Erdogan duckt sich vor Corona weg – vergeblich

Von Ahmet Refii Dener. 

Erdogan hat seinen Meister gefunden. Der Krisenmacher (ErdV-18) wurde auf dem falschen Fuß erwischt. Was hat er nicht alles angestellt, um im Lande seine Gegner in die Schranken zu weisen, inhaftieren zu lassen und zu schikanieren. Alles klappte wunderbar. Lief mal was im Lande nicht so gut, schaffte er sofort irgendwelche Krisenherde oder marschierte einfach in fremde Länder ein. Reichte das nicht aus, schickte er Migranten an die griechisch-türkische Grenze und machte der EU, im Besonderen Deutschland Druck, um noch mehr Geld zu erpressen.

Er nahm zum Beispiel Journalisten und Pfarrer als Geiseln und lenkte die Menschen im Lande von den eigentlichen Problemen ab. Die Grafik der Wirtschaft zeigte ständig einen Abwärtstrend, die Arbeitslosenzahlen stiegen und steigen unaufhaltsam. Die toten türkischen Soldaten in Syrien und der fehlende Grund, was man denn da suchen würde, trieb ihn dazu, sich immer wieder neue Krisen auszudenken. Dabei hat er das Volk nach Sprache, Religion, Geschlecht, Ursprung, Klasse, Alter, Status und ähnlichem entzweit. Jetzt hat er ein Riesenproblem. Dem Covid-19 Virus schenkten er und seine ministeriale Folkloretruppe keine Beachtung, warum denn auch, Allah als Schutzschild und schon würde der Virus die Türkei Transit passieren, dachten sie sich. Dem war auch so. Lange Zeit konnte man die vereinzelten Fälle unterm Zensurtisch fallen lassen, bis es nicht mehr ging. 

Warum das so ist, kann man schnell erklären. Zum einen macht der Virus keinen Unterschied unter den Menschen, so wie er.  COVID-19 ist für alle da. Einen gewaltigen Unterschied zu den vorangegangenen Krisen gibt es, nämlich dass die Krise nicht hausgemacht ist und nicht aus seiner ErdV-18 Krisenküche stammt. Was tun?

In seiner Truppe sitzen nur Leute, die Krisen erzeugen, aber nicht lösen können. Würde er das Coronavirus bekämpfen wollen, müsste er über seinen Schatten springen und für alle Menschen in der Türkei agieren, was ihm völlig fremd ist und ihm gegen den Strich läuft. „Wenn ich schon nichts machen kann, halte ich mich im Hintergrund“ ist seine derzeitige Strategie. Ein positiver Nebeneffekt war, dass die Menschen in der Türkei sich psychisch erholten, weil sie ihn nicht mehr zu jeder Tageszeit im Fernsehen sahen.

Die Kassen sind leer.

Der Gesundheitsminister, im richtigen Beruf ein Kinderarzt, wurde zur Galionsfigur, die den Menschen alles rundum COVID-19 und den Maßnahmen zur Bekämpfung erklärte. Parallel versprach der Schwiegersohn, gleichzeitig Schatzamts- und Finanzminister, einen Schutzschirm nur für Unternehmen. Das Ganze hatte aber ein Manko, die Kassen sind leer. Leere Versprechungen, das hat Tradition in seiner 18 jährigen Ära, wo er an der Spitze ist. Unlängst versprach er den +65 jährigen Kölnisch Wasser zur Desinfektion der Hände, die er ebenfalls nicht ablieferte. 

Der Montag war ein Tag wo er glänzen wollte.  Zuerst versprach man Haushalten, die ein Einkommen von 5.000 TL im Monat hatten, Kredite bis 36.000 TL, sechs Monate tilgungsfrei und das bei 8 Millionen registrierten Arbeitslosen. Eine Verdopplung dürfte durch das Coronavirus schon längst stattgefunden haben und dann noch die 35 Prozent der 15 bis 35 jährigen, die aus Hoffnungslosigkeit dem Arbeitsmarkt fernbleiben, nicht arbeitslos gemeldet sind und lieber zuhause sitzen, auch ohne Quarantäne. Nicht zu vergessen die fünf Millionen Migranten. Zählt man all diese Millionen von Menschen und dezimiert die durchschnittliche Zahl, dass die Familien nicht vier- sondern aus drei Personen bestehen, stellt man fest, dass nur die Reichen und die Schönen draußen bleiben, die nicht von der Wirtschaftskrise betroffen sind. Selbst das ist in der Theorie so. Auch von denen sind viele die längste Zeit Unternehmer gewesen. Derzeit halten sie sich an das Eingemachte. 

In seiner Jugend war Erdogan, nach eigenen Erzählungen, ein begnadeter Torjäger. Derzeit macht er allerdings den Eindruck, als wäre er ein Torhüter, der auf falschem Fuß erwischt wurde. Der Feind, COVID-19 ist unsichtbar und welche Taktik gegen ihn das Richtige ist, weiß in seiner Umgebung niemand. Auch kann man nicht leicht entscheiden, wenn kein Geld da ist. Fast bin ich mir sicher, dass er an das Eingemachte geht und sein eigenes Geld aus Katar wieder in die Türkei bringt. Seine fünftausend Mann starke Armee in Katar, muss genauso weiter finanziert werden, wie  Teile der türkischen Armee in Syrien. Die vielen Hundert toten türkischen Soldaten sind zum Glück vergessen und niemand hakt nach. 

Die Anderen sollen es richten

Da er nicht weiß, wie er mit der Krise umgehen soll, bleibt er lieber in der Höhle des Löwen, in seinem Palast.  Die Anderen, an der Spitze der Gesundheitsminister, sollen es richten. Falls es nicht gut läuft und das wird es nicht, kennt man wenigstens die Schuldigen. 

Zum Montagabend stand dann eine Art „Rede zur Nation“ an. Die Menschen waren voller Hoffnung, zumal sie mit Hilfen rechneten. Der erste Schock war, dass er damit anfing, dass man Gerätschaften zur Bekämpfung von COVID-19 Richtung Spanien und auch nach Italien schicken würde. Welch eine Freude. Was er dann brachte zeigte, dass er völlig verwirrt ist und nicht mehr weiter weiß.  Er teilte ein Spendenkonto mit, wo er sieben Monatsgehälter von ihm einzahlen würde und rief das Volk zu Spenden auf. Übersetzt rief er das Volk zur Selbstbefriedung auf. „Hilf dir selber!“ Sein Slogan hieß: „Türkei genügt sich selbst!“

Das war des Guten zu viel. Das Volk kam sich verarscht vor. Sofort wackelte das Internet mit Sprüchen, Karikaturen, Fotos, die ihn durch die Suppe zogen. So schwach wie jetzt,  war er noch nie, jedoch ist die Gegnerschaft noch schwächer und auf der anderen Seite, wer will schon ein bankrottes Land übernehmen und führen. Deshalb darf er noch bleiben und das, was er dem Land eingebrockt hat, ausbaden. 

18 Jahre Misswirtschaft, Korruption, Ausverkauf bildeten den Topf und das Coronavirus den Deckel dazu.

Ahmet Refii Dener arbeitet als Berater mit dem Schwerpunkt Türkei. 2017 ist „ARD“, wie er sich (go2tr.de) nennt, nach Berlin gezogen. Er schreibt eine Kolumne für den Tagesspiegel und wird künftig für die Achse über die Türkei berichten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf  Ahmet Refii Deners "Kaltstart X"

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Angela Seegers / 03.04.2020

Wo ist eigentlich Emine? Rundreise durch den Palast und nicht auf einer ihrer legendären Einkaufstouren?

Gudrun Dietzel / 03.04.2020

@Frank Baumann, Frau Baumann, wie kommen Sie denn darauf?

Frances Johnson / 03.04.2020

Wirtschaftlich steht E. schon lange schlecht da. Was Covid 19 betrifft, macht er sich im Vergleich z.B. zu Schweden ganz gut: Er hat achtmal so viel Bevölkerung und ca. 3,5 mal so viele positiv Getestete. Aber er hat nur ca. 50 Tote mehr. Der derzeitige Stand ist 356 bei 416 Genesenen. In Schweden 308 Tote bei 103 Genesenen. Seine Wirtschaftspolitik, Behandlung von Oppositionellen, Kurden und Aleviten und sein vollkommen sinnfreier Krieg gegen Syrien sind unabhängig davon eine Katastrophe.

Volker Kleinophorst / 03.04.2020

Unverständlich da mit dem Schicksal zu hadern. Alles kommt doch von Allah? Auch der Virus den ja auch “Geistliche” bereits als Strafe Gottes erkannt haben. Aber nur für die Ungläubigen. Vielleicht steht Allah den Gläubigen aber ebenfalls skeptisch gegenüber. ;) PS.: Ohne Geld aus D und Touris wäre die Türkei schon ewig pleite.

Frank Baumann / 03.04.2020

Nicht jeder hat so ein vorbildliches Krisenmanagement, wie es Frau Merkel und Herr Spahn betreiben.

giesemann gerhard / 03.04.2020

Solange die Deutschen so doof sind, die paar Millionen Türken hier zu füttern, hat Erdogan gut lachen. Vielleicht kommt er bald selbst und bittet um Sozial-Asyl? Wir sollten es ihm gewähren, in Allahs Namen. Mit Wolfsgruß und Wassalam.

Rolf Mainz / 03.04.2020

Nun, selbst wenn er in der Türkei “so schwach wie nie wäre”, seine treuesten Anhänger weiss er nach wie vor in Millionenstärke in Deutschland.

Reinhold Schmidt / 03.04.2020

Und dann noch: “15 Jahre Misswirtschaft, (Korruption, vielleicht, eher Lobbypolitik), Ausverkauf bildeten den Topf und das Coronavirus den Deckel dazu. Ist ja nicht nur in der Türkei so.

Reinhold Schmidt / 03.04.2020

„Wenn ich schon nichts machen kann, halte ich mich im Hintergrund“ Kannt man das nicht genauso von manchen Persönlichkeiten aus dem Land in dem wir gut und gerne leben?

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