Gastautor / 30.07.2021 / 12:00 / Foto: Medvedev / 49 / Seite ausdrucken

Erneut Großstörung im europäischen Stromversorgungs-System 

Am 24. Juli 2021 kam es im europäischen Verbundsystem zur zweiten Großstörung in den letzten 7 Monaten. Die deutlichen Warnhinweise für einen drohenden Blackout werden weiter ignoriert.

Von Herbert Saurugg

Am 24. Juli 2021 kam es um 16:36 Uhr zu einer Netzauftrennung im europäischen Verbundsystem und damit zur zweiten Großstörung in den letzten sieben Monaten. Doch kaum jemand hat davon Notiz genommen, frei nach dem Motto „Guat is ganga, nix is g'scheh'n", auch wenn in Frankreich, Spanien und Portugal rund zwei Millionen Menschen kurzzeitig ohne Strom waren. Während man in Deutschland gerade mit dem Katzenjammer beschäftigt ist, wie es nur zur tödlichsten Katastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg kommen konnte, werden andere Warnsignale weiter ignoriert. Wir lernen offensichtlich nicht dazu.

Die Iberische Halbinsel ist nicht optimal mit dem zentraleuropäischen Stromversorgungssystem vernetzt. Trotzdem fließen immer wieder große Energiemengen über diese Verbindungsstellen. So auch am 24. Juli 2021. Unglücklicherweise kam es unter einer dieser Trassen zu einem Flächenbrand. Löschflugzeuge wurden eingesetzt. Um 16:35 Uhr dürfte ein Löschflugzeug seine Ladung unmittelbar über einer Höchstspannungsleitung abgeladen und damit einen Kurzschluss verursacht haben. Damit wurden offensichtlich Resonanzeffekte ausgelöst, welche eine Minute später zu einer Überlastung der Kuppelstellen und zur Netzauftrennung zwischen Frankreich und der Iberischen Halbinsel führten. Es fehlte nun auf der Iberischen Halbinsel eine Energiemenge von rund drei großen Kraftwerken, was kurzfristig nicht durch andere Kraftwerke ausgeglichen werden konnte. In Folge wurde ein automatisierter Lastabwurf ausgelöst, wodurch rund zwei Millionen Menschen in Frankreich, Spanien und Portugal für bis zu einer Stunde ohne Strom waren. Die Ausbreitung der Störung konnte damit gerade noch rechtzeitig gestoppt und ein Blackout auf der Iberischen Halbinsel verhindert werden. 

Auch wenn der Stromausfall für die betroffenen Menschen relativ kurz gedauert hat, gibt es zahlreiche Meldungen von Folgestörungen in anderen Bereichen. Etwa in einem Stahlwerk oder in verschiedenen IT-Infrastrukturen. Auch Computerkassen sollen danach stundenlang nicht funktioniert haben. 

So etwas hätte nicht passieren dürfen

Wieder einmal gibt es deutlich mehr Fragen als Antworten. Denn so etwas hätte nicht passieren dürfen. Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber untersuchen nun den Vorfall. Immerhin bereits der zweite in diesem Jahr. Zuvor gab es nur vier weitere Netzauftrennungen im europäischen Verbundsystem: 2003, beim Blackout in Italien, 2006 bei der bisher schwersten Großstörung quer durch Europa, 2015, beim Blackout in der Türkei, und am 8. Januar 2021, wo es zu einer Netzauftrennung zwischen dem Balkan und Resteuropa kam. Auch damals spielten die Stromimporte auf der Iberischen Halbinsel eine wichtige Rolle.

Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber haben wieder eine hervorragende Arbeit geleistet. Durch die automatisierten Prozesse konnte Schlimmeres verhindert werden. Dennoch sollten wir die bereits 2015 klar formulierte Warnung nicht weiterhin ignorieren: "A large electric power system is the most complex existing man-made machine. Although the common expectation of the public in the economically advanced countries is that the electric supply should never be interrupted, there is, unfortunately, no collapse-free power system."

Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, nirgends. Aber wie vor dem Hochwasser werden auch hier seit Jahren die Hinweise und Warnungen ignoriert. Während nach den schweren Extremwetterschäden eine Schadensbeseitigung mit sehr hohem Aufwand möglich ist, werden die Schäden nach einem Blackout kaum in absehbarer Zeit bewältigbar sein. Durch den zu erwartenden großflächigen und langwierigen Strom- und Telekommunikationsausfall ist mit massiven Produktions- und Versorgungsproblemen zu rechnen. Wie lange könnte es dauern, wenn die gesamte Logistik quer über Europa chaotisch ausfällt und dann resynchronisiert werden muss, wenn schon die Suez-Kanalblockade solche schwerwiegenden Folgewirkungen ausgelöst hat? Genau diese Effekte werden massiv unterschätzt. Gleichzeitig wissen wir, dass sich rund zwei Drittel der Bevölkerung spätestens nach einer Woche nicht mehr in der Lage sehen, sich selbst ausreichend versorgen zu können. Der breite Wiederanlauf der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen (Lebensmittel, Medikamente, Gesundheit etc.) wird aber deutlich länger dauern. Und es wird kaum freie Kräfte geben, die helfen können, weil alle selbst betroffen sein werden.

Eine Diskussion, wie derzeit nach den heftigen Unwettern, wer nun schuld ist oder nicht ausreichend gewarnt hat, ist dann irrelevant. Daher sollten wir nicht weiter zuwarten, sondern uns endlich ernsthaft mit dem Thema Blackout-Vorsorge beschäftigen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Website RiskNET.

 

Herbert Saurugg ist internationaler Blackout- und Krisenvorsorgeexperte und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV). Er beschäftigt sich seit 10 Jahren als ehemaliger Berufsoffizier mit der steigenden Komplexität und Fragilität lebenswichtiger Infrastrukturen und betreibt dazu einen umfangreichen Fachblog

 

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Leserpost

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Petra Wilhelmi / 30.07.2021

Freuen wir uns also alle, wenn die Kohlekraftwerke abgeschaltet sind und wir alle alles elektrisch machen sollen in Verbund mit Sonne und Wind, auf heimelige dunkle Winterabende bei Kerzenlicht. Legen wir uns am besten einen kleinen Nahrungsmittelvorrat an, damit wir wenigstens kalte Büchsensuppen essen können. Hoppla, gehöre ich jetzt etwa zu den neurechten, braunen, nazistischen, Preppern, die unsere Gesellschaft in den bösartigen Nationalismus führen wollen? Sarkasmus aus.

Fridolin Kiesewetter / 30.07.2021

Kann so schlimm nicht gewesen sein. Ich war gerade auf der Seite der Verbands deutsche Ingenieure und habe, selbst in der Kategorie “Energie”, nichts, aber auch gar nichts darüber gelesen. Da steht stattdessen viel Hoffnungsfrohes über effiziente neue Batterien und Solarzellen. Ein Artikel befaßt sich mit Fraunhofer-“Forschenden”, die sich über die Sicherheit des Stromnetzes Gedanken machen. Auch darin kein Wort über die Großstörung. Schließlich hat die Autorin Kulturgeschichte studiert, na, die muß es doch wissen; also alles supi.

Stefan Zorn / 30.07.2021

Das Netz ist doch ein großer Speicher… Wählt im September Pippi Langstrumpf und alles wird gut!

Sonja Bauch / 30.07.2021

Herr Söder will jetzt auch vor 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. Ich kann ihm nur empfehlen, einmal einen Blick in das Lehrbuch des Rechenmeisters Adam Ries “Rechnung auff der Linihen und Federn” zu werfen, damit er aurechnen kann, wieviele Windräder er aufstellen muss, um, wenn Ende 2022 Bayerns letztes Atomkraftwerk Isar 2 vom Netz geht und jährlich elf Milliarden Kilowattstunden Strom fehlen, nicht in tiefer Dunkelheit zu versinken.

Walter Weimar / 30.07.2021

Ach was, wenn erst alle Elektroautos fahren, die überbrücken dann den fehlenden Strom an der Ladestation für ein halbes Jahr. Sie glauben mir nicht? Fragen Sie den nächsten erreichbaren Grünen oder einen CDU-Physiker ihres Vertrauen.

Raphael Schmid / 30.07.2021

Nun, die Ursachen sind offensichtlich: ohne Klimawandel keinen Flächenbrand, ohne Flächenbrand keinen Einsatz der Löschflugzeuge, ohne Löschflugzeuge keinen Kurzschluss. Klimawandel und Flugzeuge sind schuld daran! Also macht alle mit: „Wer nicht hüpft, der ist für Kohle…!“

Gerhard Umlandt / 30.07.2021

Teil 2: Das ist kein besonders grosser Aufwand. Was das bedeutet, kann zumindest jeder Insider abschätzen. Der Roman “Blackout” ist also reinste Desinformation und soll sozusagen potentielle Täter abschrecken mit der Message, künstlich einen Blackout auszulösen, wäre viel zu kompliziert, da muss man studiert haben, über Spezialkenntnisse verfügen usw. Alles Blödsinn! Um potentielle Atom-Terroristen abzuschrecken, gibt es genauso dümmliche Propagandamachwerke, Videos, des amerikanischen Geheimdienstes, in denen die Falschinformation verbreitet wird, die Strahlung einer Atombombe könne man ganz leicht detektieren und an allen Verkehrsknotenpunkten und in Verladehäfen wären Geigerzähler installiert, so dass man eine Atombombe gar nicht illegal transportieren könne. Totaler Mumpitz! Abgesehen davon, dass man eine `illegale´ Atombombe (gibt es überhaupt “legale”?) ja nicht über Verkehrsknotenpunkte und Verladehäfen laufen lassen müsste, ist es eine glatte Lüge, dass die Strahlung einer Atombome (einer noch nicht explodierten, ist gemeint) mit einem Geigerzähler (oder einem Szintillationszähler) messen könnte! Die Spaltmaterialien Uran-235 und Plutonium-239 sind sog. alpha-Strahler. alpha-Strahlung wird bereits mit einem Blatt Papier abgeschirmt, um so mehr durch den Stahlcontainer der Atombombe! Und überdies dringt alpha-Strahlung auch in freier Luft nur ca. 5 bis 8 Zentimeter weit (je nach Energie). Wer Insider ist, weiss, wie dümmlich gelogen wird. Und was die Blackout-Gefahr betrifft, so läuft es hier noch schlimmer, denn die Politik der IDIOTEN steuert durch immer mehr Rückbau der stromerzeugenden Werke ja geradezu VORSÄTZLICH auf einen Blackout zu! Aber wie gesagt, dann sind wir wenigstens von diesem Dreck erlöst.

Gerhard Umlandt / 30.07.2021

Teil 1: Wie sehr der Politik der Arsch geht, sieht man schon daran, dass man nun bereits das Wort “Blackout” zu vermeiden versucht und von “Grossstörung” spricht! Die Folgen eines länger dauernden Blackout werden verheerend sein. Ich darf in aller Bescheidenheit anmerken, dass ich der Erste war, der in 2006 diese Folgen - einschliesslich Bürgerkrieg - erstmals umfassend(!) im Internet beschrieben hat. Zitat aus dem Artikel: “Gleichzeitig wissen wir, dass sich rund zwei Drittel der Bevölkerung spätestens nach einer Woche nicht mehr in der Lage sieht, sich selbst ausreichend versorgen zu können.” WAS BÜRGERKRIEG BEDEUTET! Kampf um das Fressen! Bis hin zu Kannibalismus nach Flugzeugabsturz in den Anden in den 70er Jahren. Aber es gibt nicht nur schlimme Folgen, sondern auch sehr gute! Diese CORONA-DRECKSAU-POLITIK wird weg sein! Und zwar ein für allemal! Und wenn sich einer von diesem ABSCHAUM im Bürgerkrieg noch blicken lässt, wird er AUF DER STELLE GELYNCHT! Es gibt noch was, was immer keiner hören will, aber trotzdem eine SEHR REALE GEFAHR ist! Ein Blackout muss gar nicht als Betriebsunfall erfolgen, sondern kann extra und vorsätzlich verursacht sein! Sogar Marc Elsberg (= Künstlername) geht in seinem Roman “Blackout” ja davon aus, dass kriminelle, intelligente “Hacker” diesen Blackout verursachen, die sich Zugang zu Steuerungssoftware verschaffen. Ich gehe davon aus - wieder unkonventionell - , dass diese Idee eine vom Geheimdienst inspirierte DESINFORMATIONSIDEE(!) ist, denn es bedarf überhaupt keiner “intelligenten Hacker” mit “Zugang zu interner Steuerungssoftware”! Ein paar Drahtseile auf Hochspannungsleitungen geworfen genügen! Es gibt ja im vorliegenden Artikel ein Äuivalent dafür: ein Löschflugzeug verursachte einen Kurzschluss. Wenn wirklich “Terroristen” einen Blackout verursachen wollen, werden sie nicht nur 1 Stahlseil an 1 Stelle auf Hochspannungsleitungen werfen sondern an hunderten, vielleicht tausenden Stellen!

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