Anfang dieser Woche überschritt die in eine Massenpetition umgewandelte „Erklärung 2018“ gegen die illegale Masseneinwanderung die Marke von 110.000 Unterschriften. Das ist eine beachtliche Größe, vor allem gemessen daran, dass die Tagesschau vom 2. April in ihrem Aufmacherbeitrag „mehr als 10 000“ Demonstranten bei allen Ostermarschveranstaltungen zusammen meldete. Wer sind die Unterzeichner der Erklärung, in denen der frühere Deutschlandradio-Journalist Ernst Elitz ein „Getümmel wutschnaubender Bürger“ erkennt?
Eine Statistik gibt darüber zwar keinen perfekten, aber immerhin einen guten Aufschluss. Nicht perfekt deshalb, weil es bei der Benennung des Berufs keine einheitlichen Kategorien gab und gibt. Jemand kann sich also allgemein als Angestellter bezeichnen, oder genauer als kaufmännischer Angestellter oder Controller, allgemein als Arbeiter oder spezifisch als Maurer oder Mechatroniker. Viele geben Ingenieur als Beruf an, aber manche bezeichnen auch genauer: Elektroingenieur, Bauingenieur oder andere.
Trotzdem lässt sich grundsätzlich sagen, wie sich die mehr als 100.000 Unterstützer sozial verteilen. Der übergroße Teil – etwa 85 Prozent – steht im Berufsleben. Nur etwa 15 Prozent entfallen auf Rentner und Rentnerinnen, Pensionäre, Ruheständler, Studenten, Arbeitslose und Schüler.
Unter den Berufstätigen treten drei größere Gruppen in Erscheinung: erstens ein Cluster von Unternehmern, Selbstständigen, Kaufleuten, leitenden Angestellten, Ingenieuren und Angehörigen anderer technischer Berufe. Zweitens Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Und drittens – als Teilnehmer politischer Vorgänge mittlerweile fast vergessen beziehungsweise von Medien und Parteien ignoriert – Arbeiter.
Die größte spezifische Berufsgruppe in der Liste der Unterstützer stellen die Ingenieure mit 1.934. Zu dem technisch-unternehmerischen Cluster gehören außerdem 1.142 Unternehmer, 1.414 männliche und weibliche Kaufleute und kaufmännische Angestellte, 707 Geschäftsführer, 462 Informatiker, 308 Unternehmensberater, 216 Softwareentwickler, 128 Manager, 125 Programmierer, 111 Bauleiter.
In der Gruppe der öffentlichen Bediensteten dominieren Lehrer und Lehrerinnen (1.313), dazu kommen 892 Beamtinnen und Beamte, 348 Polizisten, 182 Verwaltungsangestellte, 120 Soldaten und 22 Offiziere.
Ganz allgemein als ‚Arbeiter’ bezeichnen sich 518; unter den Angehörigen gewerblicher Berufe finden sich auch 375 Kraftfahrer, 284 Schlosser, 272 Elektriker, 222 Industriemechaniker, 157 Monteure, 120 Lokführer, 117 Elektroniker und noch sehr viele andere Berufsbezeichnungen mit geringerer Häufigkeit.
Hier die Liste der 50 häufigsten Berufsnennungen auf der Unterschriftenliste, Stand Samstag, 7. April 2018:
Angestellter 2.255
Selbstständig 1.740
Ingenieur 1.249
Angestellte 1.239
Hausfrau 1.157
Unternehmer 1.142
Selbständig 1.131
Kaufmann 1.095
Arzt 966
Student 925
Pensionär 906
Beamter 825
Techniker 720
Geschäftsführer 707
Lehrer 694
Lehrerin 561
Krankenschwester 535
Rechtsanwalt 523
Arbeiter 518
Informatiker 462
Bauingenieur 386
Kraftfahrer 375
Dipl.-Ing. 373
Bürokauffrau 371
Zahnarzt 359
Schüler 345
Verkäuferin 329
Sekretärin 325
Unternehmensberater 308
Erzieherin 307
Betriebswirt 302
Ärztin 290
Schlosser 284
Elektriker 272
Polizeibeamter 265
Physiker 260
Kauffrau 257
Handwerker 253
Architekt 251
Journalist 247
Berufskraftfahrer 236
Sachbearbeiter 229
Industriemechaniker 222
Sachbearbeiterin 222
Softwareentwickler 216
Privatier 215
Freiberufler 210
Jurist 208
Chemiker 204
Insgesamt stellen die mehr als 110.000 Unterzeichner eine Mischung dar, auf die jede Volkspartei stolz wäre. Das wird die einschlägigen Bessermeiner nicht davon abhalten, weiter mit Begriffsstanzen wie „Abgehängte“ vor sich hin zu spinnen, oder „Trolle und Grollende“ zu entdecken, die mit ihren „Bricolage-Biografien“ aus ihren „verstreuten Nischen“ beziehungsweise „zerfallenden Milieus“ ans Licht kämen, wie es kürzlich aus einer Tagesspiegel-Journalistin über die Unterzeichner der „Erklärung 2018“ in einer Weise herausstrudelte, dass man sich fragt, ob das notleidende Blatt aus Berlin jetzt auf Roboterjournalismus setzt.
Der Punkt ist nur: Wer hört diesen Volkserziehern eigentlich zu, denen das Leser- , Wähler- und sonstige Volk wegläuft? Wenn es in Deutschland des Frühjahrs 2018 ein rapide zerfallendes Milieu gibt, dann ist es das der politisch Korrekten. Praktisch alles, was sie bisher als Abwehrtexte gegen die „Erklärung 2018“ zustande gebracht hatten, fällt unter die Rubrik: therapeutisches Selbstgespräch. Die Forderungen der „Erklärung 2018” werden demnächst den Petitionsausschuss des Bundestages beschäftigen.
Dieser Beitrag erschien auch in Alexander Wendts Magazin Publico.