Chaim Noll / 11.05.2022 / 12:00 / 87 / Seite ausdrucken

„Erkennbar jüdische Personen“ von Lufthansa-Flug ausgeschlossen

Nach einem Streit einiger Passagiere um das Tragen einer Maske hat die Lufthansa sämtliche Reisende, die durch Hut und Schläfenlocken als Juden zu erkennen gewesen waren, von der weiteren Beförderung ausgeschlossen. Deutsche Juden-Selektion 2022.

Wie deutsche Medien mit einiger Verspätung berichten, hat die Lufthansa am 4. Mai 2022 in Frankfurt am Main alle als Juden erkennbaren Fluggäste in einer Art Selektion vom Weiterflug ausgeschlossen – weil sich ein aus New York kommendes jüdisches Paar geweigert hatte, Corona-Masken zu tragen. Der Vorfall sorgt in israelischen Medien schon einige Tage für Aufregung, und ich war gespannt, ob man in Deutschland überhaupt darüber berichten würde.

Das ist nun, eine Woche später, geschehen. „Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb unter Berufung auf einen Passagier der Lufthansa-Maschine aus New York“, so Spiegel Online, „es seien alle Reisenden, die durch Hut und Schläfenlocken als Juden zu erkennen gewesen seien, von der weiteren Beförderung ausgeschlossen worden – und nicht gezielt die Passagiere, die sich falsch verhalten hätten.“

Ich trage keinen Hut und keine Schläfenlocken, aber immerhin meist eine „gehäkelte Kipa“ (hebräisch kipah srugah), wie sie hier in Israel viele tragen, und nun beschäftigt mich die Frage: Wäre auch ich von den Lufthansa-Angestellten als Jude erkannt und aussortiert worden? Und dann wüsste ich gern, wer die Verantwortlichen waren. Vermutlich jüngere Deutsche, die ihre ganze Schulzeit hindurch in nervtötender Weise mit der „deutschen Schuld“ konfrontiert wurden – was offenbar gegenteilige Wirkung hatte. Medizinisch nennt man das „Paradoxe Reaktion“. Deshalb hoffe ich auf detailliertere Information durch die Lufthansa, die eine „Untersuchung des Vorfalls“ versprochen hat.

Wer waren die für die Juden-Selektion Verantwortlichen? Nein, ihre Namen möchte ich nicht erfahren, ich hege auch keinen persönlichen Groll gegen sie, aber ich wüsste gern, wie alt sie sind, von welchem Hintergrund, gegebenenfalls auch, welcher Nationalität. Das könnte Aufschluss geben über die Zustände bei der Lufthansa. Und im deutschen Bildungssystem. Wo es offenbar nicht gelungen ist, trotz aller Schuldbekundungen und Holocaust-Gedenkfeiern, bei jungen Deutschen einen entspannten Umgang mit lebenden Juden entstehen zu lassen.

Und dann muss man bei einem Flug aus New York fürchten, dass sich noch andere Juden an Bord befanden, solche, die nicht „als Juden erkennbar“ waren. Es gibt Juden ohne Kipa, blonde Juden, blauäugige, geradezu „arisch“ aussehende Exemplare. Und es ist ungerecht, nur einige Juden zu bestrafen und andere ungeschoren zu lassen. Sollte man vielleicht, um den Lufthansa-Angestellten die Selektion zu erleichtern, wieder für alle Juden äußere Kennzeichen einführen, wie den Judenstern, den gelben Fleck oder den spitzen Hut?

Foto: Sichtplatz.de/Achgut.tv

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lutzgerke / 11.05.2022

Spiegel und TAZ. So leid mir das tut, aber ich glaube, Sie leben auch in einer Blase. Israel ist just von der Pharma-Industrie überrollt worden. Da ist mir was aufgestossen. Legen Sie die Maßstäbe, die Sie ständig für uns geltend machen, zur Abwechslung mal in Israel an?  

T. Schneegaß / 11.05.2022

@Christian Müller: Mir schrieb hier ein eifriger Gläubiger an die FDGO, ich könnte deren Anwesenheit schon daran erkennen, dass ich aufgrund meiner Kommentare nicht ausgepeitscht oder bei lebendigen Leib verbrannt werde. Das hat mich überzeugt.

Dirk Jungnickel / 11.05.2022

Lieber Chaim Noll, halten zu Gnaden, aber die Schilderung des - wahrscheinlich - Unvorstellbaren ist nicht präzise genug. Handelte es sich um einen Zwischenstopp in Frankfurt und einen Aufenthalt im Transit - Bereich ?  Haben sich die jüdischen Bürger womöglich lautstarkt für die beiden Unmaskierten engagiert ? Ist die Flughafenpolizei eingeschaltet worden ?  War die idiotische Maskenpflicht auf dem Flug von den USA nach Frankfurt aufgehoben ? Fragen über Fragen ....

Wilfried Grün / 11.05.2022

Nun ich fürchte wir hören nur die Hälfte der Geschichte. Denn so ist die Erzählung um den irren Maskenwahn nicht rund. Was plausibel sein könnte würde möglicherweise die Gefühle von dem einen oder anderen tangieren,  wie ja auch die Diskriminierung Ungeschlumpfter zu kritisieren mit einem Symbol nicht unproblematisch gewesen.

Carl Toellner / 11.05.2022

Na ja, der Autor verschweigt hier den wahren Grund. Die Personengruppe durfte am Flug nicht teilnehmen, weil sie sich strikt geweigert hatten Masken zu tragen. Das Lufthansapersonal ist dazu Verpflichtet auf die Einhaltung dieser Maßnahme zu achten, ob man das jetzt gut oder schlecht findet. Daraus jetzt eine antisemitische Selektionsgeschichte zu konstruieren finde ich unappetitlich.

Ulrich Schellbach / 11.05.2022

@Jochen Grünhagen: “Dieses sollte grundsätzlich Pflicht sein für alle Schüler in Deutschland, wenn sie eine bestimmte geistige Reife erlangt haben.”... - Speziell bei der “Grünen Jugend” oder den “Jusos” dürfte dieses Ereignis, wenn überhaupt, frühestens so Mitte bis Ende Dreißig eintreten und selbst dann ist mit bösen Überraschungen zu rechnen. Was erwarten Sie denn? Ich möchte nur an den “Verschissmus”-Kranz der SPD Mülheim zum Volkstrauertag 2019 erinnern: “‘Verschiedene Menschen hätten es sehen können, aber leider fiel es niemandem auf’, sagte SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff.”, so berichtete damals ntv. Kann eine geistige Höherentwicklung von jenen erhofft oder gar verlangt werden, die sich ohnehin, quasi von Geburt an, für moralisch und geistig überlegen halten und mit ihrem dumpfen Kokolores unbedingt den Rest der Menschheit erziehen und beglücken wollen?

Eberhardt Feldhahn / 11.05.2022

„Ein Fall für Faeser“! Galoppierender Antisemitismus/Neofaschismus an Bord einer Deutsche Lufthansa Maschine? Der Name muss sofort geändert, das Flugpersonal entlassen, durch Lauterbachs Ministerium erlassene Regeln negierend, die Geschichte neu geschrieben werden und um ein Zeichen zu setzen wird der Flugverkehr über Deutschland eingestellt. Ebenfalls eingestellt wird nur noch fluguntaugliches Personül und die Flug- zu Schülerlotsen umgeschult, nachdem ein milliardenschweres Sondervermögen für den Kampf gegen rechtsdrehenden Joghurt aufgelegt wurde. Superfaeser, bitte schreiten sie zur Tat.

Nils Holgersson / 11.05.2022

(Fortsetzung) Ohne also die Masken-Regeln oder das Verhalten der betreffenden Lufthansa-Mitarbeiter oder einen kollektiven Ausschluss zu rechtfertigen: Wenn augenscheinlich eine bestimmte Gruppe auf einem Flug „nicht duldbaren“ Ärger macht und sich diese Gruppe aufgrund ihres Erscheinungsbildes eingrenzen lässt – das geht auch bei Fussballfans, Rechtsextremen, Linksextremen, Migranten, Junggesellenabschiedsfeiernden, ... –, ist es naheliegend, dieses als Erkennungsmerkmal zu werten. Solches zu tun, ist in Deutschland seit Jahren Gegenstand von Antirassismus-Debatten, z. B. bei „gezielter“ Kontrolle von Migranten durch die Polizei. Solange also kein Indiz dafür vorliegt, dass der Flugausschluss aufgrund von Miss-Stimmung oder Hass gegen Juden erfolgte und bei einer anderen Personengruppe nicht oder nicht so erfolgt wäre, sollte die Antisemitismus-Keule lieber stecken gelassen werden, auch um nicht Tausenden Lufthansa-Mitarbeitern Unrecht zu tun. (Die mir persönlich bekannten Lufthansa-Piloten sind Israelfreunde.) Was tatsächlich warum geschehen ist, wird schon aufgrund der Zusatzkosten sicher gerichtlich aufgearbeitet werden, und dann sieht man weiter. Ironisch könnte man auch das Positive würdigen: Völlig in Übereinstimmung mit der Schrift scheinen Frauen und Kinder verschont worden zu sein (wenngleich auch mangels Hut und Schläfenlocken).

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