Georg Etscheit / 14.10.2020 / 16:00 / Foto: Settembrini34 / 17 / Seite ausdrucken

Erinnerungskultur: Von Germania zu Greta

Neiiin, nicht zur Germania! Wir Schüler des Rheingau-Gymnasiums in Geisenheim waren uns einig: Das Niederwalddenkmal ist doof. Nicht etwa, weil wir den allegorischen Chauvinismus der wilhelminischen Monumentalstatue hoch über dem Rhein bei Rüdesheim abgelehnt hätten. Der war uns damals gar nicht bewusst. Nein, wir hatten einfach keine Lust auf immer den gleichen Schulausflug, den unsere Lehrer bevorzugten, weil sie dann, zumeist wohnhaft in Rüdesheim oder Geisenheim, schnell wieder zu Hause waren. 

Durchsetzen konnten wir uns meist nicht. Dann ging’s also wieder einmal hinauf zur bronzenen Dame mit der Kaiserkrone als Symbol der Reichsgründung 1870/71 in der hochgereckten rechten Hand, einem gesenkten Schwert in der linken. Etwas gouvernantenhaft kam sie uns vor. Manchmal versuchten wir, die Strophen jenes Liedes zu entziffern, das neben einem Kaiser-Wilhelm-Relief den Denkmalsockel ziert: „Es braust ein Ruf wie Donnerhall, wie Schwertgeklirr und Wogenprall, zum Rhein, zum Rhein, dem deutschen Rhein! Wer will des Stromes Hüter sein?“ Wir wunderten uns damals, dass sich der meist friedlich vor sich hin strömende Fluss zu so etwas wie „Wogenprall“ aufschwingen könne. Aber das hatten wir wohl nicht ganz verstanden.   

Das schönste am ungeliebten Ausflug zu ihr, der Germania, war die Fahrt mit der Gondelbahn, die uns über die Weinberge hinweg hinauftrug zum Niederwald. Dann rannte man ein paarmal um sie herum und genoss zumindest die Aussicht auf den Rheingau, wo sich Deutschlands Schicksalsstrom, breit wie ein See, vor dem Durchbruch durchs rheinische Schiefergebirge aufgestaut hat. Diese geologische Besonderheit, wie die Tatsache, dass der Rhein hier in Ost-West-Richtung strömt und die Flanken des Rheingaugebirges somit prall gen Süden ausgerichtet sind, hat diese Region zu einem bedeutenden Weinbaugebiet gemacht.

Die Dame sich mit dem eigenen Schwert erdolchen lassen

Sollte der Wandertag etwas länger dauern, marschierte man gemeinsam über Jagdschloss Niederwald nach Assmannshausen, wo man mit einem altertümlichen Sessellift zu Tal fuhr, um dann an Bord eines Schiffes nach Rüdesheim zurückzukehren. Manchmal wurde oben ein Klassenfoto geschossen, auf dem man die Germania gar nicht erkennen konnte, sondern nur ihren Sockel. Angeblich ist das Niederwalddenkmal nach dem Kölner Dom und vor Schloss Neuschwanstein das populärste Touristenziel Deutschlands. Für Rüdesheim in Corona-Zeiten ein wahrer Segen, weil die enge Drosselgasse, wo die Touristen dicht an dicht Wein, Weib und Gesang frönten, derzeit nicht so angesagt ist.

Ich wundere mich, dass in diesen Tagen eines neuen Bildersturms noch niemand auf die Idee gekommen ist, unsere Germania abzureißen. Oder wenigstens künstlerisch zu „intervenieren“, ihr den Kopf abzuhauen und ihn neben dem Sockel auf den Boden zu stellen, als Beweis dafür, dass man sich die nationalistische Botschaft des Denkmals in Zeiten von Open borders und Geflüchtetenromantik garantiert nicht mehr zu eigen mache. So wie man in Hamburg gerade darüber nachsinnt, wie man „die Wucht“ des weltweit größten Bismarck-Denkmals im Alten Elbpark, das gerade für etliche Millionen saniert wird, auf geeignete Weise „brechen“ könne. Der evangelische Pastor und „Gedenkkultur-Experte“ Ulrich Hentschel schlug vor, den eisernen Kanzler aus Granit zu köpfen und sein Haupt auf die steinerne Nachbildung jenes Pferdewagens zu legen, mit dem man den Kopf dereinst zum Sockel transportiert hatte. Eine posthume Demütigung für den Urheber des Kulturkampfes und deutscher Kolonialverbrechen.

Im Falle der Germania könnte man sich die Dame auch mit dem eigenen Schwert erdolchen lassen. Oder ihre Kaiserkrone anstelle des Lorbeers mit Stacheldraht umkränzen. Oder sie mit einer blutroten Corona-Maske verzieren und auf alle Zeit so der Lächerlichkeit preisgeben. In jedem Fall ein Paradies für minderbeschäftigte und minderbegabte Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt. In Hamburg wird die nicht enden wollende Bewältigung immer fernerer Vergangenheiten wohl auf einen Pavillon hinauslaufen, in dem Museumspädagogen ein reiches Betätigungsfeld fänden bei dem Versuch, deutsche Nationalgeschichte auf eine Kette von Verbrechen und Verfehlungen herunterzubrechen, damit auch der letzte jener Schülerinnen und Schüler, deren rudimentäre historische Kenntnis spätestens 1933 enden, kapiert, dass es – frei nach Robert Habeck, dem grünen Kanzler in spe – scheiße ist, Deutscher zu sein. 

Für die Hexenverfolgungen im 17. Jahrhundert entschuldigt

Zum Glück handelt es sich bei Germania augenscheinlich um eine Frau. Deswegen dürften bei ihr die Forderungen genderistischer Kulturanthropologinnen wie einer gewissen Lisa Hrubesch, die mit einer Kunstaktion in Nürnberg den Blick auf die „Unverhältnismäßigkeit der Geschlechter in der öffentlichen Erinnerungslandschaft“ zu richten gedenkt, einstweilen ins Leere laufen. Dabei kam Hrubesch allerdings die katholische Diözese Eichstätt zuvor, die sich – spät aber nicht zu spät – für die Hexenverfolgungen im frühen 17. Jahrhundert entschuldigt hat. „Beschämt stehen wir vor der Schuld, die Verantwortliche der Diözese auf sich geladen haben“, ist seit kurzem auf einer Gedenktafel für 250 ermordete Frauen am Eichstätter Dom zu lesen. 

Zum Glück ist an denkmalfähiger Weiblichkeit kein Mangel mehr. Längst reif für die „mächtigste und repräsentativste Form der Würdigung“ (Hrubesch) ist Greta Thunberg, die Jeanne d’Arc der Klimaschutzbewegung. Man müsste ja nicht gleich Germania in Greta umschmelzen. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, dass ein Ruf wie Donnerhall durchs Land braust und im Klimanotstand befindliche Kommunen Straßen und Plätze nach der Schwedin benennen, Gedenktafeln aufhängen („In diesem Haus wohnte Greta Thunberg anlässlich der FFF-Demonstration am 29. September 2019“) oder Büsten und Statuen enthüllen.

Doch der nächste Bildersturm kommt bestimmt. Vielleicht prangen irgendwann auch an Gretas Monumenten erklärende Hinweistafeln und zeugen davon, dass nichts so vergänglich ist wie der Ruhm der Welt: „Greta Thunberg, sogenannte Klimaaktivistin, Mitgründerin der Fridays for Future-Bewegung. 2028 vom Vatikan heilig gesprochen. Gilt als mitverantwortlich für den wirtschaftlichen Niedergang Europas und die darauf folgenden bürgerkriegsähnlichen Wirren in den 2040er Jahren.“

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Frances Johnson / 14.10.2020

Man kann ihr ja einen Hosenanzug geben und Greta daneben stellen, dann passt das schon.

Jörg Themlitz / 14.10.2020

Närrinnenhände beschmieren Denkmäler und Wände. ...und wenn, dann richtig. Also Pyramiden sprengen, Akropolis wegbomben, Koloseum in Rom planieren (alles Sklavenhalter) Grußadresse an IS für die Zerstörung Palmyras, Notre Dame niederbrennen wegen Diktator Napoleon. Grußadresse an die Nazis, die diverse eigene Bauten gleich selbst gesprengt haben. Das ist doch mal eine Idee. Jede Zeit muss so viel woman power zurücklegen, um am Ende die eigenen Denkmäler zu schleifen. Zwischen Eichwalde und Zeuthen steht inmitten der Friedensstraße eine Eiche. Die hieß mal Eiche, dann Kaiser Eiche, dann Adolf Hitler Eiche. Seit der DDR heißt die Friedenseiche. Die Eiche scheint ein typischer Wendehals zu sein. also -> Parkett; Oder beim sich abzeichnenden Machtwechsel, Umbenennung in Karl Eduard von Schnitzler Eiche. Welcher nur wenige Meter von der Eiche entfernt in der Friedensstraße wohnte.

Wilfried Cremer / 14.10.2020

Da wäre aber eher die Walhalla ein Kandidat, wo man mit einem Streich, wie das tapfere Schneiderlein, mehrere Unfiguren erledigen könnte.

Hannes Krautner / 14.10.2020

Ihre Vorhersage : ... den wirtschaftlichen Niedergang Europas und die darauf folgenden bürgerkriegsähnlichen Wirren in den 2040er Jahren.“ Das sehr ich seit geraumer Zeit ebenso. Dann (in den 2040er-Jahren) sind die Mädels und Buben, die heute so engagiert mit FFF rumspringen (und freiwillig auf Schulbildung verzichten), bezüglich ihres Lebensalters in ihren besten Jahren - und alles ist kaputt und sie schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein, weil es ums eigene Überleben geht. Sie sind mit Schuld an ihrem eigenen Elend. Sie haben sich verführen lassen und sind blind ihren (Ver)Führern gefolgt. Ja, vielleicht können Sie nichts dafür: Man schaue sich nur Ihr Elternhaus und die Lehrer in den Schulen an.

D. Schmidt / 14.10.2020

Die Greta wird eines Tages als des Teufelsweib bezeichnet werden. Nur Idioten dackeln einem kranken Teenager hinterher. Leider ist Deutschland schon so verblödet das es eine Weile dauert bis man zu der Erkenntnis kommt. Im Ernst! Ich wiederhole: Nur Idioten laufen der Greta hinterher. Glaubt ihr heute noch nicht? Abwarten. Alles wird sich richten. Früher oder später. Bis dahin zahlen wir Idioten kräftig CO2 Steuern…....Hahahahaha. Man sind wir blöd….. ähh…. also nicht wir, die anderen meine ich.

Harald Unger / 14.10.2020

Chaim Noll / 07.09.2016: > Max Weber nannte eine auf Sklavendienst basierende Herrschaftsform folglich “Sultanismus”: “Im Sultanismus rekrutiert der Herrscher seinen Stab aus Ausländern und Sklaven. Weil diese in der Gesellschaft, die zu regieren sie helfen, wenig Rückhalt haben, sind sie auf die Gnade ihres Herrn angewiesen. Deshalb sind Ausländer und Sklaven die besten Werkzeuge für Willkürherrschaft.“ - - -  Im Jahr 2010 hat die EU Kommission beschlossen, daß zu den ca. 500 Millionen Einwohnern der EU noch weitere 3,2 Milliarden (gemeint sind Milliarden) Neuzuzüge aus den islamischen und afrikanischen Staaten nach Europa umgesiedelt werden sollen. Ich hatte das Strategiepapier, wo man das nachlesen kann, bereits wenigstens 10 mal hier eingestellt. - - - Um die Schlagzahl hochzuhalten, hat die EU nun beschlossen, den ‘Familiennachzug’ auf Zuruf zu erweitern. - - - 20 Jahre brauchts also nicht mehr, bis die Machthaber und Finanziers des Globalismus, ihren Hauptfeind, die Bürgergesellschaften Westeuropas, in die angestrebten “bürgerkriegsähnlichen Wirren” gestürzt haben.

Rolf Mainz / 14.10.2020

Keine Bange, schon in wenigen Jahren wird es in Deutschland gar keine “weiblichen” Denkmale mehr geben, selbst weder für Germania noch für Greta Thunberg. Und die Inschriften werden auch nicht mehr in deutscher Sprache verfasst sein. Die “bürgerkriegsähnlichen Wirren” werden sich allerdings zuvor einstellen, nach kurzer Zeit jedoch bereits verebben. Und der Vatikan wird seine ehemals reichste Filiale endgültig verloren haben.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Georg Etscheit / 22.03.2024 / 06:15 / 124

Ricarda Lang als Dampfwalze – eine Klatsche aus der bayerischen Provinz

Das „Königlich Bayrische Amtsgericht“ war seinerzeit eine launige ZDF-Fernsehserie. Gestern gab es eine Fortsetzung mit der Grünen-Spitze – humorlos und beleidigt. Der vorgebliche Übeltäter war…/ mehr

Georg Etscheit / 17.03.2024 / 14:00 / 19

Cancel Cuisine: Kopfsalat

Auf vielen Speisekarten taucht gerade ein „ganz besonderes Gericht“: ein Salatkopf im Ganzen, nur mit etwas Dressing verfeinert. Für mich ist ein roh servierter Salat kein Gericht, allenfalls…/ mehr

Georg Etscheit / 10.03.2024 / 12:00 / 29

Cancel Cuisine: Fleischersatz von Bill Gates

Bill Gates investiert Millionen und Milliarden Dollar in Dinge, die ihm wichtig erscheinen. Zum Beispiel in die Landwirtschaft. Und in Fleisch aus dem Drucker. „Ich denke,…/ mehr

Georg Etscheit / 09.03.2024 / 06:15 / 111

Der heimatlose Stammkunde

Der Niedergang der Fachgeschäfte zwingt den Kunden, von Pontius zu Pilatus zu laufen oder selbst zu suchen und dann im Internet zu bestellen. Unlängst hat in…/ mehr

Georg Etscheit / 03.03.2024 / 12:00 / 7

Cancel Cuisine: Spaghetti alle vongole

Ein Abend Italienurlaub lässt sich auch in der heimischen Küche mit Pasta und Venusmuscheln simulieren. Hier steht, wie's geht. Was wäre die Welt ohne Katastrophenszenarien? Klimawandel,…/ mehr

Georg Etscheit / 25.02.2024 / 12:00 / 19

Cancel Cuisine: Über Profigeräte

In Besserverdiener-Haushalten finden sich immer öfter beeindruckende Apparate – von der Kaffeemaschine bis zum Racletteofen. Ich meine, Profigeräte sollten Profis vorbehalten bleiben. „Soll ich dir einen Espresso…/ mehr

Georg Etscheit / 24.02.2024 / 14:00 / 4

Die Schattenseiten des „sanften“ Wintertourismus

In den niedrigen Lagen Oberbayerns stirbt der Skitourismus aus. Wegen immer weniger Schnee zieht die Ski-Karavane einfach daran vorbei. Doch hat sich die Zahl der…/ mehr

Georg Etscheit / 23.02.2024 / 14:00 / 18

Na bitte: Covid-Aufarbeitung in Ärztefachblatt

"Der Allgemeinarzt" ist mit einer Auflage von 51.000 eines der ärztlichen Journale mit der größten Reichweite. Jetzt hat das Blatt den Mut, einem Kritiker der…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com