Manfred Haferburg / 13.08.2019 / 06:29 / Foto: Tim Maxeiner / 75 / Seite ausdrucken

Energiewende: Hallo Deutschland, Kudankulam is calling

Ich arbeite für ein paar Tage im Kernkraftwerk Kudankulam am Indischen Ozean. Wir sind ein kleines Team – mit dabei sind ein Russe, ein Katalane und ein Holländer – die unseren indischen Kollegen dabei helfen wollen, die besten internationalen Standards der Sicherheitskultur in der Kernenergie kennenzulernen. Das Kraftwerk steht im indischen Staat Tamil Nadu im äußersten Süden des Landes, der parallel zum Urlaubsparadies Kerala liegt, aber wenig touristisch ist.

In Kudankulam produzieren zwei große 1000-MW-Druckwasserreaktoren russischer Bauart WWER 1000 Strom für das energiehungrige Indien. (Um es mal in grüner Terminologie auszudrücken: So ein Reaktor erzeugt Strom für mehr als drei Millionen Haushalte. Ein Windrad von 6 MW schafft in der Praxis Strom für 500 Haushalte). Zwei weitere neue Blöcke gleicher Bauart sind in Kudankulam noch im Bau und noch zwei weitere in der Planungsphase. Die im Bau befindlichen gehen in etwa zwei Jahren ans Netz. Die Lieferung der Anlagen erfolgt komplett aus Russland. Deutschland konnte sowas auch mal bauen, hat es aber vollkommen verlernt. Den Grünen ist der beabsichtigte „Fadenriss“ komplett gelungen. 

Indien betreibt 21 Kernreaktoren an sieben Standorten. Es sind derzeit acht neue Kernkraftwerke im Bau, darunter ein natriumgekühlter schneller Brutreaktor, um den Brennstoffkreislauf zu schließen und für hunderte von Jahren Kernbrennstoff zu haben. Weitere Reaktoren sind in Planung. Die neuartige Thorium-Reaktor-Technologie ist für Indien sehr vielversprechend, da Indien über reiche Thorium-Vorkommen verfügt. Die indische Kernkraftindustrie ist ein Staatsbetrieb, die NPCIL (Nuclear Power Corporation of India Limited). 

Mehr neue Kohlekraftwerke als Deutschland abschalten kann

Indien plant auch neue Kohlekraftwerke, mehr, als Deutschland abschalten kann. Das werden die Deutschen nicht verhindern können, auch wenn die Freitagsdemonstranten noch so hoch hüpfen. Das winzige Deutschland will eine Welt retten, von deren Ausmaßen es nur sehr verschwommene Vorstellung hat. Wer mit eigenen Augen sieht, unter welchen Bedingungen die meisten Menschen in Indien leben, kann dem Land nur Erfolg für sein Energieprogramm wünschen. Ganz nebenbei: in Indien kostet die Kilowattstunde acht Cent. Und das ist schon zu viel für die vielen Armen. In Deutschland sind es 30 Cent mit Tendenz aufwärts. Wir erzeugen gerade die Armut, die andere schon haben.

Indien braucht nichts dringender als Energie. Das Beste ist, wenn diese Energieproduktion auch noch sicher ist. Deshalb bin ich hier – als nuklearer „Entwicklungshelfer“. Damit keine falschen Vorstellungen aufkommen: Ich werde dafür nicht bezahlt. Sie tragen allein meine Reisekosten und füttern mich durch. 

Das Sicherheitsdesign der neuen russischen WWER 1000 ist beispielhaft. Der Reaktortyp verfügt über vier völlig unabhängige, flutsicher gebunkerte Notkühlsysteme – mit jeweils eigenen Dieselgeneratoren, Vorratstanks und Notkühlpumpen. Vier Stück sind vorhanden, obwohl eines dieser Systeme die Anlage im Notfall ausreichend kühlen könnte – das nennt man 4 x 100% Redundanz. Weiterhin gibt es ein stromunabhängiges Nachkühlsystem des Sicherheitscontainments, welches mit natürlicher Konvektion arbeitet. Passive Druckspeicher, die bei einem Leck den Reaktor mit Borsäure fluten und somit abschalten, ohne dass eine Pumpe laufen oder ein Ventil geöffnet werden muss, gehören genauso zum Design wie die heute weltweit üblichen Maßnahmen, die aus Fukushima gelernt wurden: Flutdämme, mobile Dieselgeneratoren und hoch gelegene große Kühlwasservorräte.

Wer schon mal ein indisches Baugerüst gesehen hat...

Die Reise nach Kundankulam war ein Abenteuer der dritten Art. Sechs Stunden Flug nach Dubai und fünf Stunden Flug zum internationalen Flughafen Thiruvananthapu (Das ist Tamil und ich kann es auch nicht aussprechen). Ein besonderes Erlebnis war die Vier-Stunden-Fahrt im Kleinbus vom Flughafen nach Kudankulam. Der Verkehr ist, gelinde gesagt, etwas gewöhnungsbedürftig. Der hier übliche Sicherheitsabstand bei 80 km/h beträgt einen halben Meter, der seitliche Abstand gefühlt einen Zentimeter. Die Straßen sind in katastrophalem Zustand. Auf den Schlaglochpisten wuseln alte Lastwagen, Dreiradtaxis, Motorräder, die mit vier Personen in Flipflops besetzt sind, Kühe, Ziegen und Hunde, Geisterfahrer aller Fahrzeuggattungen und fröhlich telefonierende Barfußgänger in einem absoluten Chaos durcheinander. Polizeikontrollen? – Die haben Besseres zu tun.

Mein Fahrer bahnt sich unter ständigem Hupen in atemberaubendem Tempo den Weg, während ich mich – es gibt keinen Sicherheitsgurt – ängstlich in Flugzeugabsturzposition hinter seinen Sitz drücke und dem heiligen Sebastian eine Kerze nach der anderen verspreche. In Indien sterben 350 Menschen durch Verkehrsunfälle – pro Tag. Das macht 130.000 Verkehrstote pro Jahr. Und wir wollen im Kraftwerk dieselben Leute dazu erziehen, sich beim Treppensteigen am Geländer festzuhalten und eine „Hold-the-handrail-Policy“ durchzusetzen. Wer schon mal ein indisches Baugerüst gesehen hat weiß: Hier eine Sicherheitskultur aufzubauen, braucht Geduld, Beharrlichkeit und Konsequenz. Trotzdem muss es getan werden, damit die Tucktuck-Kultur am Werktor aufgehalten wird.

In meinem Seminar sitzt Führungspersonal aus verschiedenen indischen Kernkraftwerken. Bei meinen Vorträgen pflege ich mich normalerweise auf einige wenige Gesichter zu konzentrieren, um mir anhand des Ausdrucks Feedback zu holen. Das funktioniert hier überhaupt nicht. Die Teilnehmer – es ist auch eine Frau dabei – schütteln ständig lächelnd den Kopf, als würde sie das Vorgetragene ablehnen. Nur, hier in Südindien heißt Kopfschütteln Zustimmung und Nicken Ablehnung. Natürlich weiß ich das, aber es ist trotzdem schwierig, sich umzugewöhnen. Es ist auch mehr als schwierig, die in singendem Indien-Englisch gestellten Fragen zu verstehen. Das indische Englisch ist von der Betonung her eine Mischung aus Englisch, Hindi, Bengali und Tamil. Oft rate ich, was der Fragesteller wissen will. Trotz der Sprachbarriere ist das Interesse enorm, und die Leute sind genauso wissensbegierig, wie sie liebenswürdig sind. Es ist sogar jemand vom KKW Kakrapar im Norden über den ganzen indischen Kontinent angereist.

Mit großem Bahnhof auf die Toilette des Direktors

Es ist Monsunzeit, ein zärtlich-heißer Sturm zerrt am kurzärmeligen Hemd, das hier der Dresscode ist. Lange Hose, keine Sneakers, kein Schlips. Oft schüttet es warmen Regen wie aus Kannen. Hier treffen drei Meere aufeinander: der Indische Ozean, der Golf von Bengalen und das Chinesische Meer. Es gibt keine Jahreszeiten, es ist stets Sommer und daher sommerlich heiß. Die Inder lieben es, ihre Klimaanlagen auf eiskalt einzustellen, was mich oft in geschlossenen Räumen frösteln lässt. Aber Klimaanlagen gelten bei diesen Temperaturen als Luxus, da müssen sie auch ordentlich gebraucht werden. Auch im Hotel ist das Schlafen ohne Klimaanlage nicht vorstellbar.

Das Essen ist vor allen Dingen eines – scharf. Die meist vegetarischen Gerichte treiben einem Schweißtropfen auf die Stirn. Wer Fleisch mag, bekommt „Chicken 65“. Das sind höllenscharfe Stücklein eines Huhns, von dem ich annehme, dass es auf eine Landmine getreten ist. Jedenfalls besteht es aus Stücklein einer Mischung von Knochen, Knorpel und Fleisch, von roten Gewürzen ummantelt. Zu allem Übel, Tamil Nadu ist ein trockener Staat, es gibt nicht mal Bier zum Wegspülen der Schärfe.

Ich bin vom Abend zuvor schwer unterhopft und habe wohl zu viel vom Chicken 65 zum Frühstück genascht. In meinem Bauch tobt jedenfalls ein Tsunami, es ist Vormittag, und wir sind mitten beim Kraftwerksrundgang. Im Informationszentrum entwische ich diskret der Gruppe. Immer der Nase nach. Als ich das Örtchen gefunden habe, ist plötzlich die Not nicht mehr so groß, mir vergeht förmlich alles. Doch der Schock ist nicht nachhaltig und ich muss mich notgedrungen und möglichst diskret meinem Betreuer offenbaren. Der Kollege erklärt mir den kulturellen Unterschied: „Indische Menschen benutzen normalerweise kein Toilettenpapier, sondern Wasser“.

Dann telefoniert er eilig umher und sie fahren mich – wie peinlich – ins Verwaltungsgebäude. Dort werde ich mit großem Bahnhof auf die Toilette des Direktors gebracht, der somit nunmehr auch detailliert Bescheid weiß.  Als wir ankommen, wienert ein Reinigungstrupp das Örtchen. Leider funktionierte die wichtigste Informationskette nicht schnell genug, um Papier herbeizuschaffen. Mir bleibt nur das Motto des heiligen Augustinus: „Wenn du in Indien bist, mach es wie die Inder“. Als ich etwas blass und untenrum ziemlich benässt wiedererscheine, überreicht mir der Direktor coram publico mit stolzem Handschlag eine Rolle Toilettenpapier. Komme ich jetzt womöglich im tamilischen Fernsehen?

Um das Kernkraftwerk herum hunderte von Windrädern

Interessant ist, dass um das Kernkraftwerk herum hunderte von Windrädern stehen – Kudankulam ist eine windreiche Gegend. Die Inder denken nicht daran, den großen deutschen Energiewendern zu folgen und Ihre Kernkraftwerke abzuschalten. Sie nutzen lieber alle Energiequellen, derer sie habhaft werden können. Atom- Solar- und Windkraft dienen als kohlenstofffreie Technologie. Indien baut aber auch Kohlekraftwerke.

Viele Menschen in Indien sind sehr arm. Die Bevölkerung wuchs in den letzten 50 Jahren von einer halben Milliarde auf 1,3 Milliarden. Dieser Zuwachs braucht Energie – für Nahrung, Güterherstellung, Transport, Kommunikation, Klimatisierung und vieles andere mehr. Und ja, sie möchten auch gerne einen kleinen gebrauchten Tata oder Maruti-Suzuki fahren, wer kann es ihnen verdenken? Die deutschen Grünen können es jedenfalls nicht verbieten, es sei denn, sie lassen die Bundeswehr einmarschieren. Dazu müsste die aber erst noch ein bisschen aufrüsten. In Deutschland ist sich offenbar kaum jemand bewusst, dass sich der weltweite Energiebedarf in den nächsten 40 Jahren verdoppeln wird und dass der Klimawandel in Asien und Indien irgendwie nicht stattfindet, weil die Leute dort ganz andere Sorgen haben.

Indien steht vor gigantischen Aufgaben. Gegenwärtig arbeitet die Regierung an einer Initiative, die „Sauberes Indien“ heißt. Das ist bitter nötig. Es muss landesweit eine funktionierende Müllabfuhr organisiert werden, es muss für alle Inder einen Zugang zu hygienischen Toiletten geben. Indien bemüht sich um Umweltschutz – Plastiktaschen wurden gerade verboten. Nur muss man sich mal die Schwierigkeit der Durchsetzung eines solchen Verbotes für 1,4 Milliarden Menschen vergegenwärtigen. Es muss vor allem die Kultur des „retired in place“ überwunden werden. Das heißt, dass künftig nicht mehr benötigtes Material oder Abfall aller denkbaren Art nicht einfach in Haufen und Halden liegen bleibt, sondern abtransportiert wird. 

Nummer 65 auf dem Ernährungsplan der indischen Armee

Sicher wird die nächste Großaktion der Regierung auch versuchen, das Verkehrschaos in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig müssen die Sozialsysteme und die Infrastruktur verbessert, Wohnungen, Straßen und Fußwege müssen gebaut werden. Alles Dinge, die es heute nur unzureichend gibt. Hinzu kommen die schwelenden Konflikte mit Kaschmir und Pakistan. Glaubt wirklich jemand, dass sich Indien angesichts solcher Aufgaben mit einem Kernkraftausstieg, der Dekarbonisierung und Feinstaubmessung von Millionen von Tucktucks herumschlagen kann? 

Erst kommt nämlich das Fressen und dann kommt die Moral. Das Brecht-Zitat gilt besonders für Länder, in denen nicht für alle Einwohner genug da ist. Und wir deutschen Weltretter – hoffen wir darauf, dass uns unser moralischer Anspruch nicht auf die Füße fällt .

Zum guten Schluss möchte der geneigte Leser sicherlich noch wissen, warum das teufelsscharfe Hühnchen denn nun „Chicken 65“ heißt. Es sind zwei Erklärungen überliefert. Entweder, das Hühnchen kostet genau 65 Rupien oder das Gericht hatte die Nummer 65 auf dem Ernährungsplan der indischen Armee. Nur Lakshmi, die vierarmige Fruchtbare, wird es genau wissen.

 

Manfred Haferburg ist der Autor des autobiografischen Romans „Wohn-Haft“. Als Schichtleiter im Kernkraftwerk kämpft er gegen Macht und Dummheit der Bonzen. Es macht ihn verdächtig, weil er sich der Einheitsbreipartei verweigert. Hexenprobe der Stasi ist eine erfolglose Anwerbung als Spitzel. Bald steht er auf allen schwarzen Listen seines Heimatlandes. Eine Flucht misslingt und eine Odyssee durch die Gefängnisse des „sozialistischen Lagers“ beginnt. Der Mauerfall rettet ihm das Leben und ein neues Leben in Paris wird aufgebaut, während sich in Deutschland die Spitzel im Bundestag breitmachen und die ehemaligen Genossen sich gegenseitig ums SED-Erbe den Schädel einschlagen. Ein Buch, dass den Leser schier atemlos umblättern lässt. (47 Kundenbewertungen, 4,6 von 5 Sternen)

Foto: Tim Maxeiner

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Angela Seegers / 13.08.2019

Danke Herr Haferburg. Habe sehr gelacht, kenne ich es ein kleines Stück durch eigene Reisen, Tamil Nadu ist mir jedoch fremd. Die Menschen dort leben, überleben, strahlen eine große Freundlichkeit aus, trotz allem. Für uns gewöhnungsbedürftig. Hier in Deutschland ist Frust, Aggression und Maulkorb zum festen Alltagsbestandteil geworden. Auch wenn ich der Kohlekraft, wegen der miesen Umweltbilanz und geringfügigen Ausbeute für Stromerzeugung, kritisch gegenüber stehe, bleibt Indien und vielen anderen asiatischen Ländern nichts anderes, um die „Stromgier“ zu befriedigen. Beim Atomstrom bin ich bei Ihnen, da es die sauberste Stromerzeugung ist und die Angstmacherei hier in Deutschland wahnsinnige Formen annimmt. Falls Sie mal in Kerala sind, schöne Grüße.

Uwe Stegemann / 13.08.2019

Hallo Achgut.com, der Artikel stellt eine mögliche Sicht auf das Thema Energiewende dar. Leider ist es die Sichtweise einer klassischen Ingenieursschule, dass durch immer größere Kraftwerke immer mehr Energiebedarf gedeckt werden muss. Natürlich kann man sich als Ausrede immer selbst einreden, dass ein Absenken der deutschen Emissionen an CO2 auf Null nicht den Ausstoß von Indien kompensieren kann. Wichtig ist, dass wir in Deutschland anerkennen, dass alle Menschen das gleiche Recht auf CO2-Ausstoß haben. Wenn wir das akzeptieren und uns dann vor Augen führen, dass der Pro Kopf Ausstoß in Deutschland noch um ein Vielfaches über dem Pro Kopf CO2 Ausstoß eines Inders liegt, dann verstehen wir vielleicht, dass es kein Widerspruch ist, dass wir in Deutschland Handlungsbedarf haben und die Inder nicht. . Ach ja, mal zum Nachdenken: Es gab mal ein Projekt, das nannte sich “GROWIAN”. Da haben die großen Energieversorger ein Windrad von 5 Megawatt gebaut und aufgestellt. Das gewünschte und auch erreichte Ergebnis war, dass das Ding nicht vernünftig funktionierte. Damals war das kein Wunder, denn man hatte versucht eine neue Anlage aus dem Nichts heraus zu konstruieren. Interessanterweise sind Windräder der Größe 5 MW heute nichts besonderes (mehr). Was lernen wir also daraus? Wenn man einen See trocken legen will, dann darf man nicht die Frösche fragen, was sie davon halten. . Beste Grüße . Uwe Stegemann

Frank Grossfuss / 13.08.2019

Und da das Argument “Radioaktiver Abfall” bei der Verteufelung der Kernkraft zu erwarten ist: Man google mal nach “BN-800” - ein neuer russischer Reaktortyp, der bis zu 96% des radioaktiven Abfalls anderer AKW’s verarbeitet. Der erste ist unlängst im kommerziellen Betrieb ans Netz gegangen - früher wäre eine solche Entwicklung aus Deutschland gekommen… Merke: Der erste Otto-Motor leistete ja auch keine 500 PS - es bedurfte Forschung und Entwicklung.

Andreas Hofer / 13.08.2019

Es geht bei der deutschen Energiewende ja auch nicht um Weltenrettung, sondern um den Abbau oder Verlagerung hochproduktiver Arbeitsplätze. Und damit ist die Energiewende sogar sehr rational, denn sie sorgt für steigende Profite. Ein Ingenieur kostet in Sofia doch nur einen Bruchteil eines Ingenieurs in Stuttgart.

Volker Voegele / 13.08.2019

Etwas Wasser in den Wein, werter Herr Haferburg, darf ich schon schenken. Indien und Sicherheitskultur, das sind zwei verschiedene Welten. Nicht, dass die indischen Kernkraftwerkskonzepte nichts taugen würden. Aber jede technische Anlage braucht permanente Überprüfung und Wartung. Und das ist bisher ein großes Problem in den indischen Kraftwerken. Nicht nur meine Erfahrung. Ansonsten ein sehr stimmiger Bericht.

Leo Hohensee / 13.08.2019

Hallo Her Haferburg, Kernkraft ist ja ein Feld in dem sich der Normale nicht auskennt. Ich stelle hier einmal mein kindlich naives Verständnis vor mit der Bitte an Sie, so ein paar Grundlagen darzustellen - auch wenn es Ihnen weh tun sollte und Sie „meine Vorstellung“ davon mit einer “ungenügenden Note” versehen müssen. Ich habe die Sache so verstanden, dass man aus Brennelementen maximal 5 % der vorhandenen Energie ziehen kann; sie gelten als ausgebrannt obwohl mindestens noch 95 % der Energie enthalten ist. Es gibt nur noch keine Techniken an diese 95 % heranzukommen. Für mich heißt das schon einmal, ein “ausgebrannter” Brennstab ist kein Müll sondern eine Ressource. Weiterhin habe ich Berichte so verstanden, dass Brennstäbe weniger strahlen je stärker sie “genutzt” wurden. Daraus leite ich ab, würden wir uns um Techniken bemühen, die eine stärkere Nutzung als 5 % der Brennelemente zulassen, dann gäbe es automatisch weniger Strahlung für die Endlagerung ? Also sollten wir doch mit Vehemenz an die Entwicklung sicher Techniker herangehen. Und das dieses Mal nicht aus der Sicht einer Waffennutzung sondern von vorne herein nur mit dem Ansatz einer friedlichen Nutzung. Ich hoffe, es ist nicht allzu viel falsch was ich hier sage. Danke

Gerhard Maus / 13.08.2019

Sehr geehrter Herr Haferburg, vielen Dank für diesen sehr erhellenden Beitrag. Man müsste ihn allen energiepolitischen Entscheidungsträgern zur Pflichtlektüre machen. Aber denen wird die Essenz des Beitrags an demselben vorbeigehen, und die Kanzlerin wird sagen, dass der Beitrag nicht hilfreich ist. Letzere ist ja schließlich verantwortlich dafür, dass hier etwas grandios “politisch instrumentalisiert” wurde (= was uns die Gutmenschen ja ständig verbieten, man darf kein Unglück politisch instrumentalisieren!) , nämlich der Tsunami in Fukushima. Und nun haben wir den Salat und können, weil es sonst “eng” wird, eigentlich keine Kohlekraftwerke abschalten. Sehr gut finde ich, dass Sie auch den Finger in die Wunde legen, dass wir kleines Völkchen KEINEN nennenswerten Beitrag zur Welt-Klimarettung beitragen können. Es soll jetzt nur keiner wieder sagen, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen sollen, denn: ob wir uns hier deindustrialisieren oder freitags alle hüpfen, geht dem Rest der Welt am A ... vorbei!

Jan Kandziora / 13.08.2019

Herr Haferburg, ich wünsche ihnen ja Erfolg bei ihrem Bemühen, den Leuten das Anbohren des Containments abzugewöhnen. Klappt beim Schweizer aber auch nicht. Und der kann noch Atom! Sicher jedenfalls: Die Nichtbenutzung des Handlaufs wird allenfalls einen Todesfall pro Unfall nach sich ziehen, der dann jedoch eindeutig zuzuordnen ist. Ziemlich sicher auch: Dieses KKW wird nicht hochgehen, wie die meisten ja nicht hochgehen. Ganz unabhängig davon, wie perfekt das alles auf dem Papier ist und wie falsch in der Realität. Beruhigend: Wenn doch, ist das ein Problem der Leute, die da leben müssen.

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