In der Kinokomödie „Am Tag als Bobby Ewing starb“ von 2005 gibt es gegen Ende eine zauberhafte Einstellung. Ein junger Öko-Freak aus einer Landkommune hat mühsam eines dieser rostigen Windrädchen, mit denen konventionelle Bauern ihre Gräben lenzen, zum Daddeln gebracht. Siehe da, plötzlich flackert tatsächlich die 25-Watt-Birne auf, welche an einem mit dem Windrad verbundenen Mini-Generator hängt. Die Kommunarden versammeln sich um ihr neues E-Werk, als sei der Heiland herabgestiegen, werfen die Arme in die Höhe und jubeln: „Wir sind autark!“
Dieses Ziel hat bald auch die nordfriesische Insel Pellworm erreicht.
Jedenfalls gibt es einen Wissenschaftler und glühenden Propagandisten der erneuerbaren Energien namens Dr. Peter Bretschneider, welcher nach einem euphorischen Bericht der „Welt“ der hoch erfreuten 1200-Seelen-Gemeinde – immer etwas im Schatten von Sylt, Amrum und Föhr - attestiert hat, sie könne vollkommen autark werden – „im Prinzip“.
Besser noch, Pellworm könnte gar Vorreiter der Energiewende werden!
Dr. aut. Bretschneider hat schon das Kunststück vollbracht, auf einer einzigen Blogseite gleich mehrere tolle Zaubertricks zu versammeln. Zum Beispiel über die Energieerzeugung auf dem Papier und deren reale Nutzung, über Energieerzeugungskosten und Ökobilanzen. Kurzum, über das ewige Turnier zwischen den verfeindeten Rittern Brutto und Netto.*
Für Pellworms Zukunft als Energieoase haben Bretschneider und seine Kollegen vom Fraunhofer Anwendungszentrum Systemtechnik (AST) in Ilmenau eine Studie erstellt. Feine Sache, so eine Studie, wenn auch bestimmt nicht ganz billig. Weil auf der Insel angeblich dreimal so viel Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, wie ihre Bewohner und Gäste verbrauchen, die Insel aber blöderweise trotzdem per Stromkabel vom Festland versorgt werden muss, weil ihr selbsterzeugter Saft kommt und geht, wie er gerade will, schlägt der pfiffige Experte vor, auf der Insel einen Speicher zu errichten. Der soll die erratisch anfallende Ökoenergie einfangen und erst dann ins Inselnetz abgeben, wenn sie gebraucht wird.
Einen Speicher? Für Strom? Auf die Idee ist ja noch gar keiner gekommen! Warum gab so etwas bisher noch nie? Das demnächst vollautarke Pellworm dankt Dr. Bretschneider für die geniale Idee!
Leider muss der Experte den Insulanern dann aber doch ein paar Tröpfchen salziges Nordseewasser ins „Flens“** schütten. Ein solcher Speicher, wie immer der auf einer Nordseeinsel aussehen könnte, wäre – leider - „derzeit entschieden zu teuer.“
Und deshalb müssen zunächst noch ein paar weitere Anläufe zur Erreichung des großen Autarkieziels unternommen werden. Damit Pellworm irgendwann sein Kabel zum Festland kappen kann, braucht es natürlich – hätten Sie´s erraten? - erstmal eine neue Bretschneider-Studie! Die ist dem Vernehmen nach bereits beantragt. Sicher wird sie wieder nicht ganz billig sein. Wer dafür aufkommt? Selbstverständlich der Steuerzahler oder der Stromverbraucher. Im Idealfall beide. Der sich selbst erhaltende ökologisch-industrielle Komplex ist bekanntlich nie um Förderquellen verlegen.
Doch wer, bitte, möchte angesichts großer Visionen in kleinkarierten Kategorien denken?
Wenn nämlich später mal das Ei des Bretschneider entdeckt ist und der Speicher steht, dann wird das nicht nur ein großer Schritt für Pellworm sein. Nein, die ganze Welt wird auf Pellworm schauen! Das Modell Pellworm dürfte ein Exportschlager werden. Shanghai, Mumbai, Sao Paulo, Mexiko City, Transnistrien andere energiehungrige Regionen im Erdenrund werden Delegationen nach Pellworm entsenden; begierig, vom Know-how der Nordfriesen und ihrer thüringischen Energie-Coaches zu profitieren.
Bis dahin sind womöglich noch so einige Studien erforderlich. Sicherlich stehen Dr. Bretschneider und das Fraunhofer Anwendungszentrum dafür gern zur Verfügung.
*Z.B. hier: “Die wichtigste Zutaten sind bei der Energiewende vor allem die Erneuerbaren Energien. Strom aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft. Jede vierte Kilowattstunde wird in Deutschland schon heute so erzeugt. Das entspricht über 100 Milliarden Kilowattstunden im Jahr und ist übrigens fast der gesamte Jahresbedarf von 38 Millionen Polen und Polinnen; also nicht gerade der Verbrauch eines kleinen Nachbarlandes. Insbesondere Fortschritte in der Photovoltaik und bei der Windkraft haben dies möglich gemacht. Vor nicht allzu langer Zeit war die Photovoltaik zum Beispiel noch eine teure Speziallösung für die Raumfahrt. Durch Forschung und Anlaufförderungen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist die Photovoltaik aber inzwischen so bezahlbar geworden, dass auch Einzelhaushalte ihre Dächer mit Anlagen bestücken können, um selbst Strom zu erzeugen.“
**“Flensburger Pilsener“, ein so genanntes Bügelflaschen-Bier, wird auch auf Pellworm gerne getrunken. Werden mehrere „Flasch Flens“ (Userjargon) schnell nacheinander „abgepumpt“, so wird damit im Magen der Konsumenten ein nachhaltiger Alkoholspeicher aufgebaut. In der Folge befallen insbesondere Bewohner der Insel Pellworm intensive und oftmals quälende Energieautarkiephantasien, welche, sofern nicht gründlich behandelt, Wochen und Monate, schlimmstenfalls Jahre, anhalten können.
Näheres vom Flens-Experten „Brösel“; http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_–_Gekotzt_wird_später!
http://www.forschungs-blog.de/author/peterbretschneider/
http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article108791211/Pellworm-auf-dem-Weg-zur-Selbstversorgung.html