Thilo Schneider / 06.09.2020 / 10:00 / Foto: Pixabay / 36 / Seite ausdrucken

Endlich wieder: Wahre Helden!

Wer oder was, würden Sie sagen, ist ein Held? Ich persönlich definiere einen Helden als jemanden, der sich durch außerordentlichen Einsatz an einer bestimmten Person oder um die Allgemeinheit verdient gemacht hat und dies vielleicht sogar unter Einsatz seines Lebens oder seines Hab und Guts.

Tante Wiki beschreibt einen Helden wie folgt: Ein Held ist eine Person, die eine Heldentat, also eine besondere, außeralltägliche Leistung vollbringt.“ Das kann der Feuerwehrmann sein, der unter Lebensgefahr einen Säugling aus einem brennenden Haus rettet, das kann der Soldat sein, der im Auslandseinsatz getötet wird, während er seinen Kameraden das Leben rettete, das kann eigentlich jeder sein, der einem anderen in einer Notsituation beispringt. Kurios wird es jedoch da, wo denn Helden dann eigentlich gedankt und gedacht werden sollte.

Im richtigen Leben sieht das so aus: Da bekommt die Feuerwehr eine Rechnung, die Partei, die den Soldaten in den Krieg schickt, verweigert ihm das Andenken, diejenigen, die am Lautesten über „Zivilcourage“ schwadronieren, können sich nicht zu einer posthumen Anerkennung durchringen.

In einer Konfettiparade durch das Brandenburger Tor fahren

Aber Halt! So hart will ich dann doch nicht sein. Denn es gibt sie doch noch, die wirklich wahren Helden, die wahre Heldentaten in wahren Krisensituationen vollbringen, die sich heroisch und selbstlos verhalten und uns allen wie ein Fanal voranleuchten sollten! Sie erinnern sich vielleicht, als wäre es erst letzte Woche gewesen: Eine Gruppe finsterer Meuchelnazis wollte den Reichstag – oder vielmehr seine Treppe – stürmen und da Selfies machen, und nur dem mutigen, tapferen Einsatz dreier selbstloser Polizisten ist es zu verdanken, dass irgendetwas vielleicht Schlimmeres bis hin zum Staatsstreich oder dem Betreten des Bundestags ohne gültige Eintrittskarte außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten verhindert wurde. Durch Brüllen („Ich will, dass Sie da weggehen“) und das engagierte Wutschen und Wedeln mit einem Schlagstock wurden mindestens, wenn nicht noch viel mehr Usurpatoren aufgehalten.

Ja, diesen drei Helden wurde endlich einmal öffentlich Dank gezollt. Nicht nur die Mindestanforderung, der Empfang bei dem höchsten formalen Amtsinhaber dieser (gerade noch einmal so davongekommenen) Republik wurde erfüllt, nein, es werden weitere Stimmen laut, diesen lebensgefährlichen Einsatz noch weiter zu würdigen. Wenigstens muss den Beamten auch das Bundesverdienstkreuz verliehen werden. Denn jene haben es sich „für Leistungen, die im Bereich der politischen, der wirtschaftlich-sozialen und der geistigen Arbeit dem Wiederaufbau des Vaterlandes dienen“ erarbeitet, und der Orden soll ja auch eine „Auszeichnung all derer bedeutet, deren Wirken zum friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beitragen“. So zumindest der diesmal erstaunlich humorbefreite Wolfgang Kubicki. Außerdem sollen sie schneller befördert werden. Also, in der Laufbahn. Nicht in der Berliner S-Bahn.

Aber genügt das wirklich, um echte Helden zu würdigen? Ich meine: Nein. Auf keinen Fall. Sehen wir uns doch einmal an, wie echte Helden früher gefeiert wurden: Warum lassen wir die wackeren Verteidiger des Reichstags nicht in einer Konfettiparade durch das Brandenburger Tor fahren? Wir könnten, ganz umweltfreundlich, ja ein offenes Elektroauto und Rosenblüten verwenden? Was ist mit Jungfrauen, Lerchenzungen und anderen erlesenen Benefits und Speisen für unsere Helden? Auch wenn es natürlich mit Jungfrauen über dem justiziablen Alter in Berlin eher mau aussehen dürfte? Schickt Weihrauch, Gold und Wencke Myhre! Helden wurden uns geboren! Flechtet ihnen Kränze! Aus Lorbeer, Eichenlaub und Fenchel!

Muss es jedes Mal erst Krieg geben?

Lasst Herbert Grönemeyer hymnische Elogen auf sie komponieren! Und von Steinmeiers Lieblingskapelle „Feine Sahne Fischfilet“ vortragen! Leute, da muss was gehen. Wann sah man je seit der Eröffnung des ersten Apple-Stores in Berlin derartige Heldentaten? Ja, verdammt, warum wird der Reichstag nicht illuminiert? Ist allen Ernstes kein Scheinwerfer aufzutreiben, der das Logo der Berliner Polizei in den Himmel wirft? Ist es einer so reichen Stadt wie Berlin, einem so reichen Land wie der Bundesrepublik nicht möglich, ein 7-tägiges Festbankett für alle Bürger Berlins zu geben? Wenn das normalerweise sogar ein kleines gallisches Dorf schafft? Wieso führen wir bei der Polizei keine Jodo-Wettkämpfe im Gedenken an unsere Helden ein? Lasst uns Spiele feiern, in denen die blutunrünstigen Treppenterrier von wilden Polizeihunden zerfleischt werden!

Und was wurde eigentlich aus dem guten alten Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Schwertern, Brillanten und güldenem Eichenlaub? Muss es jedes Mal erst Krieg geben?

Ein Empfang! Vielleicht auch noch mit Häppchen aus der Metzgerei neben dem Schloss Bellevue oder was? Das kann es doch nicht gewesen sein! Wann sinniert der Berliner Innensinnierer Geisel über die Umbenennung von Straßen oder Plätzen nach? Statt der drögen „Straße des 17. Juni“ böte sich doch „Allee der tapferen Volks-Polizisten“ an? Und neben dem sowjetischen Ehrenmal ließe sich doch prima noch ein Denkmal nach Vorbild der Ninja-Turtles errichten: „Dem selbstlosen Einsatz gegen die Erstürmung des Reichstags“? Wir könnten sogar ganze Vergnügungsparks mit Treppen errichten, in denen zweimal am Tag die Abwehr der Erstürmung des Reichstags nachgestellt wird! Winnetou läuft in Bad Segeberg ja auch in der Endlos-Schleife! Und den hat es nie gegeben!

Und last but not least: Wann dreht Oliver Hirschbiegel gemeinsam mit Roland Emmerich „Der Treppen-Aufgang“? „Nach wahren Begebenheiten“? Das Original des brüllenden Polizisten hat ja bereits Schauspielerfahrung. Und für die behelmten anderen beiden Helden könnte man vielleicht „Toto und Harry“ gewinnen? Als hetzende Unheilpraktikerin mit kulturell unverschämt angeeigneten Rastalocken könnte ich mir Lilli Schweiger oder ihren Vater vorstellen, und den besten Bundespräsidenten, den es je gab, würde ich mit Morgan Freeman besetzen. Obwohl der für die Rolle viel zu gut wäre! Als Höhepunkt und zwar unhistorisches, aber dramatisches Moment (und damit Menschen mit ohne Migrationshauptgrund nicht zu kurz kommen) könnte ja Attila Hildmann mit der türkischen Fahne und einem Kochbuch die Treppenstürmer unter dem Schlachtruf „Wir haben geronnen“ anführen. Die Szene kulminiert dann in einem fernostkampftechnischen Fight auf Leben und Lebenlassen mit einem der Helden der Polizei, und Hildmann wird mal wieder verhaftet. Am Ende gibt es dann den Deutschen Filmförderpreis am Gängelbande.

Doch, das würde ich mir auf ARTE ansehen. Leider muss ich ja alles selbst machen.

(Weitere Elogen des Autors auf www.politticker.de)

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Peter Wachter / 06.09.2020

Frau @Petra Wilhelmi, ich bin ganz ihrer Meinung, ABER wir müssen doch verstehen, das die Wählerschaft der Regierungsparteien alimentiert werden MUSS und das geschieht auch mit neuen Planstellen für Kooperationsgespräche, deshalb fehlt dann nur noch ein Kooperationsgesprächeministerium ! Ich sehe gerade auf Phoenix ne Doku über den Brand von Notre-Dame in Paris 2019, wo Feuerwehrleute unter Einsatz ihres Lebens löschten, DAS waren wahre Helden.

M. Haumann / 06.09.2020

Wenn drei Männeken mit Schlagstöcken Staatsbürger von den Treppen des Gebäudes “Dem Deutschen Volke” runterprügeln, gibt es gleich tags drauf dafür Lorbeerkränze in Gold von der Obrigkeit. Kriminelle anderer Länder dagegen werden vom Berliner Antidiskriminierungsgesetz vor dem bösartigen rassistischen Zugriff der Polizei geschützt. Und dann sag noch einer, dass dieses Land keine geradezu existentiellen Probleme mit seiner Selbstachtung hat.

Herbert Prieß / 06.09.2020

Ich hoffe, daß bei der Verfilmung Elemente eines berühmten russischen Films übernommen werden. Gut, es gibt nur eine Treppe und kein Panzerkreuzer weit und breit aber einen Kinderwagen, der holpernd die Treppe runter fährt, werden die Macher wohl auftreiben können. Übrigens, in einigen Videoaufnahmen kann man den einen Helden sehen dem die nackte Angst und Panik im Gesicht steht. Ob der sich selbst als Held sieht?

Hans Reinhardt / 06.09.2020

Tja, das war sicherlich so gefährlich wie damals bei der Schlacht von Mboto Gorge, als Captain Edmund Blackadder 10.000 wütenden Watussi-Kriegern gegenüber stand, die bis an die Zähne mit Kiwis, Guavenhälften und angespitzten Mangos bewaffnet waren.

Petra Wilhelmi / 06.09.2020

Das Gegenstück dazu läuft gerade in Leipzig ab. Ein paar äußerst mutige Aktivisten kämpfen gegen den Kapitalismus und gegen Immobilieneigentum u.a. Die Polizei wirkt deeskalierend und bekommt dafür die Hucke voll, sprich: Steine werden geworfen, neue gebaute Wohnungen werden entglast, Barrikaden werden gebaut, Mülleimer werden in Brand gesteckt und auch auf Straßenbahnschienen geworfen. Deshalb wurden in Leipzig diese Vorkommnisse ausgewertet und man will die Erkenntnisse (worin die auch immer bestehen) in die Kooperationsgespräche mit den so tollen Aktivisten einbeziehen. Also: Geht’s noch? Auf der einen Seite, werden ein paar Bürger, die auf die Reichstagstreppen gehüpft sind als Rechtsextreme bezeichnet, die nichts anderes gemacht haben als Selfies und sich gefreut haben, dort zu stehen. Auf der anderen Seite, sollen terroristische Antifas, die Werte vernichtet haben, die Polizisten mit Steinen und Flaschen beworfen haben, in Kooperationsgespräche einbezogen werden. Was heißt das? Unser asoziale Staat, hegt und pflegt Terroristen UND kooperiert mit ihnen. Das finde ich ungeheuerlich, dass Leipzig dies nun offiziell laut sagt. Andererseits wird mit Polizeigewalt gegen die eigenen Bürger vorgegangen und man diffamiert Tausende von Menschen, die friedlich in Berlin demonstrierten. Das hat nichts mehr mit Demokratie zu tun, sondern mit einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung und man will die Antifas als Kooperationspartner. Dazu kommt noch, dass diese 3 Polizistendarsteller, die eigentlich nichts zu tun hatten, als grimmig dreinzublicken, ausgezeichnet werden. Wofür? Um die eigene Bevölkerung diskreditieren zu können? Um die Deutschen im Ausland als rechtsextreme Unverbesserliche zu diffamieren? Was sagt das über unsere verkommene, asoziale Regierung und deren kleinen Könige in den Ländern und Städten aus?

Lutz Gütter / 06.09.2020

Nahkamfspange in Gold und Ritterkreuz mit Eichenlaub sollten schon sein. Wenn der Sturm auf die Bastille in ähnlicher Weise stattgefunden hätte, wäre Louis XVI. nicht hingerichtet worden und Frankreich wäre wahrscheinlich noch heute eine Monarchie.

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 06.09.2020

Brillant, Herr Schneider! Aber wir leben inzwischen im Irrenhaus und da muss man sich wohl an skurrile und absurde Dinge gewöhnen.

John Spartan / 06.09.2020

Bei aller berechtigten Ironie sollte nicht vergessen werden, dass sich hier ein System für das eigene Vollversagen feiert. Kaffee, Kuchen (oder Schrippen?) und Orden für ein paar Euro Steuergelder und das Versagen wird unter den Teppich gekehrt (ist da überhaupt noch Platz?). Der Reichstag ist ein so exponierter Ort, da kann doch niemand mit auch nur einem Rest von Verstand lediglich drei Polizisten zum Schutz hinstellen. Ich möchte wetten, dass Privatwohnungen wichtiger Politikerdarsteller intensiver geschützt waren.

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