Energiewende – eine Warnung aus Japan

Nein, hier geht es nicht um Insekten, Fledermäuse, Greifvögel et cetera und auch nicht um Infraschall oder Monteure, die nicht rechtzeitig aus großer Höhe abgeborgen werden können, sondern um Strompreise. Es geht auch nicht um Geschichte (in den Wintern nach dem Zusammenbruch des Sowjet-Reiches) über Rentner, die im Winter erfroren sind, weil sie ihre Energierechnungen nicht mehr bezahlen konnten. Damals in Deutschland kaum wahrgenommen. Heute, im Zeitalter der Diskussion um „kleine Renten“ und dem zwangsweisen Abklemmen Hunderttausender vom Stromnetz wäre dies sicherlich schon etwas anders.

Hier geht es um ein Papier mit dem unverfänglichen Titel: "Be Cautious with the Precautionary Principle: Evidence from Fukushima Daiichi Nuclear Accident". Übersetzt etwa: "Vorsicht mit dem Vorsorgeprinzip, Nachweis durch das Unglück in Fukushima". Was man auf den ersten Blick gar nicht vermuten mag, dieses Diskussionspapier stammt vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. Eine Wirtschaftsforschungseinrichtung der Deutschen-Post-Stiftung. Sie soll laut Wikipedia etwa 50 Mitarbeiter haben und in einer schmucken Villa in Bonn residieren. Was mag ein Forschungsinstitut zur „Zukunft der Arbeit“ in Deutschland bewegen, eine Studie über den Zusammenhang zwischen Strompreisen und Todesfällen zu veröffentlichen? Ein Schelm, wer dabei spontan an etwas ganz anderes als das Reaktorunglück in Fukushima denkt.

Durch das Erdbeben mit anschließendem Tsunami kam es innerhalb von 14 Monaten zum totalen Abschalten aller Kernkraftwerke in Japan. Eine verständliche und richtige Reaktion. Man wollte in aller Ruhe die Ursachen und Schäden des Reaktorunglücks in Fukushima analysieren und gegebenenfalls Abwehrmaßnahmen einleiten. Bis heute sind noch nicht alle Reaktoren wieder am Netz. Hierdurch kam es zu einem scharfen Preisanstieg. In den ersten vier Jahren nach dem Unglück stieg der Anteil fossiler Energien von 62 Prozent auf 88 Prozent, parallel ging der Anteil der Kernenergie von 30 Prozent auf Null zurück.

Bis 2016 war der Strommarkt – ähnlich wie früher in Deutschland auch – stark reguliert. Es gab zehn Versorgungsgebiete, in denen jeweils ein Versorger das Monopol hatte. Dafür musste der Versorger sich seine Strompreise genehmigen lassen und zu diesem Zweck seine Kalkulationen offenlegen. Man kann daher die Ursachen der Strompreisanstiege sehr genau nachvollziehen. Gemäß dem unterschiedlichen Anteil von Kernenergie in den Regionen bewegte sich der Anstieg in Folge der Abschaltungen zwischen etwa 15 Prozent (Okinawa) und 44 Prozent (Hokkaido, Kansai).

Höherer Anteil elektrischer Energie zu Heizzwecken

Für das Verständnis der Studie sind die gänzlich anderen Abrechnungsmodi für Haushaltsstrom in Japan von Bedeutung. Es gibt einen Grundpreis und einen Zuschlag, der sich aus dem Verbrauch des Vormonats ergibt (ähnlich Arbeits- und Leistungspreis für Industriekunden in Deutschland). Der „Preisdruck“ ist damit viel unmittelbarer als bei uns mit jährlicher Abrechnung und konstanten Monatsabschlägen. Japaner reagieren dadurch sofort mit Sparmaßnahmen. Ein weiterer Unterschied zu Deutschland ist der höhere Anteil elektrischer Energie zu Heizzwecken (ähnlich Frankreich).

Die monatlichen Sterbefälle wurden aus den öffentlichen Registern entnommen und auf hunderttausend Einwohner normiert. Unterschiedliche Altersstrukturen in den Gemeinden wurden korrigierend berücksichtigt. Die stündlichen Temperaturen wurden von den meteorologischen Stationen verwendet, in acht Temperaturintervallen sortiert und mit den entsprechenden Bevölkerungszahlen gewichtet.

Im ersten Schritt wurde ein mathematisches Modell für die Quantifizierung von Strompreis und Verbrauch erstellt. Hierbei wurden noch zusätzliche Einflüsse berücksichtigt (zum Beispiel die zeitliche Verzögerung durch die Rechnungsstellung, zusätzliche Wetterdaten wie Feuchtigkeit und Wind, Anzahl der Kinder beziehungsweise Rentner im Haushalt und so weiter). Im zweiten Schritt wurde der Zusammenhang zwischen Sterblichkeit und Außentemperaturen geklärt. Im nächsten Schritt wurde aus diesen Teilmodellen ein Modell gebildet, welches die Sterblichkeit als Funktion von Außentemperatur und Strompreis darstellt. Vereinfacht kann man sagen, dass höhere Strompreise zu einer geringeren Beheizung führten und damit bei extremen Temperaturen das Risiko zu sterben anstieg.

Lange Rede, kurzer Sinn – allen Statistik-Freaks sei der Originalartikel empfohlen – die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass infolge des Strompreisanstiegs durch die Abschaltung der Kernkraftwerke im Zeitraum 2011–2014 in Japan zusätzlich mindestens 4.500 Menschen gestorben sind.

Konsequenzen für Deutschland

Bei aller Skepsis, die ein Kerntechniker gegenüber Korrelationen und daraus abgeleiteten Todesursachen hat, bleibt jedoch eine klare – wenn eigentlich triviale – Aussage: Hohe Energiepreise töten. Dies sei allen Anhängern der Öko-Sozialistischen-Verzichtskultur in ihre Gebetbücher geschrieben. Sie tötet nicht virtuell, wie irgendeine (eingebildete) Strahlengefahr, sondern ganz unmittelbar und messbar. Die „Kältetoten“ sind real und erfassbar. Kein Obdachloser oder Kleinrentner, dem Strom und Gas abgestellt wurde, stirbt freiwillig. Alle Anhänger der „Großen Transformation“ müssen sich einst wie ihre ideologischen Vorgänger Hitler, Stalin, Mao und Pol Pot für ihre Ideologie vor Gott und der Menschheit verantworten.

Wer Energiepreise in schwindelnde Höhen treibt, rettet nicht die Erde vor einem (eingebildeten) „Hitzetod“, sondern tötet ganz unmittelbar und bewusst Menschen. Dies ist die Gemeinsamkeit aller sozialistischen Hirngespinste: Eine vermeintlich bessere Welt in der fernen Zukunft soll durch einen mit Toten gepflasterten Weg erkauft werden. Und noch etwas sei allen Akteuren ins Stammbuch geschrieben: Preise sind in freier Übereinkunft aus Angebot und Nachfrage gebildete Maßstäbe für die Knappheit eines Gutes. Irgendwelche CO2-Abgaben sind demgegenüber rein planwirtschaftliche Maßnahmen und damit das genaue Gegenteil von Marktwirtschaft und freiheitlicher Gesellschaft. Sie können niemals den Weg in eine bessere Zukunft weisen.

Dieser Beitrag erscheint auch auf Klaus-Dieter Humpichs Blog nuke-klaus.net.

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Leserpost

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Heiko Stadler / 04.12.2019

Die zusätzlichen 4500 Toten ergeben sich nur durch höhere Strompreise, nicht aber durch ein instabiles Stromnetz. Viele alte und kranke Menschen sind auf lebenserhaltende Geräte angewiesen. Auch Rettungsdienst, Polizei und Feuerwehr benötigen eine zuverlässige Stromversorgung. Wie viele zusätzliche Tote es durch Stromausfälle von mehr als 15 Minuten geben könnte, lässt sich nur erahnen. Wer die “Energiewende” vorantreibt, begeht meiner Meinung nach fahrlässige Tötung. CO2 verbrauchen heißt Leben retten.

Dr. Klaus Rocholl / 04.12.2019

Wo ist denn da das Problem? Nach „grüner“ (= roter) Logik: „Das spart doch CO2 und betrifft doch vor allem alte weiße Männer (... na gut - und Frauen)“ ...

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