem Land, sowie auch für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den jüdischen Gemeinden!

DER VORSTAND

Prof. B. Traub (Vorstandssprecherin), M. Kashi, M. Rubinstein

PS.: Die jüdische Gemeinde hatte bislang keine Veranlassung davon auszugehen, dass es in Stuttgart oder Württemberg überhaupt "No Go Areas" gäbe.

Noch lustiger als Kishon

Das ist Humor vom Feinsten. Wie eine Portion Spätzle mit Cranberries, serviert auf Meissner Porzellan mit Motiven von Vincent van Gogh, ein Gesamtkunstwerk. Die wöchentliche Info der Gemeinde an ihre Mitglieder dient einzig und allein dem Zweck, ihnen mitzuteilen, wo die anti-israelische Demo stattfindet, falls das eine oder andere MItglied der Gemeinde an dem Aufzug bzw. Umzug teilnehmen möchte. Dass sie zugleich gebeten werden, die genannten Bereiche zu den genannten Zeiten „zu vermeiden“, bedeutet nicht, dass es No-Go-Areas für Juden (und Jüdinnen) gibt. Denn: Die stets aufmerksame jüdische Gemeinde, vertreten durch ihren dreiköpfigen Vorstand, hatte bislang keine Veranlassung, davon auszugehen, dass es in Stuttgart oder Württemberg überhaupt "No Go Areas" gäbe. Und wenn es keine No-Go-Areas gibt, dann gibt es auch keine Veranlassung, im Zusammenhang mit antiisraelischen Demos vom Betreten bestimmter Bereiche abzuraten. – Ist das lustig, noch lustiger als Kishons grandiose Komödie "Schlaf gut, Wachtmeister!".

Wenn also No-Go-Areas für Juden in Stuttgart inexistent sind und die Teilnahme an einer anti-israelischen Kundgebung mit keinerlei Gefahr für jüdisch gelesene Menschen verbunden ist, könnte der Vorstand der Stuttgarter jüdischen Gemeinde, angeführt von Frau Prof. B. Traub, an der nächsten Kundgebung für ein Palästina "From the River to the Sea" teilnehmen und dabei Israel-Fahnen schwenken. Oder wenigstens postkartengroße Winkelemente in blau-weiß, den Nationalfarben Bayerns und Griechenlands. 

Falls Sie sich selbst überzeugen wollen, besuchen Sie die Seite der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs K.d.ö.R. (IRGW); ganz links finden Sie die "Klarstellung" vom 7. Januar, in der bestritten wird, dass es in Stuttgart oder Württemberg überhaupt "No Go Areas" gäbe und gleich darüber die Empfehlung, diese Bereiche zu den genannten Zeiten "ggf. zu vermeiden". Finden Sie den Fehler in dieser Formel!

Stuttgart ist nicht Berlin

In Berlin hatte vor einem Monat übrigens die Polizeipräsidentin Barbara Slowik Juden zur Vorsicht in bestimmten Stadtteilen gemahnt. Grundsätzlich gebe es zwar keine sogenannten No-go-Areas, also Gebiete, die zu gefährlich zum Betreten seien, aber: „Es gibt allerdings Bereiche – und so ehrlich müssen wir an dieser Stelle sein – da würde ich Menschen, die Kippa tragen oder offen schwul oder lesbisch sind, raten, aufmerksamer zu sein“, sagte Slowik der Berliner Zeitung. „Leider gibt es bestimmte Quartiere, in denen mehrheitlich arabischstämmige Menschen wohnen, die auch Sympathien für Terrorgruppen hegen. Offene Judenfeindlichkeit artikuliert sich dort gegen Menschen jüdischer Glaubensrichtung und Herkunft“, hieß es von ihr weiter. Aber Stuttgart ist natürlich nicht Berlin.

 

Henryk M. Broder ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.

Foto: Montage achgut.com

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W. Renner / 08.01.2025

Stuttgart macht Fortschritte gegenüber 1933. Inzwischen kann man sich über antisemitische Progrome im Vorfeld schon informieren. Wenn man dann, wie in Köln empfohlen, immer eine Armlänge Abstand hält, kann ja dem informierten Juden nichts mehr passieren. Schlimmstenfalls kann er ja noch um Vorstand bitten.

Volker Kleinophorst / 08.01.2025

„Tod den Deutsche“ (Orginalzitat) auf Kirche gesprüht. Bürgermeister: Wir sind bunt. Wo. Ist das nicht egal. Wo ist überall. Rüsselsheim. Immer dran denken, den Bürgermeister zu kritisieren ist beleidigend, Hass, Hetze, Antisemitisch und Transfeindlich. Und natürlich ausländerfeindlich und sich über das Pidgin lustig zu machen ist ganz schlimm diskriminierend.

Marc Jenal / 08.01.2025

Da Behörden, Gerichte und die unterwürfig-grenzdebile Gesellschaft soviel Verständnis (Bewährungs- und Jugendstrafen bzw. 100-Euro-Hurengeld-Nachzahlung, usw.) zeigt für gewisse Neubürger beim “Juden-klatschen”, “Kinder-Gruppen-Erpressen-Vergewaltigen”, “Ungläubige-Abstechen”, usw., tarnt man sich in Zukunft am Besten im Alltag als solcher und legt sich einen entsprechenden Tarn-Namen, Tarn-Sprache und das passende assoziale Prinzen-Auftreten zu. Dann klappt es auch mit dem linken Nachbarn. @Klaus Keller genau mein Humor!

Klara Altmann / 08.01.2025

“Als ich mich letztes Jahr im Sommer vor meinen jüdischen Freund Gad gestellt habe, um ihn vor ECHTEN Neo-Nazis aka Judenhassern der “antifa” zu schützen, wurde ich brutalst zusammen getreten. Finger der rechten Hand sowie mein Brustbein (extrem schmerzhaft) gebrochen!!!” Schon dieser eine Satz, Herr Cremer, zeigt doch deutlich, wie zutiefst verlogen die ewige Gleichsetzung ausgerechnet der AfD mit den Nationalsozialisten durch die deutsche vereinigte Extremlinke ist. Wenn die AfD die deutschen Bürger vor Einwanderung von u.a. aggressiven Muslimen schützen will, dann will sie damit gleichzeitig auch die jüdischen Mitbürger schützen! Eben all jene, die hier gemeinsam ein friedliches Leben auf der Basis des Grundgesetzes führen und das seit langer Zeit. Während jene Extremlinke, der ich längst sämtliche Altparteien zurechne (bei der BSW bin ich mir unsicher) die täglich wachsende Bedrohung durch jene Klientel noch fördert! Man muss selbstverständlich die Menschen vor den Aggressoren schützen und es ist doch schon längst klar, wer hier wer ist. Es ist für die Menschen in Deutschland deshalb von höchstem Interesse, sofort die Grenzen zu schließen und all jene ohne Aufenthaltsrecht auszuweisen. Mit jedem Tag, an dem man das versäumt, steigt die Opferzahl durch diese Form der Massenmigration! Diese Art des zynischen Sozialdarwinismus der Altparteien - wer körperlich schwächer oder schlecht trainiert oder bewaffnet ist, der zieht eben den Kürzeren - wann gab es so etwas überhaupt zuletzt in Deutschland? Ich kann mich an keine Zustände erinnern, die nur annähernd an die heutigen erinnern, in meinen Augen gehören alle dafür Verantwortlichen strengstens bestraft!

Thomin Weller / 08.01.2025

@Moritz Cremer Die Linke mit ihrer Solid Jugendgruppe in der viele Antifas stecken, okkupieren die Stolpersteine über die sogenannten Geschichtswerkstätten für kommunistische Kämpfer der KPD. Mir scheint das die sogenannten Geschichtswerkstätten eine neue Straßen-Antifa, für mich nichts anderes als die SA schlagende Schwarzhemden, Keimzelle sind. Nicht nur Leipzig, Petra Pau(AASekte) und die Linksjugend auch in Hamburg ist sie verstrahlt und Straßen pro aktiv.

W. Renner / 08.01.2025

DER VORSTAND würde vermutlich der Landesregierung auch noch danken, wenn die Stuttgarter Juden zu ihrem eigenen Schutz vor, inzwischen an der Tagesordnung stehenden, antisemitischen Umtrieben, in Stammheim untergebracht würden.

Chris Groll / 08.01.2025

@Ilona Grimm.  „Beisse nicht die Hand, die dich füttert“, sagen auch die Appeaser, die fest daran glauben, von den Krokodilen gar nicht oder zumindest erst zu allerletzt gefressen zu werden. Ich nenne es Feigheit vor dem erklärten Feind. Und das obwohl die Juden den stärksten Verbündeten haben, den es überhaupt gibt: den Gott der Bibel.”  Da stimme ich Ihnen zu. Dieses Appeasment der jüdischen Gemeinden erstaunt und erzürnt mich immer wieder. Waren vor Jahren in Dortmund und ein paar Jahre später in der Kölner Synagoge. In Dormund stand damals nur ein Polizeifahrzeug vor dem Gebäude. Die Kölner Synagoge - Jahre später -  wurde stärker bewacht und geschützt, mit Einlaßkontrollen usw.  Wenn es damals schon so war, warum fühlen sich diese Gemeindevorsteher sicher hier?

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