Gegen Elon Musk sind Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens laut geworden. Eine anonyme Person gibt vor, im Namen einer belästigten Frau zu agieren, die zuvor eine lukrative Schweigevereinbarung mit Musk getroffen habe.
Im US-amerikanischen Business Insider ist vor einer Woche ein Artikel erschienen, in welchem dem Milliardär Folgendes zur Last gelegt wird: Im Jahr 2016 habe er einer bei seinem Unternehmen „SpaceX“ beschäftigten Flugbegleiterin und Masseurin während einer Massage seine Erektion gezeigt, sie ungefragt am Bein berührt und ihr ein Pferd als Austausch für sexuelle Handlungen angeboten. Sie habe abgelehnt und die Massage fortgesetzt.
Danach sei sie von ihrem Arbeitgeber schlechter behandelt worden, weil sie das Prostitutionsangebot nicht angenommen habe. Zwei Jahre später, 2018, hat sie sich bei dem Unternehmen beschwert. Daraufhin sei die Schweigevereinbarung geschlossen worden, dass sie ihn nicht anklagen werde und im Gegenzug 250.000 Dollar bekomme. Der Business-Insider beruft sich in seinem Artikel auf ihm vorliegende Dokumente.
Die Vorwürfe werden nun nicht von der ehemaligen SpaceX-Angestellten selbst, sondern von einer anonymen Freundin von ihr erhoben. Elon Musks Reaktion besteht darin, alles abzustreiten. Die „wilden Anschuldigungen“ seien „völlig unwahr“.
Im Raum stehen also Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens, die im beiderseitigen Einvernehmen per außergerichtlichem Vergleich vor vier Jahren beigelegt wurden. Nehmen wir an, der Insider wäre mit den Vorwürfen nicht an die Öffentlichkeit gegangen, ohne handfeste Belege in der Hand zu haben, dass eine Schweigepflichterklärung aufgrund eines Vorwurfs sexueller Belästigung also tatsächlich existiert.
Dann müssten die Freundin wie auch der Insider den Standpunkt vertreten, dass eine Viertelmillion Dollar Entschädigung für einen ungefragten, unangenehmen Anblick einer Erektion und einer ebenso ungefragten, unangenehmen Berührung am Bein im Rahmen eines ungebührlichen Angebots seitens ihres Vorgesetzten nicht gerecht gewesen sei; dass darum der Zweck der Schweigevereinbarung nicht zu respektieren sei und man Elon Musk dezidiert außergerichtlich schädigen dürfte, um auf diese Weise wahre Gerechtigkeit herzustellen. Zu einem Gerichtsprozess, in dem der Straftatbestand der sexuellen Belästigung verhandelt werden würde, kann es schließlich nicht mehr kommen. Es geht der Freundin wie dem Insider also nicht um Rechtsprechung, sondern um social justice.
Nicht das Gesetz, sondern das Volksempfinden soll ihn richten
Gewissheit darüber, dass die Flugbegleiterin mit ihrem Vorgehen überhaupt einverstanden ist, hat die Freundin zwar nicht, dafür aber Hoffnung: „Ich hoffe, sie hat das Gefühl, dass ich das Richtige getan habe. Ich hoffe, sie hat das Gefühl, dass ich die Dinge gesagt habe, die sie sich nicht sicher genug fühlte, zu sagen.“ Dass es ihr nicht um sie im Besonderen geht, verrät die Freundin, indem sie den Zeitpunkt als Anlass für ihr Vorgehen hervorhebt.
„Ich habe die Verantwortung gefühlt, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, besonders jetzt (!). Er ist der reichste Mann der Welt. Jemand mit so viel Macht, der so viel Schaden anrichtet und dann einfach einen Batzen Geld auf die Sache wirft, das ist keine Verantwortung. Raubtiere (!) gibt es überall auf der Welt. Aber wenn sie besonders reich und mächtig sind, haben sie buchstäblich Systeme, die wie eine Maschine für sie arbeiten, um sie in die Lage zu versetzen, zu tun, was sie wollen.“
Damit bekennt sie, dass sie die Möglichkeit außergerichtlicher Vergleiche im Fall von sehr reichen Männern prinzipiell ablehnt. Im Grunde fordert sie eine mediale Justiz, die im Modus des außergerichtlichen Prangers moralisches Recht spricht, um über das richtende Volksempfinden den Ruf von jemanden zu schädigen, den sie als übermächtiges „Raubtier“ ansieht. Daher soll ein sechs Jahre zurückliegender Vorfall vier Jahre nach seiner bürgerlichen Klärung jetzt öffentlich skandalisiert werden.
Elon Musk ist im Begriff, Twitter zu kaufen, und plant, dort die Redefreiheit zu liberalisieren. Ob die von „progressiver“ Bauchmoral getragene Kampagne gegen ihn Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Ein Skandal in den Maßstäben von „#MeToo“ ist daraus noch nicht geworden. Vielleicht weil selbst denjenigen, die Musk in keiner Weise leiden können, dämmert, dass es sich um einen politisch motivierten Angriff gegen jemanden handelt, der ihnen aus ganz anderen Gründen als Problem gilt.