Russland verdrängt offenbar Deutschland vom Platz des größten Handelspartners der Türkei.
Die Türkei hat sich trotz der NATO-Mitgliedschaft seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine an keinen Sanktionen gegen Russland beteiligt und das zahlt sich für Erdogan aus. Die Importe aus und Exporte nach Russland haben sich innerhalb eines Jahres verdoppelt, meldet n-tv.de. Russland werde 2022 der größte Handelspartner der Türkei sein und Deutschland von dieser Position ablösen, heiße es von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) in Istanbul. Die Türkei habe Deutschland beim Verkauf von Maschinen und Ausrüstung an Russland überholt, wie das Moskauer Wirtschaftsportal rbc.ru unlängst gemeldet hätte.
Erdogan, der eigentlich keine Lösungen für die wirtschaftlichen Probleme seines Landes hat, nutzt die Chancen, die sich ihm durch die Sanktionen des Westens bieten, rücksichtslos aus. "Seit Beginn des Krieges kann die Türkei billiger Energieträger importieren", habe Erdal Yalcin, Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Hochschule Konstanz und Forschungsmitglied am Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) zum Thema Internationaler Handel gesagt. Öl und Gas seien schon vor dem russischen Angriffskrieg maßgeblich aus Russland gekommen. Nun hätten sich die Ölimporte 2022 in etwa verdreifacht, wie aus Daten des Statistikamtes hervorgehe.
Die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Türkei und Russland gebe "Anlass zu großer Sorge", habe es dazu in einem Schreiben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell geheißen. Denn über die Türkei kann Russland viele Sanktionen umgehen. Wirtschaftsexperte Yalcin wird in der Meldung weiter zitiert: "Die Türkei importiert Rohöl aus Russland, bereitet es in seinen Raffinerien auf und verkauft es dann - als türkisches Produkt - nach Europa. Das ist eine Umgehung der Sanktionen in legaler Form."
Ein weiteres Beispiel für eine Umgehung der Sanktionen in legaler Form sei auch das Geschäft mit Halbleitern aus der EU. Der Chip-Export aus EU-Europa nach Russland sei seit Kriegsbeginn deutlich zurückgegangen. Dafür steige der Export dieser Chips in die Türkei und von dort weiter nach Russland, so Yalcin weiter.
Bis Ende 2030 wollen Russland und die Türkei ihr Handelsvolumen auf 100 Milliarden Dollar erhöhen und die Russen wollen außerdem den größten europäischen Gasknotenpunkt in der Türkei errichten, berichtet n-tv.de weiter. Unter russischer Ägide entstehe zudem derzeit ein erstes, 20 Milliarden US-Dollar teures Kernkraftwerk in der Türkei, zwei weitere seien in Planung.