Vier Strafanzeigen waren gegen eine Familienrichterin am Amtsgericht (AG) Weilheim gestellt worden, doch die Staatsanwaltschaft (StA) München II hat die Vorermittlungen gegen die Richterin nun eingestellt, meldet lto.de. Die Frau hatte bekanntlich im Wege der einstweiligen Anordnung im April u.a. entschieden, dass ein Schulleiter und seine Stellvertreterin gegenüber einer Realschülerin nicht anordnen dürften, auf dem Schulgelände eine Maske zu tragen (Beschl. v. 13.04.2021, Az. 2 F 192/21). Diese Entscheidung hatte zusammen mit einer Entscheidung eines Familienrichters am Amtsgericht Weimar für bundesweite Aufmerksamkeit gesorgt. Gegen den Richter und die Richterin seien in der Folge Strafanzeigen wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gestellt worden.
Die Familienrichterin aus Weilheim habe sich in ihrer Entscheidung auf eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls im Sinne des § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bezogen. Auf rund 30 Seiten habe sie ihre Entscheidung – und auch ihre Zuständigkeit als Familienrichterin in dieser Frage – begründet. Insbesondere die Zuständigkeit der Familiengerichte hätte in Juristenkreisen schon aus rein formellen Gründen für erhebliche Diskussionen gesorgt.
Die Familiengerichte seien zwar die richtige Adresse, auch gegenüber Dritten Maßnahmen anzuordnen, wenn das Kindeswohl gefährdet sei. Maßnahmen einer Schule, die aufgrund von Verordnungen ergingen, seien allerdings Hoheitsakte, für die wiederum die Verwaltungsgerichte (VG) zuständig seien.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe aufgrund einer Vorlage des Verwaltungsgerichts Münster inzwischen entschieden (Beschl. v. 16.06.2021, Az. 6 AV 1.21 u.a.), dass in den Fällen, in denen ein Kindeswohlverfahren angeregt werde, das Familiengericht eine Entscheidung treffen müsse, auch wenn die kritisierte Maßnahme eine hoheitliche sei. Denn über Maßnahmen gemäß § 1666 BGB würde das Familiengericht selbständig von Amts wegen entscheiden. An die Verwaltungsgerichte verweisen dürften sie nach Ansicht des BVerwG damit nicht. Sie könnten allenfalls gar kein Verfahren eröffnen oder ein bereits eröffnetes Verfahren einstellen.
Die Familienrichterin aus Weilheim hätte nach dieser inzwischen ergangenen Rechtsprechung zwar eine falsche Entscheidung getroffen, einen Anfangsverdacht der Rechtsbeugung habe die Staatsanwaltschaft dennoch nicht gesehen. "Die Frage, ob eine Entscheidung falsch ist, ist nicht entscheidend", habe ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München II auf Anfrage von lto.de gesagt und erklärt: "Die Richterin hat ihre Zuständigkeit in dem Beschluss thematisiert und sie festgestellt. Sie hat sich also nicht vom Recht entfernt, wie es für einen Anfangsverdacht zum Vorliegen einer Rechtsbeugung gem. § 339 Strafgesetzbuch erforderlich wäre".
Die strafrechtlichen Vorermittlungen seien damit erledigt. Der Beschluss aus Weilheim selbst allerdings noch nicht. Die Entscheidung war ohne mündliche Verhandlung ergangen. Die mündliche Verhandlung sei nun bereits terminiert. Wie die Richterin dann entscheide, stehe ihr frei. Sie könne ihre Entscheidung aufheben, modifizieren oder aufrechterhalten.