Manfred Haferburg / 16.10.2019 / 06:05 / Foto: Pixabay / 61 / Seite ausdrucken

Energiewende à la Française?

Die französische Regierung arbeitet still und leise daran, sechs neue Europäische Druckwasserreaktoren (EPR) zu bauen. In einem Schreiben an den Vorstand des französischen staatlichen Energieversorgers EdF gibt die französische Regierung einen Fahrplan vor, der zum Bau von sechs EPR-Reaktoren in den nächsten fünfzehn Jahren führen könnte. Das heißt derzeit aber nur: Frankreich hat nicht entschieden, die Debatte ist noch offen. Der Präsident der Republik, Emmanuel Macron, hat EdF lediglich aufgefordert, Mitte 2021 eine umfassende Studie vorzulegen, um eine Entscheidung über dieses heikle Thema treffen zu können.

„Les Echos“ hat die Betrachtungen öffentlich gemacht, nach der der Bau von sechs neuen EPR’s mit jeweils 1.500 Megawatt ab dem Jahr 2025 zur Aufrechterhaltung der französischen Stromversorgung notwendig wäre. (Franceinfo berichtet). Die französische Tageszeitung "Le Monde" berichtete am Montag von einem Brief, den Umweltministerin Elisabeth Borne und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire an EdF-Chef Jean-Bernard Lévy geschrieben haben. Darin ist der Zeitung zufolge ebenfalls die Rede vom Neubau von insgesamt sechs EPR, die paarweise an drei Standorten im Land errichtet werden sollen. Die Neubauten sollten über einen Zeitraum von 15 Jahren in Paaren gestaffelt erfolgen.

Der EPR war ursprünglich ein französisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt von Framatom und Siemens. Siemens hat sich komplett aus dem Projekt verabschiedet und Areva baut nunmehr allein dieses am meisten fortgeschrittene Kernkraftwerk der Welt. Damit ist der EPR auch ein französisches Politikum – ein Prestigeprojekt, an dem tausende hochqualifizierte Arbeitsplätze hängen. 

Uups, Frankreich arbeitet ergebnisoffen

In China laufen bereits zwei EPRs in Taishan. Im Finnischen Olkiluoto geht derzeit ein EPR mit zehnjähriger Verspätung und immensen Kosten in Betrieb. Der EPR in Flammanville/Frankreich hat bisher sechseinhalb Jahre Verspätung, was eine Kostensteigerung à la BER, nämlich eine Vervierfachung der Investitionskosten zur Folge hatte. Im Vereinigten Königreich entstehen gerade zwei neue EPRs. 

Und nun wird ruchbar, dass sechs neue EPRs für Frankreichs Stromversorgung gebaut werden sollen. Für Wirtschaftsminister Bruno Le Maire geht es allerdings nicht darum, schnell zu entscheiden. Er erinnerte daran, dass es Sache des Präsidenten der Republik und des Premierministers wäre, zu entscheiden, ob er neue Kernkraftwerke baut oder nicht. Diese Kompromisse werden im Herbst im Rahmen der mehrjährigen Energieplanung bekannt gegeben. 

Uups, Frankreich arbeitet ergebnisoffen an einer „mehrjähriger Energieplanung“? Im CO2 Ausstoß pro Kopf liegt Frankreich jedenfalls mit 6,5 t/a weit vor Deutschland mit 11 t/a und nimmt damit Platz 8 im Europavergleich ein, Deutschland landet auf dem kläglichen Platz 24

In der deutschen Politik regt sich trotzdem Widerstand gegen die französischen Pläne. "Trotz immer teureren Pleiten, Pech und Pannen beim AKW-Neubau am Ärmelkanal bekommt der Neubau sechs weitere solcher Problemmeiler den Vorzug", beklagt die Grünenpolitikerin Sylvia Kotting-Uhl, Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag im Gespräch mit dem SPIEGEL. Die Bundesregierung müsse sofort Gespräche mit Frankreich aufnehmen, „um etwas gegen diesen gefährlichen Irrsinn zu unternehmen". Da hat Frau Kotting-Uhl einen Punkt, schließlich könnte ja Frankreich das viele Geld auch in eine Energiewende à la Vorreiter-Deutschland ohne gefährlichen Irrsinn stecken. 

Der Strom kostet in Frankreich nur halb so viel wie bei uns

Natürlich gab es auch einen Aufschrei der französischen „Ecologistes“, die ihr Ziel in Gefahr sehen, den Beitrag der Kernkraft zur Stromversorgung Frankreichs von gegenwärtig ca. 75 Prozent bis 2025 auf 55 Prozent zu vermindern und dafür Frankreich mit Windstromanlagen ein bisschen aufzuhübschen. Die Frage der Gelbwesten, warum ausgerechnet 55 Prozent und nicht 65 Prozent oder 25 Prozent, konnte allerdings der französische Präsident Macron nicht zu ihrer Zufriedenheit beantworten. Und so gehen die Proteste der Gelbwesten von den deutschen Medien weitgehend unbeachtet weiter

Nebenbei sei erwähnt, dass der Strom in Frankreich mit 16 Cent pro KWh nur halb so viel kostet wie in Deutschland, wo die Energiewende zur Freude der Stromkunden und Steuerzahler unverdrossen weiter voranschreitet. Steigt doch die EEG Umlage im kommenden Jahr um weitere 5,5 Prozent an, auch die Netzentgelte werden steigen, und der Strombeschaffungspreis an der Börse steigt ebenfalls durch die Verknappung nach der Abschaltung weiterer Kernkraftwerke in Deutschland an. Da diese Verteuerung sich auch auf die zu zahlenden Steuern auswirkt, freut sich Olaf Scholz schon sehr auf die sprudelnden Steuerquellen, schließlich bestehen 55 Prozent der Stromkosten aus Steuern und Umlagen. Der Strompreis steigt und steigt, ich wage mal zu prognostizieren, dass wir uns langsam aber sicher in Richtung Strompreis-Weltmeister mit 31 Cent pro KWh qualifizieren. 

Foto: Pixabay

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K. Pape / 16.10.2019

In Österreich kostet der Bruttopreis für die kWh noch weniger als in Frankreich. Meine Tochter lebt in Graz und ich habe eben einmal unseren Verbrauch von 2.400 kwh für die ich hier momentan 25,06 ct pro kwh zahle ( ich wechsele regelmässig den Anbieter über Verivox) in ein österreichisches Vergleichsportal eingegeben. Da würde mich die kwh Brutto 8.94 ct kosten ! Für die kleine Wohnung meines Mannes in Paris entrichten wir an EdF 16 ct Brutto /  kwh bei einem Mix aus 85 % atomaren Strom, 7 % erneuerbarer Energie, 1,5 % aus Kohle Verstromung und der Rest aus Erdgas. Leider gibt es auch bei noch so intensiver Suche in Deutschland kein Entkommen mehr vor den Wucherpreisen für Energie !

Mike Hienzsch / 16.10.2019

Irgendwann muss doch mal Schluss sein mit der Preiserhöhung beim Strom, ist schon Wahnsinn was dem deutschen Bürger alles zugemutet wird. Wenn das weiter so geht brauch sich die Regierung nicht wundern das das sie nicht gewählt werden. Danke an die Grünen für die jetzt schon höchsten Strompreise in ganz Europa.

Frances Johnson / 16.10.2019

Es gibt zwei effiziente Methoden, Strom zu erzeugen: Atomkraft und Wasserkraft. In der Liste der größten Wasserkraftwerke der Welt, die von China, Russland, Kanada, USA, Brasilien und Argentinien beherrscht wird, ist Deutschland nicht dabei, Frankreich und die Schweiz immerhin mit je einem Werk. Die Grünen sind dabei, Deutschland in eine Morgenthausche Dystopie zu verwandeln. Und die französischen Grünen sind kein Stück besser, nur kleiner als Partei. Man sollte sollte sich evtl. ein Beispiel an der österreichischen Kette M-Preis nehmen und die Ungetüme ein wenig einkleiden, z.B. in Holz, wenn möglich, das würde die Akzeptanz sicherlich erhöhen. Unter den Stauseen in Frankreich scheint mir der schönste der Lac de Serre Poncon, der zehn Prozent der Energie der Wasserkraft Frankreichs abdeckt und 100 Prozent des Energiebedarfs des Département Hautes-Alpes, denn er wurde touristísch gut erschlossen. Statt Abholzen für Windkraft Stausseen mit reichlich Bäumen im Sinne von Aufforstung, dazu Atomkraft. Windräder sind ineffizient und faunafeindlich.

G. Schilling / 16.10.2019

Ist doch egal! Kobolde speichern den Strom im Netz und da die Industrie (durch dunkelgrüne Politik) so wie so bald am Ende ist, braucht D auch nicht mehr soviel Elektrizität. Die benötigte Energie importieren wir dann zu Mondpreisen von unseren lieben Nachbarn. Was auf dem Energiemarkt heute schon abgeht kann man bei “Achgut - Woher kommt der Strom” regelmäßig nachlesen. Also: Vorwärts immer - rückwärts nimmer.

R. Lichti / 16.10.2019

@Dirk Badtke:      Durch den subventionierten Grundpreis von 13€70 haben sie nur Stromkosten von 56 Cent/kWh.    Denn bei einer verursachergerechten Verrechnung der Kosten müssten z.B. die Netzkosten im Grundpreis untergebracht werden, da sie zum größten Teil verbrauchsunabhängig sind.    Da die Netzkosten (die auch anfallen, wenn keine Energie am Netzanschluss abgenommen wird) aber auf die gelieferte Arbeit umgerechnet werden, wird es auch Kleinverbrauchern wie Ihnen ermöglicht, sich Elektrizität im Haus zu leisten.  Wer sich aber ausgenommen fühlt, dem steht es frei, sich autark zu versorgen: Photovoltaikmodule sind für 1000 Euro/kW peak montiert zu haben, für inselbetriebsfähigen Wechselrichter plus Batterien sollten Sie mit um die 10.000 Euro zusätzlich hinkommen und vorbei ist die Geldschneiderei der gierigen Energieversorger.    Der Nervenkitzel, ob die Sonne wieder scheint bevor der Akku erschöpft ist (ist der Schnee von den Modulen runtergekehrt?), bereichert das Leben zusätzlich!

Paul Braun / 16.10.2019

Das überrascht mich jetzt aber: der Strom in Frankreich kostet nur halb soviel wie bei uns und trotzdem ist die deutsche Wirtschaft besser… Auf Achgut lese ich dagegen oft, dass die hohen Strompreise hierzulande die deutsche Wirtschaft zugrunde richten. Also was jetzt?!

sybille eden / 16.10.2019

Wenn diese Pläne genehmigt werden, muss ich schon sagen , sind die Franzosen wirklich vorausschauende und schlaue Kerlchen ! Sichern sie sich nicht nur ihre Stromversorgung sondern unsere gleich mit ! Allerdings wird es den deutschen eine schöne Stange Geld kosten. Mit diesem Geld kann Macron oder seine Nachfolger dann die franz. Wirtschaft modernisieren und den Berliner Flughafen fertig bauen. Ist doch eigentlich alles Klasse, oder ? Macht doch die europäische UNION endlich einmal SINN !

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