Henryk M. Broder / 12.05.2009 / 18:08 / 0 / Seite ausdrucken

Erbarmen mit Benedikt

Allein die Tatsache, dass Charlotte Knobloch (“Tante Charly”) den Auftritt des Papstes in Jad Vaschem kritisiert hat, wäre schon Grund genug, sich mit dem Papst zu solidarisieren. Zudem sollte man nicht jedes Wort einer offiziellen Rede auf die Goldwaage legen. Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Papst zum Thema Holocaust/Juden/Kirche geäußert hat, und es wird nicht das letzte Mal bleiben. Zu erwarten, er würde sich auf den Boden werfen, Asche auf seine Haupt streuen und “Mea culpa” schreien, wäre so naiv wie die Erwartung, er würde die Abtreibung erlauben und der Homoehe seinen Segen geben. Es reicht, wenn er Frauen, die abtreiben wollen, und Schwulen, die heiraten möchten, nicht mit dem Fegefeuer droht.
Es kommt nicht darauf an, was der Papst sagt, sondern was er tut. Schon im Falle der Knalltüte Williamson hat er sich widersprüchlich und zögerlich verhalten - wie einst Guido Westerwelle im Fall von Möllemann. Die nötigen Grausamkeiten müssen am Anfang begangen werden, je länger man damit zuwartet, umso mehr tut es am Ende weh. Benny ist kein Antisemit, er nimmt nur Rücksicht auf Antisemiten, weil er seinen Laden kennt. Und weil er weiss, dass Williamson nicht das einzige schwarze Schaf in seiner Herde ist.
Da ist u.a. auch noch der Prior der Benediktinerabtei auf dem Berg Zion, Pater Jonas Trageser. Er hat Radio Vatikan ein Interview gegeben, in dem er sich darüber beschwerte, der Papstbesuch komme “zu früh”. Offenbar hat die Kirche den Juden ihre Sünden noch nicht verziehen. Vor allem, dass sie sich noch immer nicht zum Christentum bekehrt haben. http://www.oecumene.radiovaticana.org/TED/Articolo.asp?c=286297
Eine Oblate dicker trägt es Franziskanerpater Robert Jauch von der Kustodie der Heiligen Stätten und Seelsorger an der Kapelle „Dominus Flevit“ am Jerusalemer Ölberg auf. Er fürchtet,  “dass dieser Besuch des Papstes von offizieller israelischer Seite aus ausgenutzt wird”, wie die Juden eben alles zu ihrem Vorteil wenden, und beschwert sich darüber, dass jeder, der “mit Israelis verhandeln will”, dazu “viel Geduld” braucht. (Der Heilige Stuhl ist da viel flotter. Für die Rehabilitierung von Galileo Galilei hat er nur 359 Jahre gebraucht; Giordano Bruno, der 1600 verbrannt wurde, wartet noch immer auf eine Revision des Urteils, allerdings wurde im jahre 2000 seine Hinrichtung von einer Kommission des Vatikans für “Unrecht” erklärt.) Pater Jauch regt sich auch darüber auf, “dass das Entschuldigungsschreiben, das Papst Johannes Paul II. damals unter großem Tamtam in die Klagemauer gelegt hat, in den Archiven von Yad Vashem zurückgehalten wird. Das ist archivtechnisch zwar eine optimale Unterbringung, aber man spürt die Absicht und ist verstimmt!“ http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286312
Aber davon hat Tante Charly nichts mitbekommen. Baruch ha’schem.

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