Gastautor / 28.09.2013 / 21:26 / 4 / Seite ausdrucken

Ein ungeplanter Menschenversuch mit Gamma-Strahlung

Lutz Niemann

In 2011 hat Frau Merkel die Abschaltung unserer Kernkraftwerke mit deren Restrisiko begründet, das nicht eintreten dürfe. Im Bericht der Ethikkommission heißt es: „der Ausstieg ist nötig und wird empfohlen, um Risiken, die von der Kernkraft in Deutschland ausgehen, in Zukunft auszuschließen. Er ist möglich, weil es risikoärmere Alternativen gibt“ und als Alternativen werden genannt: „Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Wasser, Geothermie, Biomasse“. Die Risiken der Kerntechnik und das Risiko des Ersatzes durch die Energiewende wurden aber nicht zahlenmäßig gegeneinander abgewogen. Eine Gegenüberstellung der Risiken soll hier versucht werden.

Die Kerntechnik hat ein besonderes Risiko, es entsteht durch die Radioaktivität. Allerdings hat es die Kenntnis dieses Risikos mit sich gebracht, daß dieses Risiko seit Anbeginn in den 1950-er Jahren weltweit nur rund 100 Todesfälle verursacht hat, wobei der Unfall von Tschernobyl eingeschlossen ist [1]. Andere für das menschliche Leben notwendige Techniken, z.B. Brücken, Treppen und Leitern, Häuserbau, Talsperren, Straßenverkehr, Flugverkehr, Benutzung von Sprengstoffen haben unvergleichlich viel mehr Todesopfer gefordert.

Die Gefahr durch Radioaktivität wird begründet durch die vollkommen willkürliche Annahme der LNT-Hypothese, daß nämlich jede noch so kleine Dosis eine schädliche Wirkung habe, und zwar unabhängig von der Zeit, in der sie einwirkt (LNT heißt „linear no threshold“). Mit der Wirklichkeit hat diese Annahme nichts zu tun. Es ist im Gegenteil so, daß Strahlung im niedrigen Dosisbereich biopositive Wirkung hat: sie ist anregend für die Lebensvorgänge, sie nützt der Gesundheit. Das Wort Strahlen“schutz“ suggeriert allerdings, daß man sich vor Strahlen grundsätzlich schützen sollte. Es sind jedoch nur sehr hohe Dosen gefährlich, wenn sie in sehr kurzer Zeit einwirken, wie es bei den Explosionen von Hiroshima und Nagasaki der Fall war, oder auch bei den oben erwähnten Todesfällen durch Unfälle. Inzwischen erfordern gesetzliche Vorschriften einen Strahlen“schutz“ auch dann, wenn eine schädliche Wirkung wegen zu kleiner Dosis und Dosisleistung nicht mehr nachweisbar ist. Die Strahlen“schutz“vorschriften sind gut für den Arbeitsplatz der hauptamtlichen Strahlenschützer und für eine gewaltige Industrie, die davon lebt, das ist alles. Schon lange sind den Fachleuten die biopositiven Wirkungen im Bereich von Niedrigdosis und Niedrigdosisleistung bekannt, man hat sogar eine Extrawort dafür: Hormesis. Allerdings redet man nicht darüber. Die hauptamtlichen Strahlenschützer machen die Vorschläge für den Gesetzgeber, das Parlament beschließt, ohne den Durchblick zu haben. So läuft die Sache.

Die biopositiven Wirkungen sind oft schwache Effekte, nicht sicher feststellbar, insbesondere bei kleinen Kollektiven. Es hat sich jetzt ein Ereignis zugetragen, wo der Nachweis überraschend deutlich zutage tritt:

Das Kobalt-60-Ereignis von Taipei in Taiwan [2]

Beim Bau von Gebäuden wurde recycelter Stahl benutzt, der Kobalt-60 enthielt. Die Bauten wurden um 1983 erstellt. Die erhöhte gamma-Strahlung vom Co-60 wurde in 1992 bemerkt und dann durch ein Meßprogramm verfolgt. So gibt es jetzt ein Kollektiv von 10 000 Personen, das über 9 bis 22 Jahre harter gamma-Ganzkörperbestrahlung ausgesetzt war mit einer Dosis und Dosisleistung, wie es sie in der Natur nicht gibt und wie es als Experiment an Menschen weltweit verboten ist. Die Spitzendosis erreichte im ersten Jahr nahezu 1 Sievert, die Durchschnittsdosis über das ganze Kollektiv und über die gesamte Zeit erreichte 400 Millisievert.

Ergebnisstand in 2004:
Es hätte bis dahin unter den Erwachsenen
186 Krebstodesfälle geben müssen.

Nach dem im Strahlenschutz angewandten LNT-Modell hätte es durch Strahlung weitere
56 Krebstodesfälle geben müssen.

Bisher wurden tatsächlich aber nur
5 Krebstodesfälle beobachtet.

Damit wurde an einem Kollektiv von 10 000 Personen überraschend eindrucksvoll das bewiesen, was aus Versuchen mit Zellkulturen, an Tieren, und auch an Menschen seit einem halben Jahrhundert weltweit bekannt ist, aber von der Lehrmeinung im Strahlenschutz gern übergangen wird [3]:
1) Die LNT-Hypothese ist nicht haltbar, ebenso die Folgerung wie das ALARA-Prinzip (so wenig Strahlung wie möglich).
2) Gamma-Strahlung im Niedrigdosisbereich als Langzeitbestrahlung ist nützlich für Lebewesen, es trainiert das körpereigene Abwehrsystem und bekämpft sogar Krebs (Hormesis).

Die Verfasser Chen e.al. von [2] kommen zu folgendem Vorschlag: Die derzeit gebräuchlichen Strahlenschutzmaßnahmen sind ungeeignet und sollten dringend geändert werden. Angst vor Strahlung im Niedrigdosisbereich ist unberechtigt. Sie hat weitreichende Konsequenzen, denn sie blockiert den Bau von Kernkraftwerken. Strahlung im Niedrigdosisbereich ist im Gegenteil sogar nützlich für die Gesundheit von Lebewesen [3]. Mediziner und Strahlenbiologen sind gefragt zur Abwägung zwischen nützlichen und schädlichen Wirkungen von Strahlung.
Natürlich muß das Kollektiv in Taiwan noch lange weiter beobachtet werden. Die Lehren aus diesem Ereignis sollten aber in ähnlicher Weise in die Strahlenschutzmaßnahmen einfließen, wie es beim Kollektiv der Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki geschehen ist.

Deutschland sollte beachten:
Fukushima war ein unfreiwilliger Stresstest an Kernkraftwerken mit baulichen Mängeln, wo trotz dreier Kernschmelzen mit Freisetzung von Radioaktivität kein Mensch einen gesundheitlichen Schaden durch Strahlung erlitt (nachzulesen bei IAEA, UNSCEAR, WHO) – es gibt keinen besseren Beweis für die Güte der international angewandten Reaktorsicherheitsphilosophie. Ebenso war das Co-60-Ereignis von Taiwan ein unfreiwilliger Stresstest an Menschen mit gamma-Langzeitbestrahlung, das in eindrucksvoller Weise die Fehler in der weltweit praktizierten Strahlenschutzphilosophie anzeigt.

Die vollkommen willkürliche Annahme des LNT-Modells ist nicht nur falsch – wie sich in Taiwan zeigte – sie hat darüber hinaus viel Unheil angerichtet, sogar Menschenleben gekostet. Deutschland steigt aus seiner Stromversorgung aus, obwohl Kernenergie KEINE Risikotechnik ist. In über 14 000 Reaktorbetriebsjahren westlicher Reaktoren hat es bisher NULL Todesopfer oder Gesundheitsschädigungen durch Strahlung gegeben, das sollte genug Beweis sein für die Sicherheit. Ohne Strom wird es massive Probleme in der Zukunft geben, vielleicht schon bald. Es ist an der Zeit, daß der Bürger wahrheitsgemäß unterrichtet wird, und zwar nicht nur wie hier in Internetforen engagierter Bürger, sondern auch von Medien, Verbänden, Professoren, Politikern, die in unserem Lande gehört werden. Noch ist es vielleicht nicht zu spät.


Dr. Lutz Niemann ist Physiker und Mitglied des Vereins Bürger für Technik


[1] „Das Märchen von der Asse“, Dr. Hermann Hinsch, 2009, ISBN 978-3-8370-9977-5
[2] “Effects of Cobalt-60 Exposure on Health of Taiwan Residents Suggest New Approach Needed in Radiation Protection”, zu finden unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2477708/  oder in Journal of American Physicians and Surgeons Volume 9 Number 1 Spring 2004
[3] Veröffentlichungen von F. Wachsmann, L. Feinendegen, K. Becker, Calabrese, Mitchel, Henriksen u.v.a.m., zum Beispiel in http://www.mn.uio.no/fysikk/forskning/grupper/biofysikk/Radiation%20and%20Health-2012-3.pdf bzw. http://tinyurl.com/nlsm4wm , Jaworowski http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2889503/  bzw. http://tinyurl.com/pq25xj3 ,  Tagungsbericht in StrahlenschutzPRAXIS Heft 2/2012, Seite 67

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netiquette:

Dr. Lutz Niemann / 30.09.2013

Herr Koop, bei mir hat der Link das erste Mal auch nicht funktioniert, beim zweite Versuch schon. Versuchen Sie es doch auch mal mit http://tinyurl.com/yzzdu9p oder noch besser mit der Arbeit der norwegischen Strahlenbiologen http://tinyurl.com/nlsm4wm . Da steht am Schluß des Buches alles in Kurzform. Viel Erfolg dabei!

Florian Hillen / 29.09.2013

Taiwan war mir bis Dato noch nicht bekannt. Und doch ist mir das meiste schon zu Eigen. Die Frage ist doch eher das Wie. Wie vermitteln wir das? Wie sollen wir da ran gehen? Unsere Zeitgenossen meinen der Strom käme aus der Steckdose. Ich habe an der staatlichen Technikerschule in Weilburg einen Techniker (Verfahrens und Umwelttechnik) gemacht. Wir hatten einen Schulleiter, studierter Sozialwissenschaftler! Während einer Pilgerreise (zu allerlei regenerativen Projekten) nach Tirol konnte ich diesen Schulleiter abends im Halbsuff einmal bearbeiten. Unabhängig von meiner Argumentation betete besagter Schulleiter immer die gleichen Sätze herunter: “Wer Kernkraftwerke betreibe, brauche keine Klärwerke.” Und weiteres von dieser Qualität. Da er schon recht besoffen war, habe ich also allerlei Brechstangenargumentationen angewandt. Doch nichts zu machen. Bombenfest.

Bernd Hönig / 29.09.2013

Es ist immer wieder schön, einen Beitrag zu lesen, der unaufgeregt fachmännisch über tatsächliches Gefahrenpotential radioaktiver Elemente berichtet. Leider ist der Geist der deutschen Öffentlichkeit vergiftet worden vom Hass der Anti-Atom-Bewegung und der fundamentalistischen Ideologie der Grünen, die von Deutschland aus das Klima und die Welt retten wollen, koste es, was wolle. Eine pseudoreligiöse Anmaßung, die auf mangelhaften Erkenntnissen und Spekulation beruht, und über die unsere Enkel nur den Kopf schütteln werden. Ergänzend empfehle ich noch den Vortrag von Galen Winsor aus den 80er Jahren (The Nuclear Scare Scam) auf Youtube. Er, der in der Kerntechnologie der U.S.A. und der Plutoniumherstellung jahrzehntelang an verantwortlicher Stelle beschäftigt war, starb mit 82 Jahren nach einem gesunden Leben, obwohl er ohne Schutzvorkehrungen mit radioaktivem Material hantierte und winters in heißem, radioaktivem Wasser schwamm. Ein in mancherlei Hinsicht erstaunlicher Vortrag (nur in Englisch).

Karsten Koop / 29.09.2013

Sicher, dass das 1 Sievert war und nicht 1 Millisievert? 1 Sievert ist ziemlich viel. Und der Link zur Quelle funktioniert nicht.

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