Von Günter Keil
Eins vorab: Die Energiewende in der bisher begonnenen und weiterhin geplanten Form wird ausweglos scheitern. Die politisch Verantwortlichen haben es geschafft, gleichzeitig die Gesetze der Physik und der Mathematik und dazu noch das Gebot wirtschaftlichen Handelns und seriöser Planung zu ignorieren; ein Triumph der Inkompetenz.
Die Reaktion der Bürger auf die Kostenlawine beginnt jetzt der Regierung Angst zu machen – die Wahlen stehen bevor. Minister Altmaier hat nun rasch eine Nebelbombe geworfen, die kurz vor der Wahl zünden soll. Der Trick: Eine gesetzliche Kostenbremse, ohne aber die Ursachen der weiter steigenden Kosten zu bekämpfen. Seine Hoffnung: Der Bundesrat wird seinem Vorschlag die wenigen Giftzähne ziehen und alles ablehnen.
Hiermit wird nun ein Vorschlag für eine Rückkehr zu einer funktionierenden Energiewirtschaft vorgestellt, der auch die regenerativen Energien in sinnvoller Weise und in tragbarem Umfang einbezieht – daher die nicht nur ironisch gewählte Bezeichnung „Energiewende Light“.
Daß die darin beschriebene Politik auf absehbare Zeit nicht die Spur einer Chance hätte und daß Deutschland erst durch das tiefe Tal des Beihnahe-Zusammenbruchs hindurch muß, ist dem Autor klar.
1. Das große Dilemma – und ein Sandkastenspiel
Alle Parteien sind sich einig. Die DDR läßt grüßen. Die Verbindung von großspurigen Phantasiezielen und völliger Unfähigkeit der Ministerialbürokratie zur Ablieferung seriöser Arbeit; die zahllosen Fehlentscheidungen und hilflosen Reparaturmaßnahmen, die immer weiter getriebene Planwirtschaft – und alles kritiklos von einem Parlament und einem Bundesrat abgesegnet, dessen Mitglieder nur an Stücken vom Subventionskuchen interessiert sind - führen unweigerlich in eine Wirtschaftskatastrophe, die mit einem Exodus der Industrie und der Verarmung der Bevölkerung einher geht (Lit. 1). Weil es dagegen – abgesehen von der sächsischen FDP, die hier die Rolle des gallischen Dorfes einnimmt - keine politische Opposition gibt, wird der Karren ungebremst an die Wand gefahren. Die Lage wird sich noch durch den Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat weiter verschlimmern, weil nun die rot-grüne Mehrheit alle Versuche der Regierung, irgend etwas Substantielles am EEG abzuändern, abschmettern wird.
Das Fatale an dieser Situation ist die große Einmütigkeit aller politischen Parteien in ihren Bekenntnissen zur Merkelschen Energiewende, die einerseits sehr an das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern erinnert, andererseits aber auch an die pflichtgemäßen Kampf- und Siegesparolen und Gelöbnisse in der DDR. Diese Haltung wird von den Medien überwacht, die Abweichler und Gegner der Energiewende an den Pranger stellen. Die regierungsfrommen Bekenntnisse insbesondere aus den Verbänden erreichten einen Tiefpunkt mit der wiederholten Behauptung, die Energiewende sei „unumkehrbar“. Anscheinend haben sich diese Herren von der Demokratie verabschiedet, in der nun einmal alles, was einmal eine Mehrheit beschloß, auch wieder geändert oder auch abgeschafft werden kann. Sie sind zu gehorsamen Befehlsempfängern geworden.
Es gibt keine politische Kraft in Deutschland, die die Kritik an der gegenwärtigen Energiewendepolitik zu ihrem Programm gemacht hat. Oder kennt jemand eine Partei, die z.B. diejenigen Bürger vertritt, die die Nutzung der Kernkraft befürworten ? Ihre Zahl ist beachtlich, wie es eine Befragung der BILD-Zeitungs-Leser am 16.10.2012 zeigte: Auf die Frage „Ökostrom wird immer teurer. Wollen Sie die Atomkraft zurück ?“ antworteten 118.827 Leser mit „Ja“ – das waren 65% der Antworten (Lit. 2). Repräsentativ im Sinne der Befragungsmethoden war das wohl nicht. Aber verglichen mit der bei allen Meinungsumfragen typischen Zahl der Befragten von ein- bis zweitausend haben wir hier ein Votum, das mehr als hundertfach so stark ist. Diese Bürger haben aber keine politische Vertretung, denn es gibt keine Partei, die sie wählen könnten.
Weil alle Parteien einstimmig das Loblied der Energiewende singen, ist es auch gleichgültig, welche Regierung in welcher Konstellation ab Herbst 2013 an die Macht kommen wird: Sie würde die jetzige Politik weiter führen; allenfalls noch verschärft, wenn die Grünen wieder das Umweltministerium erhalten sollten, das schon jetzt weitgehend von ihren Vertrauten beherrscht wird.
Deshalb ist es auch aussichtslos, jetzt oder auch später auf Gesetzesänderungen zu hoffen, mit denen die schlimmsten Fehler der bisherigen Energiepolitik revidiert werden könnten. Niemand wird dazu eine Initiative ergreifen. Alle werden sich mit Warten und Gesundbeten begnügen. Wenn erst die Medien von ihrer bisherigen Energiewende-Propaganda auf Kritik umschalten, wird es längst zu spät sein.
Das ist der Grund für das sehr wahrscheinliche Eintreten der Wirtschaftskatastrophe als Endpunkt der Energiewende. Erst nach dem endgültigen, nicht mehr zu leugnenden Bankrott werden die Politiker umschalten: Sie werden sich dann etwa ein Jahr lang mit gegenseitigen Vorwürfen und Schuldzuweisungen beschäftigen. SPD, Linke und Grüne werden dann wie üblich die Multis der Sabotage an der schönen Energiewende beschuldigen..
Ein Sandkastenspiel: Was wäre, wenn…? Man könnte nun sagen, daß die Deutschen es nicht besser verdient haben. Wenn sie so dumm sind, sich eine solche Politik, die sie arm macht, widerstandslos gefallen zu lassen, dann geschieht es ihnen recht. Das Ärgerliche daran ist, daß die meisten Leute, die schon heute, aber erst recht in naher Zukunft unter den fatalen Folgen der angstbegründeten, ideologischen Politik leiden müssen, nur die Opfer einer riesigen Manipulation und Falschinformation sind - und daß Armut und Arbeitslosigkeit ungerechtfertigte Strafen für sie sind.
Wie könnte ein Gegenmodell einer fiktiven Opposition zur jetzigen Energiewendepolitik aussehen ? Ein Sandkastenspiel: Man stelle sich vor, daß es eine Partei gibt, die tatsächlich an die Marktwirtschaft glaubt. Es ist ja nur eine Fiktion. Sie hat auch einmal an die Freiheit des Bürgers geglaubt und lehnte deshalb früher viele staatlichen Zwänge ab, die sich die Bürokraten immer wieder ausdachten. Sie ist klein, schlecht geführt und orientierungslos. Merkwürdigerweise ist sie – zumindest bis gegen Herbst dieses Jahres – sogar als fünftes Rad am Wagen in der Regierung, weiß aber nicht mehr, weshalb. Sie hat brav alles unterschrieben, was ihr die Regierungschefin vorlegte und gehört deshalb auch zu den Energiewende-Unterstützern, ist dabei aber nicht überzeugend, weil eigentlich keiner so recht daran glaubt, es aber auch nicht besser weiß. Weil sie auf diese Weise der großen Mehrzahl der Bürger ihre Überflüssigkeit vorgeführt hat, wird sie sehr wahrscheinlich nach der großen Wahl als außerparlamentarische Kleinpartei ihr Dasein fristen. Geben wir ihr die Arbeitsbezeichnung „Liberale Partei“; kurz LP.
Das Sandkastenspiel geht nun von folgenden höchst unwahrscheinlichen Voraussetzungen aus:
1. Der sächsischen LP gelingt es, in der Grundsatzdebatte nach der verlorenen Bundestagswahl 2013, ihre Vorstellungen zur Energiepolitik durchzusetzen.
2. Die Partei hat die Situation analysiert und akzeptiert, daß es keinen Weg geben kann, der die deutsche Energiepolitik in den Zustand von 1990 zurückversetzen würde. Man stellt fest, daß man die „erneuerbaren“ Stromerzeugungsanlagen, die bereits existieren, nicht per Verschrottungsgesetz beseitigen kann, obwohl das für einen erheblichen Teil derselben das Richtige wäre. Man anerkennt ferner, daß man den Irrglauben an die Richtigkeit des weiteren Ausbaus der „Erneuerbaren“ wegen der jahrelangen Manipulation der Bevölkerung nicht mehr heilen kann. Möglich wäre aber ein sehr behutsamer Ausbau der Erneuerbaren unter neuen Bedingungen: Mit Schwerpunkt auf der Wärmeerzeugung und mit einer Stabilisierung der fluktuierenden Wind- und Solarstromeinspeisungen aller Anlagen durch zusätzliche technische Maßnahmen. Ferner die Zurücknahme aller marktfeindlichen und planwirtschaftlichen Instrumente, die der Staat mittlerweile geschaffen hat. Weiterhin die Zurücknahme des Kernenergie-Ausstiegs, womit man ein wunderschönes Gegenprogramm zu allen anderen Parteien hätte.
Wichtige Ziele dieses Programms wären: Wiederherstellung einer zuverlässigen Stromversorgung, drastische Senkung des Strompreises, Beendigung aller teuren Privilegien für Energietechniken, faire Zusammenarbeit mit den Nachbarländern in der Energiepolitik. Das Programm sollte einen eingängigen Namen erhalten: Vielleicht „Energiewende Light“. Das Protestgeschrei der grünen Medienredaktionen wäre eine willkommene Werbung für die Partei.
(1): Günter Keil: „Die Energiewende ist schon gescheitert“, TvR Medienverlag, Jena
2012, ISBN 978-3-940431-32-5
(2): BILD vom 16.10.2012: Atomstrom-Umfrage: http://www.eike-klima-energie.eu/
climategate-anzeige/bild-umfrage-buerger-in-grosser-mehrheit-fuer-mehr-kernkraft-
oder/
Die nächste Folge: „Energiewende Light. Das Programm“