Von Günter Keil
Die Austrocknung des Teichs der Ideologiefrösche – und ein Blick in die nähere Zukunft
Wenn man die zahlreichen Maßnahmen für eine Rückkehr zu einer funktionierenden Energiewirtschaft, die in Teil 1 des Programms beschrieben wurde, erfolgreich durchführen wollte, käme man nicht umhin, auch die für das Desaster verantwortliche Bürokratie mit ihren beamteten Ideologen radikal anzugehen. Die Quelle des Übels war und ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Zuständigkeiten und Geld müssen ihm entzogen werden – das wäre eine unverzichtbare Voraussetzung für eine Wende nach der Energiewende.
Der Blick in die nähere Zukunft, die von der Bundestagswahl und weiteren politischen Erschütterungen gekennzeichnet ist, verheißt leider nichts Gutes. Die Rücknahme der Merkelschen Energiewende ist unvermeidlich – aber der Weg dorthin ist lang und mit Hunderten verschwendeter Milliarden gepflastert.
Teil 2 des Programms „Energiewende Light“: Maßnahmen in der Administration
Das Bundesumweltministerium BMU verliert alle Zuständigkeiten für Energietechnik und Energiepolitik, also alle in der Unterabteilung E I gesammelten Zuständigkeiten: Energiewende, Strommarkt, Infrastruktur (Netz, Speicher), Solarenergie, Biomasse, Geothermie, Windenergie und Wasserkraft. Weiterhin verliert das BMU folgende Zuständigkeiten, die in der Unterabteilung E II zu finden sind: Emissionshandel, Energieeffizienz, Wärme- und Kältestrategie im Gebäudebereich, Stromsparinitiative, Europäische Energiepolitik.
Ebenso verliert es die Zuständigkeit für die „Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen“ und „Nukleare Ver- und Entsorgung (incl. Endlager)“. Das BMU verliert alle Haushaltsmittel für die zu den genannten Bereichen gehörenden Projekte des BMU. Entsprechend verliert das dem BMU unterstellte Umweltbundesamt Zuständigkeiten und Haushaltsmittel. Die Sachverständigenkreise, die die Bundesregierung beraten, sind neu zu besetzen, und zwar nach ausschließlich fachlichen Kriterien. Das betrifft die Klima-, Energie- und Umweltpolitik (SRU), sowie die Reaktorsicherheitskommission.
Ein Blick in die nähere Zukunft. Die Politik gerät in Panik
Es kam, wie es kommen mußte: Das mit der Energiewende überraschte Volk gab sich zunächst mit den vielversprechenden Ankündigungen einer neuen, heilen Energiewelt zufrieden und wartete ab. Die technischen Details konnte kaum jemand nachprüfen – und Kritik wurde von den grün besetzten Redaktionen ausgeblendet. Aber allen Kritikern war klar, daß sich diese passive Haltung radikal ändern würde, sobald der Pferdefuß der staatlichen Beglückungspläne unübersehbar wurde: Die rasch steigenden Stromkosten.
Das Gewitter braute sich im Herbst 2011 zusammen, als der Termin der Prognose der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) für die Höhe der EEG-Umlage für 2013 nahte. Nachdem es der Regierung 2011 gelungen war, die ÜNB zu einer offensichtlich falschen EEG-Umlage-Prognose für 2012 zu veranlassen – angeblich drohte damals überhaupt keine Erhöhung, obwohl der dafür verantwortliche Zubau an Windmühlen, Solarpanels und Biogasanlagen rekordverdächtige Höhen erreicht hatte -, mußten die ÜNB am 15.10.12 ihre 2011 unterschlagenen Steigerungsbeträge auf die nun 2012 aufgelaufenen weiteren Erhöhungen aufschlagen, was den Schock noch verstärkte. Verbraucherschützer kamen nun mit ihren Warnungen vor der „Energiearmut“ zu Gehör; man erinnerte sich an den Beinahe-Blackout im Winter 2011/12 – und alles begleitet von krachenden Pleiten in der deutschen Solarstrom-Zukunftsindustrie. Die Meldungen über die Überwälzung aller Haftungsrisiken der Offshore-Windparkbetreiber auf die Verbraucher und Berichte über den Bürgerwiderstand gegen neue Hochspannungstrassen vor ihrer Haustür taten ein Übriges: Man verstand jetzt, daß die Energiewende ein gigantisches Abkassiersystem war; dazu auch noch laienhaft geplant. Inzwischen melden Umfragen, daß eine Mehrheit der Deutschen nicht bereit ist, die Energiewende weiter mit steigenden Strompreisen zu finanzieren.
Und nun drohte für das Jahr 2013 das Zusammentreffen zweier besonders unangenehmer Ereignisse: Die Bundestagswahl am 22. September und die wieder Mitte Oktober fällige ÜNB-Prognose zur EEG-Umlage 2014 – und wie man es schon 2012 erlebt hatte, sickert diese Zahl ausreichend rechtzeitig durch: In den Wahlkampf hinein. Daß es abermals deutlich teurer wird, ist logisch und unvermeidbar; schließlich werden auch die Monate vom Oktober 2012 bis August 2013 die gewohnten kräftigen Zuwachsraten bei den „Erneuerbaren“ zeigen. Das EEG gilt weiterhin und wer jetzt investiert, kann 20 Jahre lang seine Einspeisevergütungen einstecken und eine prächtige Rendite auf Kosten der übrigen Bürger erzielen. Diese Zahlungsverpflichtung akkumuliert sich im Jahre 2015 bereits auf 570 Mrd. Euro (Lit. 5). Und je hektischer die Diskussion um EEG-Änderungen, desto rascher müssen noch weitere erneuerbare Schäfchen ins 20 Jahre Geld abwerfende Trockene gebracht werden.
Das sind keine guten Aussichten für die Regierung. Die grausame Ironie der Geschichte besteht darin, daß es im Parlament keine einzige Partei gibt, die die Energiewende als Irrtum und Sackgasse ablehnt. Im Gegenteil: Sollte Rot-Grün ab Herbst 2013 regieren, wird das EEG überhaupt nicht mehr angetastet. Dann geht es allein um Bedürftigkeit, Energiebeihilfen, Energieberatung, Sozialrabatte für stromsparende Kühlschränke, kostenlose Stromkontingente für sozial Schwache, Belasten und Bestrafen der großen Energieversorger als Standard-Schurken, Energie-Soli für Reiche, neue Steuern. Dazu die Streichung der meisten Vergünstigungen für die Industrie – in der Hoffnung, daß deren Exodus und die dann anhebenden Gewerkschaftsproteste noch etwas auf sich warten lassen. Daß damit nur eine Umverteilung der steigenden Kosten erreicht wird und die dann noch stärker Belasteten auf die Barrikaden gehen, wird in Kauf genommen. Insbesondere die Grünen haben in dieser Hinsicht eiserne Nerven: Wenn das Volk die Energiewende ablehnt, dann muß es eben gezwungen werden. Wenn auch die SPD – ähnlich wie jetzt die CDU/CSU plus FDP – auf Grund des Widerstands in der Bevölkerung Rückzugsbewegungen einleiten möchte, wird es zu einem harten Konflikt mit den Grünen kommen, die auf ihrem Umbau Deutschlands in einen industriearmen Öko-Modellstaat bestehen, koste es was es wolle.
In dieser Zwickmühle sitzend hat Minister Altmaier am 1. Februar 2013 eine Nebelbombe gezündet. Sie enthält eine Mischung von Täuschungskörpern, echten kleinen Knallfröschen und eben sehr viel Nebel. Am tollsten ist seine gesetzliche Festschreibung der EEG-Umlage. Weil die sie verursachenden Kosten durch den ständigen Zubau neuer Anlagen unvermeidlich steigen, versucht Herr Altmaier hier einen Bluff, dem leider bald nach dem Wahltermin die Luft ausgeht. Adam Riese auszutricksen, klappt auch dieses Mal nicht. EEG-Anlagenbetreibern einen „Energiesoli“ abzuknöpfen, ist prinzipiell richtig, wird aber große juristische Widerstände auslösen – mit unbekanntem Ergebnis. Das trifft selbstverständlich auch auf einige Punkte des fiktiven Programms Energiewende Light“ zu. Das Gleiche gilt für den Versuch, bei einem zu starken Zubau die Vergütungszahlungen zu verzögern: Juristischer Krach stünde ins Haus.
Dennoch ist Altmaiers Plan clever: Mit seiner Nebelbombe nimmt er der Opposition etliche Argumente weg. Er will ja keine weiteren Strompreissteigerungen. Er will den ungebändigten Windmühlen- und Photovoltaik-Zubau dämpfen. Wer bitte ist dagegen ? Sein Blick ist auf den Bundesrat gerichtet, der – nun mit rot-grüner Mehrheit – gewiß alles ablehnen wird, was die EEG-Profiteure stört. Aber dann sind für die Regierung und wohl auch für die Medien die SPD und die Grünen am weiteren Anstieg des Strompreises Schuld. Die Absicht ist, dieses Schwarze-Peter-Spiel rechtzeitig vor der Wahl ablaufen zu lassen, weshalb der Minister den August als Termin für diese Gesetzesänderungen nannte. Schon zeigt die SPD Trefferwirkung: Sigmar Gabriel schlug vor, statt dessen die Stromsteuer – nur ein kleines Stück in der Summe der staatlichen Steuern, Abgaben und Umlagen - zu senken. Das bringt zwar maximal 2 Cent/kWh, wäre aber auch ein Schritt in die richtige Richtung – und ärgert den Finanzminister. Die Grünen warnten, daß mit Altmeiers Plan die Investoren in „Erneuerbare“ verunsichert würden und mit Zurückhaltung reagierten. Dieser Vorwurf ist ein Lob: Denn damit bestätigen sie dem Minister, daß sein Plan die gewünschte Wirkung hätte. Der Präsident des Fachverbandes Biogas Pellmeyer erklärte: „Für unsere noch junge Branche wäre das eine Katastrophe“. Im krassen Gegensatz dazu zeigte die Windbranche weiterhin großen Optimismus: Sie beabsichtige, 2013 um 23 bis 44 Prozent zu wachsen, teilte der Bundesverband Windenergie mit. Und die Solarstrombranche hofft weiterhin auf EU-Dumpingmaßnahmen gegen chinesische Importe…
In diesem Kasperletheater haben nun alle eine Pritsche in der Hand und schlagen aufeinander ein.
Selbst wenn ein Wunder geschähe und Altmaiers Wundertüte unverändert durch den Bundesrat käme, wäre die Wirkung nur eine leichte Verzögerung weiterer Investitionen in Wind- und Solarstrom – begleitet von ausgiebigen Prozessen – und keine Entspannung der bereits gefährlichen Situation, die durch die längst existierenden Anlagen herbeigeführt worden ist. Dieses Wunder wird aber nicht geschehen. Da inzwischen sämtliche Akteure, Nutznießer und Betroffene der Energiewende vollkommen divergierende Interessen haben, was noch von einem ebenso chaotischen Zielwirrwarr bei den Bundesländern und dem Ergebnis der Bundestagswahl überlagert wird, sind alle Prognosen über die Situation am Jahresbeginn 2014 noch unzuverlässiger als Kaffeesatzleserei. Vermutlich wird alles erst noch schlimmer; sehr viel schlimmer.
Die „Energiewende Light“ wird natürlich nicht kommen
Kehren wir zum Phantasieprogramm „Energiewende Light“ als Übungsgerät zurück. Wenn schon politisch nicht durchsetzbar, dann aber bitte konsequent.Jede einzelne der oben aufgelisteten Änderungen würde – falls als Gesetzesvorschlag eingereicht - auf den erbitterten Widerstand der finanziellen und politischen Profiteure sowie der grün besetzten Redaktionen und aller politischen Mitläufer der Energiewende stoßen.
Das vorgestellte chancenlose Gesamtpaket, das sicherlich noch um etliche Punkte ergänzt werden könnte, ist mit seinen vielen Änderungsvorschlägen und Rücknahmen von bereits erfolgten staatlichen Maßnahmen zumindest dazu geeignet, den unglaublichen politischen und wirtschaftlichen Zerstörungsprozeß zu veranschaulichen, den die Regierungen bereits in der Energiepolitik zu verantworten haben.
Die beschriebenen erforderlicher Veränderungen zurück zu einer funktionierenden und bezahlbaren Energiewirtschaft erscheinen wie ein riesenhafter, abzutragender Problemberg. Dabei ist die dafür gewählte Überschrift „Energiewende Light“ aber nicht einmal ironisch gemeint. Denn auch darin werden die „Erneuerbaren Energien“ - die es übrigens nicht gibt; „regenerative Energien“ wäre korrekt – keineswegs abgeschrieben oder verdammt, sondern sie sollten ihren sinnvollen Platz innerhalb des Energiesystems erhalten – siehe die Ausführungen zum Wärmemarkt.
Das Dilemma der deutschen Energiepolitik beruht auf mehreren Faktoren:
Ideologen haben es geschafft, durch Angstpolitik gegen konventionelle Energietechniken, verbunden mit unhaltbaren Versprechen in Bezug auf den Nutzen und die angeblich erreichbare Wirtschaftlichkeit der „Erneuerbaren“ die Regierungspolitik in eine desaströse Richtung zu lenken und viele Milliarden an Volksvermögen zu vernichten.
Weil es hauptsächlich um technische Sachverhalte geht, die von der breiten Mehrheit der Bevölkerung nur unzureichend verstanden werden können, werden technisch-wirtschaftliche Unsinnigkeiten in den staatlichen Maßnahmen nicht sofort erkannt. Widerstand erhebt sich erst, wenn die immer weiter steigenden Kosten der Energiewende die Verbraucher treffen. Dann aber ist ein großer Teil der Schäden bereits angerichtet worden.
Die Medien vernachlässigen ihre Pflicht zur kritischen Begleitung der Regierungspolitik. Sie verbreiten im Gegenteil irreführende, beschönigende Informationen über die Energiewende und setzen ihre Angstkampagnen gegen Kernenergie, Shale-Gas-Förderung, Kohlekraftwerke und generell CO2-Emissionen (Klimaangst) fort. Den Grund für diese Selbstzensur und Manipulation hat eine Umfrage in Redaktionen zur politischen Selbsteinschätzung ihrer Mitglieder ergeben: 70 Prozent nannten die Grünen.
Die Menschen bemerken jedoch die Widersprüche in der Energiepolitik: Die politische Begründung für die Energiewende war von Anfang an der „Klimaschutz“, was die massive Verringerung der angeblich schädlichen CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung bedeutete. Also weniger Kohle- und Gaskraftwerke. Dann kam Fukushima und die Bundeskanzlerin ergriff die Chance, den Grünen das Thema Kernenergie durch ihren Atomausstieg wegzunehmen, nachdem sie kurz zuvor eine Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke erreicht hatte. Der Atomausstieg wurde dann offiziell zu einem neuen Bestandteil der Energiewende, ruinierte aber gleichzeitig dessen Hauptziel „Klimaschutz“, denn die abgeschalteten CO2-freien Kernkraftwerke mußten nun vorrangig durch Kohlekraftwerke sowie Gaskraftwerke ersetzt werden. Werden weitere Kernkraftwerke stillgelegt, verstärkt sich diese Entwicklung noch. Soeben, am 1. März 2013, mußte das BMU melden, daß Deutschland nach Jahren stetiger Verringerung im Jahre 2012 seine CO2-Emissionen wieder um 1,6% erhöht hat. Bundesumweltminister Altmaier sprach von „bedrückenden Zahlen“. Wozu dient nun die Energiewende ? Das kann heute niemand mehr erklären. Aber man registriert den raschen Anstieg des Strompreises.
In der öffentlichen Meinung sind merkliche Änderungen im Gange. Die Printmedien nehmen eine zunehmend kritische Haltung ein, aber sie sind nicht mehr allein: Eine stetig stärker werdende Alternative zu den deutschen Zeitschriften und dem Fernsehen stellt das Internet dar. Hier kann jeder die in den Redaktions-kontrollierten Medien unterdrückten kritischen Berichte und Kommentare abrufen. Insbesondere der jüngere Teil der Bevölkerung nutzt diesen Informationskanal immer stärker. Noch ist dieser Anteil am Nachrichtenmarkt nicht dominierend, aber die Entwicklung läuft stetig darauf zu – mit den entsprechenden politischen Wirkungen, wenn die Ideologen die Kontrolle über einen ausreichend großen Teil der Medien verloren haben.
Vielleicht spürt die Politik diese Wirkungen viel eher, als es die fiktive Partei LP mit ihrer noch fiktiveren energiepolitischen Kehrtwendung schaffen könnte.
Die nächste Wende kommt jedenfalls bestimmt.
(Lit.5):http://www.eike-klima-energie.eu/energie-anzeige/wind-und-sonne-schicken-keine-rechnung-was-uns-kostenlose-energie-wirklich-kostet/