Die Türkei ist kein homogenes Land, auch wenn das durch Erdogans Präsenz so scheint. Die Türkei teilt sich grob in Nationaltürken, Kemalisten und islamische Osmanen auf. Während bis vor etwa 25 Jahren die Kemalisten nebst Militär den Laden fest im Griff hatten und jeden wegputschten, der an Atatürks Vorstellung einer laizistischen und westwärts gewandten Türkei rüttelte, haben die islamischen Osmanen, also der vom Osmanischen Reich übrig gebliebene “Dorfislam”, das Land langsam wieder in Beschlag genommen. Die Nationaltürken dienten dabei als Mehrheitsbeschaffer auf der Suche nach einer neuen Aufgabe, weil das Feindbild Sowjet nach Ende des Kalten Kriegs weggefallen war. Erdogan hat den Nationaltürken wohl massive Zugeständnisse gemacht, um sie auf seine Seite zu holen. Bei jeder öffentlichen Veranstaltung wird ja nicht nur der arabische Rabiagruß gezeigt, sondern auch der nationale Wolfsgruß. Die Kemalisten wurden derweil als Büttel der USA und Atatürk sogar als Jude diskreditiert, um sie an den Rand zu drängen. Im Prinzip ist der Rückfall der Türkei in alte Muster also Folge der geänderten Weltlage nach 1989. Dennoch sind von Atatürks Leuten noch etliche über, wenn auch nach dem inszenierten Putsch von 2016 nicht mehr in entscheidenden Positionen. Türken sind zwar Moslems, aber bei den Arabern nicht beliebt. Das einzige was man teilt, ist der Islam. Insofern ist die AKP (und nur diese) die Schnittstelle zu den fundamentalen Muselmanen in der Arabischen Welt. Religion tickt ja international, nicht national. MHP und CHP hingegen national bzw. turkmenisch. Da gibt es also einen Kipppunkt. Mal in die eine, mal die andere Richtung. Insofern ist die richtige Strategie hier der “Große Stock”. Was das Modell Schattenarmee betrifft: Jeder der was bewegen will, ohne dabei zur Rechenschaft gezogen zu werden, nutzt es. Die Verbindung Türkei - Islamischer Staat ist belegt. Und das heißt: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Deshalb der “Große Stock” in der Hinterhand.
Ich mache mir Sorgen um die Existenz Israels. Ich bin nur ein kleiner Beobachter, keinesfalls ein Kenner der Nahost-Politik. Aber ich frage mich schon, ob Israel gut beraten ist, allen feindlich gesinnten Staaten und Kräften militärisch entgegentreten zu wollen. Das kleine Land kann nicht gegen die gesamte Region inklusive dem Iran und der Türkei mit seiner sehr starken Armee erfolgreich sein. Es riskiert vielmehr die völlige Vernichtung. Atomwaffen werden daran nichts ändern. Auch ist es fraglich, ob die USA weiterhin in diesem Maße Waffenhilfe leisten können und wollen. Es zeichnet sich ab, dass diese ihre Kapazitäten vielleicht bald selbst benötigen könnten. Wäre es nicht Zeit für kluge, deeskalierende Politik mit Augenmaß? Ich habe auch jedes Verständnis dafür, dass Israel nach dem barbarischen Massaker durch Terroristen aus Gaza hart zurückgeschlagen hat. Ich verstehe auch, dass es dabei sehr schwer ist Zivilisten unbeschadet zu lassen, wenn gleich Pflicht. Aber ist es klug jede Kritik von außen vom Tisch zu fegen? ... ich mache mir Sorgen.
Mal sehen, wann er anfängt, hier in Deutschland zu rekrutieren. Brauchen wir die Türkei wirklich noch in der NATO? Warum liefern wir diesem Typen auch noch Waffen?
Ich gehe davon aus das die Türkei nicht der einzige Akteur ist der auf verschlungenen Wegen tätig ist. Da die türkischen Wähler zu entscheiden haben ob sie das gut finden oder nicht, sehe ich die Sache mit einer gewissen Distanz. Interessant ist u.a. auch das sich das United States Africa Command in Stuttgart-Möhringen in den Kelly Barracks befindet und ich glaube nicht das die Leute in Berlin nachfragen ob sie in der Region militärisch tätig werden dürfen. PS Auch interessant ist die Frage wie lange die Türkei noch Mitglied der NATO ist. OB die USA irgendwann einen Partnertausch anstreben? Ihnen Israel wichtiger wird als die Allianz mit der Türkei und den Vorteilen seiner strategischen Lage? Wäre für die USA schon schade wenn sie das verlieren würde (und die Ukraine).Viele Deutsche betrachten die Türken heute ja eher als Schmuddelkinder mit denen man lieber nix zu tun hat. Im ersten Weltkrieg war das osmanische Reich Koalitionspartner der Deutschen. Unser Einfluss dürfte heute bei Null liegen.
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