Roger Letsch / 31.07.2018 / 17:30 / 12 / Seite ausdrucken

Energiewende oder Wasserklau?

Das sonnenreiche Kalifornien hat bei der regenerativen Stromerzeugung dieselben Probleme, wie das energetisch auf links gedrehte Deutschland. Es gibt unauffangbare Versorgungsspitzen, denen ebenso unüberbrückte Engpässe folgen. Angesichts des kalifornischen Wetters kann man dort in der Solarvoltaik von echtem Digitalstrom sprechen: tags 1, nachts 0. Doch zumindest denken kalifornische Energieunternehmen über geeignete Speicher nach, statt, wie in Deutschland üblich, einfach eine doppelte Infrastruktur an fossilen Kraftwerken auf „stand by“ zu halten, und der Bevölkerung diesen „Mix” als erfolgreiche Energiewende zu verkaufen. In Deutschland tun dies insbesondere die Grünen, wenngleich diese nur zu Ideen gelangen, die nach Regenbogen, Einhorn und Prinzessin Lillifee schmecken und die Parteivorsitzende Baerbock ausruft „Das Netz ist der Speicher”.

Stolz berichtet der Spiegel von einer innovativen Idee, mit der die Kalifornier ihren reichlich vorhandenen Zappelstrom so glätten wollen, dass er dann zur Verfügung steht, wenn man ihn braucht – zum Beispiel nachts, wenn die Sonne auch in Kalifornien nicht scheint. Leisten sollen das der Hoover-Damm und der Colorado River – on top zu den Aufgaben, die sie ohnehin schon erfüllen müssen. Hier die Kurzform: Leistungsfähige Pumpen sollen das Wasser in den Lake Mead zurückpumpen und dafür mit dem Solar-Strom betrieben werden, den Kalifornien im Überfluss produziert.

So würde aus dem Lake Mead, dem ohnehin größten und längsten Stausee der Vereinigten Staaten, eine „Riesenbatterie“, denn wenn Strom benötigt wird, also nachts zum Beispiel, könnte man den dann ja leicht erzeugen, indem man das Wasser wieder durch die Turbinen des Hoover-Damms jagt. Wenn der Spiegel hier nicht einige Dinge komplett falsch verstanden hat – was ich nicht ausschließe – ergeben sich dabei leider ein paar kleine Probleme beziehungsweise Denkfehler.

Denkfehler 1: Ein Laufwasserkraftwerk wie das im Hoover-Damm ist kein Pumpspeicherkraftwerk. Es erzeugt permanent Energie über das Ablassen des Wassers aus dem höher gelegenen Stausee. Energie, die benötigt wird! Ist mehr Wasser im See, kann man die Turbinen nicht schneller laufen lassen, um mehr Energie zu erzeugen. Statt die Energie zu verwenden, die der Hoover-Damm erzeugt, könnte man rein rechnerisch den Solarstrom nach Nevada schicken und das Wasser gleich im Lake Mead lassen, statt es zur Stromerzeugung zu nutzen und unten angekommen mit Strom wieder nach oben zurück zu pumpen. Dummerweise verhindert die Trägheit der Turbinen jedoch, dass man das Laufwasserkraftwerk schnell hoch- und runterfahren kann, weshalb man den energetisch umständlichen Weg mit den „Solar-Pumpen” gehen will. Die Leistung des Kraftwerks ändert sich aber nicht dadurch, dass mehr Wasser im Speicher ist.

Denkfehler 2: Der Hoover-Damm ist nicht die erste und nicht die letzte Staustufe am Colorado-River. Pumpt man also Wasser zurück in den Lake Mead, fehlt dieses am Unterlauf, wo „Lake Mohave” und „Davis Dam“ darauf angewiesen sind, auch, um Strom zu produzieren. Wasser, das den Lake Mohave nicht erreicht, kann auch keinen Strom im Davis Damm erzeugen. Von den noch weiter flussabwärts gelegenen Anlagen „Parker Dam“, „Paolo Verde Diversion Dam“, „Imperial Dam“, „Laguna Diversion Dam“ und „Morelos Dam“ ganz zu schweigen. Es ist ein Nullsummenspiel, bei dem jede Energierückgewinnung das Wasser des nächsten in der Kette abgräbt.

Denkfehler 3: Der Colorado River ist die mit Abstand wichtigste Trinkwasserquelle der Region, Nicht nur für Nevada, sondern auch für Arizona und Kalifornien. Außerdem fließt eine große Menge seines Wassers in die Bewässerung der intensiven Landwirtschaft. Im Mündungsgebiet ist der Colorado River seit langem größtenteils trocken, obwohl der Pegel im Lake Mead weiter oben kontinuierlich sinkt. Die Wassernutzung, auch die durch Rückstau, ist also ohnehin schon viel zu groß. Genau an dieser Stelle könnte das Projekt, mit Solarstrom Wasser dorthin zurück zu pumpen, tatsächlich Erfolg haben – zulasten aller Nutzer am Unterlauf des Flusses. 

Ich frage mich nun, ob hinter dem Projekt nicht vielleicht vor allem die Absicht steckt, über einen „Öko-Trick“ die Wasserreserven des Lake Mead aufzustocken, denn diesem geht aufgrund der anhaltenden Trockenheit und der intensiven Wassernutzung langsam die Puste aus. Rein energetisch ergibt das Projekt für mich keinen Sinn. Deshalb auch meine Aufforderung an die Lesergemeinde, meine drei Denkfehler zu widerlegen und dem Projekt „California Dreaming“ den Anschein des Irrsinns zu nehmen, den es für mich im Moment hat – von guten Argumenten lasse ich mich gern eines besseren belehren.

Bitte überzeugen sie mich davon, dass die Amerikaner nicht denselben irrwitzigen Weg der „Energiewende” eingeschlagen haben wie Deutschland, wo die Verbrennung von Kohle dadurch kompensiert werden soll, dass man Geld verbrennt. Denn auch in den USA stehen einige Milliarden Dollar im Feuer.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

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Leserpost

netiquette:

klaus Blankenhagel / 31.07.2018

Also ich versuche es mal so; es gibt in den Staaten keine Energiewende. Ich beziehe meinen Strom,( I living in Oxnard), von South California Energy. Und das ist ausschliesslich Atomstrom. (Einfach lecker). Geplant ist eine grosse Wasserroehre vom Norden in den Sueden zu bauen. Ist wohl schon genehmigt. Um die Wasserversorgung im Sueden Californias zu stabilisieren. Derzeit gibt es eine sogenannte Wasserpolizei, die alle die Wasser “verschleudern” heftigst bestrafen. Nix da, des nachts den Rasen waessern.

Dieter Schilling / 31.07.2018

Ich weiß nicht,was die Abkürzung des Energieversorgers PG&E in demSpiegelartikel bedeuten soll,als ich ich aber “Milliardenprojekt” gelesen habe,würde ich die Umbenennung der Firma in Dewey,Cheetum and Howe vorschlagen.

Karl Mistelberger / 31.07.2018

Alles Wasser fließt letztlich den Colorado hinunter, wenn es nicht vorher auf den bewässerten Flächen versickert und verdampft.  Der Lake Mead kann als Puffer dienen und die sehr unregelmäßige Wasserführung des Flusses ausgleichen. Wenn zu viel Strom erzeugt wird oder Spielraum für den Pumpbetrieb zur Verfügung steht, pumpt dieser das Wasser hoch. In den letzten Jahrzehnten ist der Wasserspiegel des See stark abgefallen. Der Pumpspeicherbetrieb kann den Trend aufhalten oder sogar umkehren. In den Alpen gibt es zahlreiche Pumpspeicherwerke.

Sabine Schönfelder / 31.07.2018

Kalifornien ist das Gutmenschland der USA. Trumpgegner,  Genderisten und Ökos nebst linksorientierter Filmindustrie dominieren diesen Landstrich, sozusagen das Demokratenhoheitsgebiet,  selbst wenn mal ein Republikaner aus Versehen Gouverneur wurde, wie einst unser Arni.(zufällig heiratete er in die Königsfamilie der Demokratenpartei hinein) Welcher Laie weiß schon ,was ein Pumpspeicherwerk ist, und wenn Frau Baerbock das Stromnetz kurz als Speicher umdeklariert, schweigen die Propagandisten ,und der Rest hat keine Ahnung. Physikalische Gesetzte haben die Angewohnheit auf der ganze Erde zu gelten, weshalb sie auch in Kalifornien Anwendung finden. Warte gespannt mit Ihnen auf überzeugenden Widerspruch, habe aber wenig Hoffnung.

Frank Just / 31.07.2018

Der Denkfehler in den Denkfehlern ist kurz gesagt folgender: Einerseits argwöhnen Sie vollkommen zu recht, dass hinter dem ganzen Projekt eine drohende Wasserknappheit im Lake Mead steckt. Ich schätze, dass das auch niemand bestreiten wird. Warum auch ? Das steht ja nicht im Widerspruch zu einer möglichst effizienten Nutzung der vorhandenen Wassermenge, im Gegenteil. Andererseits implizieren Sie in Ihrer Argumentation, dass im Lake Mead immer beliebig viel Wasser vorhanden ist, um das Kraftwerk des Hoover Damms und alle tiefer gelegenen Kraftwerke mit maximaler Leistung betreiben zu können und zusätzlich noch ausreichend Wasser für die Trinkwasserversorgung und die Landwirtschaft vorhanden ist. Dem ist aber offensichtlich nicht so, im Gegenteil. Das Wasser des Colorado ist eine extrem knappe Ressource. Wenn ich mit ein und derselben Menge Wasser mehrfach Energie im Kraftwerk produzieren kann, wird diese Wassermenge effizienter genutzt. Es steht mehr Wasser für Trinkwasserentnahme und Landwirtschaft zur Verfügung oder auch, um die tiefer gelegenen Stauseen zu versorgen. Das Projekt ist somit vor allem ökonomisch ( sonst würde es wohl auch kaum durchgeführt ) aber wahrscheinlich auch ökologisch hochgradig sinnvoll.

Thomas Linner / 31.07.2018

Diese Idee kann nicht funktionieren, wenn die Turbinen am Hoover Dam im Normalbetrieb mit maximaler Leistung arbeiten. Meines Wissens werden sie aber wegen des Wassermangels im Stausee nur mit reduzierter Leistung gefahren. In diesem Fall könnte man sie bei zusätzlich verfügbarer Wassermenge durch zurück gepumptes Wasser tatsächlich in der Nacht hochfahren, und so etwas wie einen Speichereffekt erzielen. Woher dieses Wasser allerdings kommen soll, erschließt sich mir nicht. Unterhalb des Hoover dam ist der Colorado River ein flacher Fluss, da gibt es nicht viel zurück zu pumpen. Da müsste man schon eine Pipeline zum nächsten, tiefer gelegenen Stausee bauen. Die Probleme die man damit in den tiefer gelegenen Stauseen verursacht, sind natürlich tatsächlich vorhanden. Frage ist natürlich auch, warum man tagsüber, wenn durch Solarstrom Energieüberschuss vorhanden ist, nicht einfach die Turbinen im Hoover Dam noch weiter drosselt, oder einige tagsüber still legt, um Wasser im Stausee zu sparen, anstatt Wasser zurück zu pumpen, und sich dadurch Umwandlungsverluste einzuhandeln Klingt alles irgendwie sehr nach grünem Schildbürgerstreich  

Wolfgang Kaufmann / 31.07.2018

Ganz Amerika könnte man heizen, indem man den reichlich vorhandenen Sonnenschein in Wasserstoff umwandelt. Ganz Europa könnte seine Probleme lösen, wenn man die reichlich vorhandene heiße Luft in Hard Skills umwandelt, also Physik und Chemie, Programmierung und Vernetzung. Dies ist aber im Land der Blauen Blume nicht erwünscht, wo die Prinzessinnen und Einhörner Bestandsschutz genießen. Sie leben nun mal von Luft und Liebe, von Moral und Gesinnung. Und von der Leistung der früheren Generationen.

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