Was haben wir letzte Woche gelernt? Im Kampf gegen rechts ist alles erlaubt. Alles, ausnahmslos alles, was die traute linke Einheit in Medien und Politik sonst so gerne und ausführlich geißelt. Von Fake News bis Hate Speech – wenn es gegen die braune Gefahr geht, gibt es kein Halten mehr, keinen Anstand, keine Wahrheit, keine journalistische Sorgfalt.
Die Bundeskanzlerin darf faktenfrei „Hetzjagden“ herbeifabulieren, die brave Gesinnungsjournalisten in hundertfacher, tausendfacher Wiederholung dem erschreckten Volk einhämmern. Der grüne Altkommunist Jürgen Trittin darf die haltlosen „Hetzjagden“ bei Markus Lanz ohne Widerspruch in Richtung Reichskristallnacht steigern: „Das nennt man ein Pogrom!“
Der deutsche Bundespräsident darf ungestraft den Besuch einer Musikkapelle empfehlen, die sich mit deutschfeindlicher Lyrik einen Namen machte („Deutschland verrecke, das wäre wunderbar! … Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck!“) und zur Gewalt aufforderte („Die Bullenhelme – sie sollen fliegen / Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein“).
Die unvermeidliche Katrin Göring-Eckardt darf den Hasspredigern aus Meck-Pomm zujuchzen: „Yes! Ihr seid groß!“ Volkes Zorn entlädt sich unter ihrem Tweet, aber keiner aus dem politischen Penthouse widerspricht. Und kein „Tagesthemen“-Kommentator erregt sich über die unsäglichen Entgleisungen, kein Rücktritt wird gefordert.
„Spiegel“ treibt Ossi-Bashing auf die Spitze
Unzählige weitere Verfehlungen wären anzuführen, eine Menge davon ist auf der Achse bereits dokumentiert und kommentiert. Nur ein Medium ist mit seiner publizistischen Glanzleistung noch nicht ausreichend gewürdigt, was einiges über seine stetig schwindende Bedeutung aussagt. Es ist der „Spiegel“, einst selbst ernanntes „Sturmgeschütz der Demokratie“, heute Windmaschine der Mediokratie.
Nachdem Problemnazis im Lauf der Woche zum Naziproblem aufgeblasen worden waren und sich Journalisten, Politiker und „Rechtsextremismus-Experten“ mit Generalverdächtigungen und Pauschalverurteilungen aller Art ausgetobt hatten, trieb der „Spiegel“-Titel vom Samstag das Ossi-Bashing auf die Spitze.
In großen Lettern steht da „Sachsen“ auf trauerschwarzem Hintergrund, die weiße Typo geht ab Wortmitte in eine braune Frakturschrift über. Unterzeile: „Wenn Rechte nach der Macht greifen“. Die Botschaft ist unmissverständlich. Halb Sachsen ist von Nazis beherrscht, bald übernehmen die braunen Horden das ganze Land.
Entsprechend beginnt Markus Feldenkirchen seinen Leitartikel „Nach Chemnitz“ mit den Worten: „Chemnitz ist ein Wendepunkt. Die Jagd auf Ausländer, die Hemmungslosigkeit, mit der Neonazis und ihre bürgerlichen Sympathisanten die Straße eroberten und eine Pogromstimmung entfachten, während die Polizei zusah, all das ist die Folge einer schleichenden Wiederannäherung Deutschlands an seine braune Vergangenheit.“ Weiter raunt der „Spiegel“-Autor: „Entscheidend ist nun, ob Chemnitz das Ende einer geistig-unmoralischen Wende markiert, die mit Thilo Sarrazins erstem Buch begann. Oder ob es den Auftakt zu einer antiliberalen, gar neofaschistischen Ära bildet.“
Der eigentliche Skandal war nach Chemnitz
Da klingelt es bei aufmerksamen Achse-Lesern. Mit dem bösen alten Thilo-Mann fing alles an? Und jetzt droht eine präfaschistische Phase? Richtig, das ist exakt das „Narrativ“, mit dem die Berliner Integrations-Professorin Naika Foroutan vor ein paar Wochen Sommerloch-Schlagzeilen produzierte und uns auf Achgut viel Freude bereitete. Dass der „Spiegel“ in der Analyse auf das intellektuelle Niveau der Humboldt-Lehrerin herabsinkt, wird sein Auflagenproblem mit Sicherheit nicht kleiner machen.
Festzuhalten bleibt: Chemnitz ist ein Skandal. Der Skandal fand allerdings – nach allem, was wir wissen – weniger in Chemnitz als nach Chemnitz statt. Die verbalen Ausschreitungen nach Chemnitz übertreffen die realen Ausschreitungen in Chemnitz bei weitem in ihrer Bedeutung für die Zukunft der Republik.
Hoffen wir darauf, dass sich ehrenwerte Politik- und Medienwissenschaftler der Sache annehmen und die Woche des politischen und medialen Totalversagens gründlich und unvoreingenommen analysieren. Es gibt in dieser Branche neben Schaumschlägern und Scharlatanen schließlich auch ernstzunehmende Forscher, die ihren Titel verdienen. Patzelt und Bolz sind Namen, die sich spontan aufdrängen.
Dann könnte die Masse der Folgsamen in Politik und Medien in einem halben oder ganzen Jahr ausführlich und fundiert nachlesen, warum ihnen nach Chemnitz die Wähler respektive Leser weiter in Scharen abhanden kamen.