Claudio Casula / 18.11.2022 / 15:00 / Foto: Martin Gorman / 63 / Seite ausdrucken

Es gibt kein Bier in Katar

Jedenfalls nicht im WM-Stadion, das hat der Emir jetzt beschlossen. Und wenn, dann nur alkoholfreies. Richtiges gibt‘s nur für VIPs.

Es gibt kein Bier in Katar,
Es gibt kein Bier.
Drum fahr' ich nicht nach Katar,
Drum bleib' ich hier.
Es ist so heiß in Katar,
Kein kühler Fleck,
Und nur vom Schiri-Bashing
Geht der Durst nicht weg.

Paul Kuhn, Gott hab ihn selig, möge dem Autor dieses Textes die zeitgemäße Umdichtung seines Hits von 1963 verzeihen, in dem er beklagt, seine Verlobte Marianne nicht heiraten zu können, weil sie die Flitterwochen auf Hawaii verbringen möchte, wohin es ihn aber aus den nämlichen Gründen nicht zieht. Wäre sie hingegen bereit, nach Pilsen zu fahren, würde er sie sofort heiraten.

Die 1,2 Millionen Fußball-Fans, die während der Weltmeisterschaft in Katar erwartet werden, würden wohl auch lieber nach Tschechien reisen als in ein Land, in dem der Islam die Staatsreligion ist und laut Artikel 1 die Hauptquelle der Gesetzgebung. Und der Islam hat zum Thema Alkohol nichts Gutes zu sagen, auch wenn das Wort im Koran selbst nicht vorkommt; dort wird der Begriff „das, was berauscht" benutzt und somit alle Drogen eingeschlossen. So heißt es in Sure 5, Vers 90:

„O die ihr glaubt, berauschender Trank, Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind nur ein Gräuel vom Werk des Satans. So meidet ihn, auf dass es euch wohl ergehen möge!“

Und das, was in großen Mengen berauscht, davon ist auch eine kleine Menge haram, also verboten. Deshalb ist der Ausschank von Alkohol im Emirat stark eingeschränkt – er wird nur in Luxus-Bars und internationalen Hotels angeboten – und aus dem Ausland darf man ihn sich auch nicht mitbringen. Darüber hinaus ist Trunkenheit in der Öffentlichkeit in Katar untersagt (was wiederum nicht heißt, dass sich die Scheichs hinter geschlossenen Vorhängen nicht hin und wieder die Kante geben). 

Die Alternativen: Cola und Kamelmilch

Trotz des Deals der FIFA mit Budweiser – der Konzern soll für einen WM-Zyklus von vier Jahren rund 75 Millionen US-Dollar zahlen – hat der Weltfußballverband am heutigen Freitag, also nicht einmal 48 Stunden vorm Anpfiff des Eröffnungsspiels, bestätigt, dass das Verbot von alkoholischem Bier durch den Gastgeber rund um alle Stadien durchgesetzt wird, obwohl bislang vorgesehen war, dass Fans während der WM-Partien innerhalb der Stadionbereiche in bestimmten Zonen alkoholhaltiges Bier kaufen dürfen, jedoch nicht direkt in den Arenen sowie nur vor und nach den Spielen. 

Jetzt müssen sie sich mit alkoholfreiem Bier, Cola oder Kamelmilch in Stimmung trinken, was der nötigen Enthemmung nicht eben förderlich sein dürfte. Letztere wird von renommierten Beduinen als gesundheitsförderndes Getränk angesehen, schmeckt aber, anders als Kuhmilch, salzig, feuert also wiederum den Durst an wie der Fan das eigene Team. 

Da aber auch hier alle Tiere gleich sind, manche jedoch gleicher als andere, wird in den VIP-Logen der acht WM-Stadien alkoholhaltiges Bier ausgeschenkt. Der gemeine Fan auf den mehr oder weniger billigen Plätzen muss, will er auf den Bölkstoff nicht verzichten, Stunden vor dem Spiel irgendwo an einer Hotelbar vorglühen und für einen halben Liter Gerstenkaltschale mehr als 13 Dollar berappen.

Ein Gutes hat die neueste Entwicklung allerdings hinsichtlich der sportlichen Perspektive: Wer gar nicht erst berauscht ist, den können auch blamable Vorstellungen und ein frühes Ausscheiden der eigenen Mannschaft nicht ernüchtern.

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Leserpost

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Markus Viktor / 18.11.2022

Fußball ist doch auch Opium fürs Volk. Mir zahlt niemand was, damit ich mir das anschaue. Seit die genialen Spielzüge von Franz Beckenbauer, für die er selbst ja auch nichts konnte, Vergangenheit sind, lohnt sich das Hinschauen für umsonst nicht mehr. Mal von der Gebührenkorruption abgesehen. Vielleicht schützt die WM im Winter ja auch einige leicht Erhitzbare vor dem Kältetod.

Sabine Heinrich / 18.11.2022

Herrlich! Pure Schadenfreude! Wer so dämlich (Verzeihung) ist, wegen dieser Fußballfarce in diesen totalitären Staat einzureisen, sollte eigentlich nur Mineralwasser ohne “Blubb” erwerben können - zum Preis von 20€/Liter. Köstlich - wie sich die FIFA von ein paar superreichen Muslimen vor aller Welt am Nasenring durch die Arena/ über das Fußballfeld ziehen lässst!

Andreas Schwartmann / 18.11.2022

Wer da hinfährt, hat es nicht anders verdient.

Rudolf George / 18.11.2022

Das ist doch bestenfalls ein mikroskopisch kleines i-Tüpfelchen auf dieser größten Farce der Sportgeschichte namens Winter-WM in Katar.

Ludwig Luhmann / 18.11.2022

“Es gibt kein Bier in Katar - Jedenfalls nicht im WM-Stadion, das hat der Emir jetzt beschlossen. Und wenn, dann nur alkoholfreies. Richtiges gibt’s nur für VIPs.”—- Wahrscheinlich wird es auch verschiedene Kategorien beim Tragen von Masken geben: VIPs sehen es grundsätzlich sehr gerne, wenn ihre aktuellen oder prospektiven Sklaven Masken tragen.

Peter Bauch / 18.11.2022

Nun, ein echter Fan der “Mannschaft” geht ja auch nicht zum Spiel um zu saufen. Vielmehr kann er sich an deren Fußballkunst berauschen. Das sollte reichen. Auch wenn er in letzter Zeit öfters nüchtern heimkehren mußte. Darf man wenigstens kiffen? Ich frage für eine Freundin.

giesemann gerhard / 18.11.2022

Ein guter Grund, da nicht hin zu fahren. Auch nicht hin zu sehen. Die sollen es sich selber machen.

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