Ahmet Refii Dener / 15.04.2025 / 16:00 / Foto: Achgut.com/KI / 7 / Seite ausdrucken

Erdogan und Escobar

Kolumbianische Drogenbosse haben die Türkei zu ihrem Domizil erklärt. Recep Tayyip Erdogan brachte den Spruch von einer „Escobar-Ordnung“ nun gegen die Opposition in Stellung. Doch drei Finger seiner Hand zeigen auf ihn zurück.

Vor wenigen Tagen äußerte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan etwas in die Kameras, und zwar in Richtung des derzeit inhaftierten Oberbürgermeisters von Istanbul, Ekrem İmamoğlu. Dieser ist unter der schweren Last von unbewiesenen Beschuldigungen, die auf Aussagen anonymer Zeugen basieren, in Haft. Erdogan erklärte:

„Sie sind es, die in Istanbul die ‚Escobar Ordnung‘ errichtet haben, sie sind es, die sich beschweren, sie sind es, die als Zeugen auftreten, sie sind es, die vor den Staatsanwälten in der Warteschlange für Hinweise stehen, aber sie sind auch die, die versuchen, sich wie Olivenöl nach oben zu arbeiten.“

Als Kenner der türkischen Politik musste ich bei diesen Worten schmunzeln, wie so oft, wenn Erdogan sich zu Wort meldet. Der Präsident unterstellt anderen Dinge, die man eher bei ihm selbst vermuten würde – oder, die er in seiner eigenen Regierung und in seinem Umfeld real erlebt.

Apropos Escobar: Der Name ist vielen vielleicht unbekannt, besonders weil der Namensträger 1993 verstorben ist. Pablo Emilio Escobar Gaviria war ein kolumbianischer Drogenbaron, Drogenschmuggler und Terrorist. Durch den groß angelegten, industrialisierten Drogenhandel wurde er als Oberhaupt des Medellín-Kartells zu einem der reichsten Menschen der Welt.

Drogenschmuggel zwischen Kolumbien und der Türkei

Wenig bekannt ist jedoch, dass die kolumbianischen Drogenbosse seit Jahren die Türkei zu ihrem Domizil erklärt haben. Viele von ihnen residieren in der Nähe der türkischen Riviera um Antalya herum, in Nachbarschaft der türkischen Drogenbarone. Überraschenderweise sind nicht alle Drogenbosse aus Kolumbien auf der internationalen Fahndungsliste von Interpol. In den letzten Jahren tauchten immer wieder türkische Berichte auf, dass einige dieser Drogenhändler nicht aktiv gesucht werden. Stattdessen sind es oft diejenigen, die nach außen hin „gewöhnliche“ Verbrecher sind, die auf der Roten Liste Interpols stehen. Solche Meldungen verschwinden schnell wieder von den öffentlichen Kanälen, da sie vom Staatsapparat umgehend gelöscht werden. Auch Berichte, in denen Söhne türkischer Politiker mit Drogengeschäften in Verbindung gebracht werden, verschwinden sehr schnell in der Versenkung.

Erst kürzlich gab es jedoch durch offizielle Stellen in Caracas im Sommer 2024 eine brisante Enthüllung. Laut Berichten wurden in den viereinhalb Jahren zuvor insgesamt sechs Tonnen Kokain, die in die Türkei adressiert waren, an den Häfen sichergestellt. Dies ist nur ein kleiner Teil der wachsenden Drogenschmuggelaktivitäten zwischen Kolumbien und der Türkei, welche die internationale Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Nachdem die spanische Gendarmerie bekannt gab, dass das Balkan-Kartell vollständig zerschlagen wurde, ist der Kokainimport aus Lateinamerika erneut ein brisantes Thema in der Türkei.

Wer duldet all diese Aktivitäten in der Türkei?

Laut des Weltdrogenberichtes 2023 des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), werden in Kolumbien auf etwa 230.000 Hektar Koka-Pflanzen angebaut – das entspricht fast 80 Prozent des weltweiten Kokainangebots. Auf einem Hektar Koka-Pflanzen werden Berichten zufolge 7,9 Kilogramm Kokain produziert.

Die Frage, die sich hier stellt, ist: Wer duldet all diese Aktivitäten in der Türkei? In der Türkei ist die Situation durch die vielen Flüchtlinge aus Afghanistan zusätzlich eskaliert. Diese Menschen sind sowohl Konsumenten als auch Dealer. Die Türkei hat sich nicht nur als Transitland für Drogen etabliert, sondern auch als großer Konsument. Diese Entwicklung ist besonders besorgniserregend für Europa und die westliche Welt.

Obwohl sich europäische Sozialdemokraten stark für die Freilassung von Ekrem İmamoğlu einsetzen, wird die Realität ignoriert, dass er nicht der einzige inhaftierte Präsidentschaftskandidat ist. Zusammen mit ihm sind auch zwei weitere prominente Politiker, Selahattin Demirtaş (ehemals von der HDP-Partei) und Ümit Özdağ (Zafer Partisi), inhaftiert.

Wenn man alle diese Elemente zusammen betrachtet, könnte man argumentieren, dass Erdogan zumindest in einer Sache recht hat. Nicht in Istanbul, aber von Ankara aus herrscht in der Türkei tatsächlich eine „Escobar-Ordnung“ – ein System der Drogenwirtschaft, politischer Intrigen und einer nahezu unaufhaltsamen Machtkonzentration.

 

Ahmet Refii Dener, Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite, bei Instagram sowie auf seinem Blog.

Foto: Achgut.com/KI

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Leserpost

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Gerhard Schmidt / 15.04.2025

Sind das die Vorauszüge aus Ihrem demnächst erscheinenden allumfassenden Welterklärungs-Sachbuch, welches ich so sehr erwarte? Oder nur wieder falsch dosiert?

Sam Lowry / 15.04.2025

Ich glaube, die meisten wissen gar nicht, mit wem sie es zutun haben, wenn sie das Wort “Mafia” in den Mund nehmen. Ich habs live erlebt…

W. Renner / 15.04.2025

Ich klugscheisse ja nur wenn es sein muss. Aber Caracas ist die Hauptstadt Venezuelas, nicht Kolumbiens. Und die massgeblichen Kartelle sitzen mittlerweile in Ecuador und Mexiko, nicht mehr in Kolumbien.

Thomin Weller / 15.04.2025

Wer Drogen sucht, sollte beim Saatgut und den Gen-Saatgutpanschern anfangen. In Afghanistan wird genetisch veränderte Hochleistungspflanzen Schlafmohn angebaut. Die Taliban haben die Anbauflächen massiv verkleinert. Nun suchen die internationalen Drogenkartelle andere Anbau- und Vertriebswege. 24. Oktober 2017 Afghanistan: Opium-Paradies unter US-Kontrolle, 23. September 2015 Gerüchte halten sich: CIA hilft beim Opium-Export aus Afghanistan. “Wir stehen einer riesigen internationalen Struktur gegenüber” sagte Ali Yerlikaya. Damit hat er recht. Die CIA hat Konkurrenz, die Triaden (Gesellschaft der Drei Harmonien) mischen auch noch mit.

Walter Weimar / 15.04.2025

“Kolumbianische Drogenbosse haben die Türkei zu ihrem Domizil erklärt”. Gefällt es denen in Deutschland etwa nicht mehr?

Lutz Liebezeit / 15.04.2025

In “Die Dämonen” schildert Dostojewski die “geheime Gesellschaft”, die Organisation, das Netz”, welches mit Mord, Skandal, Verleumdung zum Zweck einer systematischen Erschütterung der Fundamente arbeitet; zum Zweck einer systematischen Zersetzung der Gesellschaft und aller Elemente, um alle zu entmutigen und aus allem einen Brei zu machen. Auf diese Weise wird die Gesellschaft ins Wanken gebracht, krank und matt, zynisch und ungläubig und dann ist der Moment gekommen, da das “Netz” die Herrschaft übernimmt. Dostojewski war überzeugt, daß die Menschheit in nicht allzuferner Zukunft sich selber ausradieren würden. Zusammengefaßt: Der Übergang vom Widerspruch und Protest gegen leergewordene Gesetze, Worte, Gesten und Formen des Bürgertums in hemmungslosen Irrationalismus, in die Verherrlichung des Dämonischen, des Bösen, der Verneinung, des Nihilismus an sich, ist überall zu beobachten. Da her drangen die besonderen und eigentlichen Perversitäten ein und stellten die erst nur anmaßend übersteigerten Werte geradezu auf den Kopf. Jetzt sind Libido und Luxuria an die Stelle des Ideals getreten, Grausamkeit und Schrecken werden zu Lustgefühlen, Inzest, Sadismus, Satanismus und ähnliche stupide und abnorme Vergnügungen werden schmackhaft. Nihilismus ist Verneinung im besonderen Ausmaß: er verneint die geltenden Werte, ohne daß er andere Werte kennt! (erinnert Sie das an was?) Am 17. April 2012 sagte Bundespräsident Joachim Gauck bei einer Pressekonferenz mit dem damaligen Präsidenten der EU-Kommission José Manuel Barroso, dass in der EU die nationalen Identitäten störten und diese mit der Zeit abgebaut werden müssten. - Gauck formuliert die ideologische Basis hinter dem Vorhang, auf welcher nicht nur der Irrationalismus, sondern auch die Willkommenskultur, der Klimawandel, der Feminismus und die Diversität blühen. Das alles dient nur einem Zweck, dem mit einer Stimme sprechen.

Lutz Liebezeit / 15.04.2025

Die EU war eine Einladung an die sizilianische Mafia. Die Italiener waren furchtlos geworden und selbst der Tod vieler Staatsanwälte hat sie von ihrem Kampf gegen die P2-Loge, Cosa Nostra, Ndrangheta und Camorra nicht abhalten können. So fanden die Paten hier im Sozialdemokratismus Asyl. Schon in den 90er Jahren kamen die Kriminalberichte über die Einwanderung der Mafia bei RP. / Jeder in diesem Land weiß, was sich hier abspielt. Auch die Auswärtigen kriegen die Kampagnen der Altparteien gegen die Ureinwohner mit. Auch die wissen, daß die Politik kriminell ist und die Auswärtigen für ihre morbiden Phantasien benutzt werden. Dazu gehören dann immer zwei. Entschuldigen kann nicht niemand, er habe ja nichts gewußt. Uns glauben zu machen, wir befänden uns in einem irgendwie gearteten Normalzustand, das funktioniert nicht. Ständig gibt es Rassenkonflikte. Das kommt, weil diese Gemengelage selber die rassistische Krankheit ist. Man stellt sich dumm und alle blamieren sich mit gesundem Halbwissen über den Holocaust. Der größte Witz, daß man hier massenhaft Volksstämme hereinholt, denen die Juden völlig egal sind.

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