Volker Seitz / 21.03.2022 / 14:00 / Foto: Astrid Eckert / 14 / Seite ausdrucken

Erster Afrikaner gewinnt den renommierten Pritzker-Preis

Francis Kéré steht nun in einer Reihe mit Architektur-Giganten wie dem großen Gottfried Böhm.

Der in Burkina Faso geborene Architekt Diébédo Francis Kéré hat in diesem Jahr den renommierten Pritzker-Preis gewonnen. In den Anfangsjahren wurde der Preis vor allem in die Vereinigten Staaten vergeben, wo die aus Chicago stammende Familie Pritzker und ihre Hyatt-Stiftung residieren. Der 56-jährige Kéré ist der erste Afrikaner, der in der mehr als 40-jährigen Geschichte des Preises, der als höchste Auszeichnung auf diesem Gebiet gilt, ausgezeichnet wurde. Er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft von Burkina Faso und Deutschland. Nach einer Tischlerausbildung kam Kéré mit einem Stipendium in den 1980er Jahren nach Deutschland und studierte Architektur an der TU Berlin, Harvard University Graduate School of Design (Massachusetts, USA) und an der Yale School of Architecture (Connecticut, USA).

Die Liste seiner Werke ist lang: der Sommerpavillon der Serpentine Galleries in London, der Xylem Pavillon in Montana/USA, die Gebäude für Schlingensiefs phantastisches Opern-Dorf 30 Kilometer nordöstlich der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou, sowie anderen afrikanischen Staaten wie Mali, Kenia und Mosambik. Weitere größere Bauten sind in Planung und teilweise schon im Bau, wie das Goethe-Institut in Dakar/Senegal, die Nationalversammlungen in Ouagadougou/Burkina Faso und Porto Novo/Benin. In Deutschland: eine Waldorfschule im oberbayrischen Weilheim und ein Turm für die Forschung an der Technischen Universität München.

Architektur, die lokale Bautradition respektiert

Diébédo Francis Kéré wurde von den Jurymitgliedern dafür gelobt, dass er seine architektonischen Werke „mit den Traditionen, Bedürfnissen und Bräuchen seines Landes“ verbindet.

Afrikanische Architekten, wie Diébédo Francis Kéré bevorzugen herkömmliche Fertigkeiten, traditionelle Bauweisen und lokale Materialien. Lokaler Felsstein kann oft für die Wegbepflasterung und das Fundament der Gebäude herangezogen werden. Er passt seine Bauweise in Afrika den örtlichen Gegebenheiten und der lokalen Bautradition an. Er nutzt einfache Materialen wie Lehm, Holz und Stein, mit denen die meisten Afrikaner arbeiten können. Handgefertigte Ziegel werden mit Luftlöchern perforiert, damit die Hitze entweichen kann. Teure Klimaanlagen sind überflüssig. Für seine Schule in seiner Heimatstadt Gando wurde Kéré mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet. Seit Oktober 2017 hat er die Professur für „Architectural Design and Participation“ an der Technischen Universität in München inne. 2016/2017 zeigten die Pinakothek der Moderne und das Architekturmuseum der TU München unter dem Titel „Radically Simple“ Modelle und Fotos der bemerkenswerten Arbeiten von Diébédo Francis Kéré.

 

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte 11. Auflage erschien am 18. März 2021. Volker Seitz publiziert regelmäßig zu afrikanischen Themen und hält Vorträge (z.B. „Was sagen eigentlich die Afrikaner“, ein Afrika-ABC in Zitaten).

Foto: Astrid Eckert CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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Ulla Schneider / 21.03.2022

@Volker Kleinophorst: Guten Abend! Der Baumeister hat neben der Tischlerausbildung sein Abitur am Abendgymnium gemacht! Lesen hilft! Nebenbei - Sie brauchen kein Abitur,wenn Sie studieren wollen. Es gibt den sog. zweiten Bildungsweg und dieser ist, je nachdem wie schwer die Vorbereitungen zur Zulassung eines Universitätsstudiums sind ( es kommt auf das geplante Studienfach an), nicht ohne. - Ich habe festgestellt, daß diese Leute, die den schwierigeren Weg aussuchen,  indem sie tagsüber arbeiten und abends noch ” büffeln”, die besten Prüfungen machten. Allerdings sitzen die nicht in Berlin. Die haben was anderes zu tun. MfG

Volker Seitz / 21.03.2022

Ich finde es bedauerlich, dass manche Kommentatoren sich abwertend über den Preisträger äußern und sich nicht mit dessen zahlreichen großartigen Werken beschäftigen. Herzlichen Dank an Frau Heinrich, Frau Weis und Frau Schneider sowie Herrn Holdergrün.

Stanley Milgram / 21.03.2022

Mit tun grad die Verkäuferinnen im REWE leid, die bis 21:45 Uhr an der Kasse sitzen. Mir tut mein Vermieter leid, der morgen seinen Defibrilator eingebaut bekommt (Nebenwirkung?). Und vor allem tue ich mir grad selbst leid, weil ich meine Architektenkarriere zugunsten nächtlicher Sauf- und Pokerrunden mit guten Kumpels, Discotheken-Bekanntschaften und weiterer Unglücke bereits in den 1980ern aufgegeben hatte. Heute fuhr ich über die Südbrücke, und das Einzige was mir einfiel: “Ist die hoch genug für eine Reinkarnation? Wenn ich auf die Steine am Ufer…”. Mir schmeckt auch nichts mehr, sonst würde ich den Verkäuferinnen im REWE gleich noch eine gute Zeit im Sein wünschen können. Aber was soll ich denn kaufen, wenn mir absolut gar nichts mehr schmeckt? Vielleicht mal den Dicken raushängen lassen und was aus der verschlossenen Glasvitrine? Einen Chateau Reibach? 50 oder 100 Euro für praktisch nix? Es schmeckt wie alles andere heute, nach nix…

Wolfgang Kolb / 21.03.2022

Lieber Herr Seitz, Vielen Dank für Ihren Beitrag! Es ist schon entlarvend, wie hier in den Kommentaren reflexhaft das Haar in der Suppe gesucht und gefunden wird, nur um das Negative hervorzukehren. Das muss ein typisch deutscher Spiessbürgerreflex sein, nehme ich an. Bitte lassen Sie sich davon nicht entmutigen, weiter so!

Frances Johnson / 21.03.2022

Siehste Peer (Steinbrück): Österreicher und Schweizer sind doch gut.

RMPetersen / 21.03.2022

“Der” Sommerpavillon der Londoner Serpentine Gallery ist eine Bezeichnung, die in die Irre führt. Es wird jedes Jahr ein neuer Sommerpavillion gebaut, Voraussetzung für die Einladung ist, dass das betreffende Büro noch nicht in Großbritannien gebaut hat.

Volker Kleinophorst / 21.03.2022

Wenn man sich die Falten aus dem Sack kloppt, weil ein Afrikaner eine Architekturpreis gewinnt, ist das nicht rassistisch? Daran schließt gleich die Frage an: Hätte er ihn nicht gewonnen, wenn er weiß gewesen wäre?  Ist es so, dass man mit einer Tischlerausbildung in Burkina Faso in Deutschland die Hochschulreife hat? PS.: Woran erkennt man einen echten Deutschen? Er hat nur einen Pass.

dina weis / 21.03.2022

“Er nutzt einfache Materialen wie Lehm, Holz und Stein, mit denen die meisten Afrikaner arbeiten können. Handgefertigte Ziegel werden mit Luftlöchern perforiert, damit die Hitze entweichen kann. Teure Klimaanlagen sind überflüssig.” Einfach wie genial. Unsere Beton-Klötze-Kultur hätte dafür den Hässlichkeitspreis verdient, “modern” muss es sein, egal wie es nachher aussieht oder kurz nach Fertigstellung bereits bröckelt, wo andere hundert Jahre alte (schöne) Gebäude immer noch stehn.

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