Henryk M. Broder / 30.06.2018 / 10:00 / Foto: EPP / 19 / Seite ausdrucken

Elmar Brok verlegt die Türkei nach Afrika

Zweimal nix macht Null zu Null, multipliziert mit gar nix", sagt die Wiener Toilettenfrau Wetti Himmlisch in ihren 1906 erschienenen Erinnerungen: Leben, Meinungen und Wirken der Witwe Wetti Himmlisch. Die ihre Laufbahn als Malermodell angefangen, geheiratet hat, langjährige Toilettenfrau gewesen, und jetzt von ihren Zinsen zehrt. Von ihr selber eigenhändig niedergeschrieben. Der autobiografische Roman aus einer Tabuzone der Großstadt ist längst vergessen, dabei freilich so aktuell wie Plissee-Röcke in diesem Sommer.

Zweimal nix macht Null zu Null, multipliziert mit gar nix, das wäre genau der Satz, den Wetti Himmlisch sagen würde, wenn man ihr diesen Bericht auf Phoenix über die lange Brüsseler Nacht vom Donnerstag zum Freitag vorgespielt hätte.

Erst sagt die Moderatorin, es habe "einen Durchbruch" gegeben, dann erzählt der Reporter vor Ort über die "Ausschiffungszentren", auf die man sich angeblich geeinigt habe, und dann, dann taucht Elmar Brok im Bild auf, der dienstälteste Abgeordnete im Europa Parlament. Und was der sagt, ist sensationell.

Die Abmachungen mit afrikanischen Ländern, "insbesondere mit der Türkei", seien sehr erfolgreich gewesen, es kämen derzeit "90 Prozent weniger Flüchtlinge als im Herbst 2015", man habe aber "noch mehr gemacht". Die Kanzerin und Jean-Claude Juncker hätten "unterhalb der Sahara, in Niger, Mali und so weiter schon Flüchtlingslager errichtet" und jetzt mache man "das auch in Nordafrika" mit Lagern, die "internationalen Standards" genügen würden.

Und so geht es weiter, konfus, wirr und ziemlich neben der Kappe. So käme "Ordnung in das Verfahren", anders als vor drei Jahren, "weil man nicht vorbereitet war". Die sechs Milliarden Euro, die das Projekt kosten würde, brächten "ein hohes Maß an Entlastung für alle, für die Italiener, aber auch für uns Deutsche, weil dann die Flüchtlingsströme nachlassen". Wenn sie, die Flüchtlinge, "gar nicht erst hier hineinkommen, dann spart uns das sehr, sehr viel mehr Geld, als wenn sie hier wären", die Flüchtlinge. Den Menschen "zu Hause eine Lebensperspektive zu geben, muss uns sehr viel Geld wert sein, weil es humanitär ist, und weil es auch unsere Sicherheit gewährleistet".

Ja, so redet einer, der in 38 Jahren Europa-Arbeit gelernt hat, dass es vor allem auf "mehr Geld" ankommt. Und morgen erzählt uns Onkel Elmar, wie Hans im Glück ein reicher Mann wurde. Während man im Hintergrund das Rauschen einer Toilette in Brüssel hört, in der Steuer-Milliarden weggespült werden.

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Leserpost

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Werner Arning / 30.06.2018

Onkel Elmar scheint die Allzweckwaffe der Talkshow zu sein. Wann immer irgendetwas „Europäisches“ dem Bürger näher gebracht werden soll, kommt der so vertrauenswürdig aussehende Onkel zum Einsatz. Er hat diese Ausstrahlung derer, denen man abnimmt, egal was sie sagen. Er wirkt etwas lustig, gutmütig. So einen Onkel wünscht man sich. Kann so jemand etwas Falsches sagen? Kann so jemand etwas Unwahres sagen? Bei so viel Erfahrung? In Europa und überhaupt im Leben? Wenn Onkel Elmar es sagt, dann glauben wir es. So einfach.

Helge-Rainer Decke / 30.06.2018

Es sollten keine Nebelkerzen geworfen werden. Was Herr Brok sagt, denkt, oder schreibt, steht nicht im politischen Fokus. Vielmehr Folgendes: -Spitzenverbände der Wirtschaft stellen sich geschlossen hinter die Bundeskanzlerin. -Die Wirtschaft verliert deutliche Worte an die Adresse der CSU. -Frankreich, Spanien, Polen und Dänemark sind bereit, mit Deutschland über die Rücknahme von bereits registrierten Asylsuchenden zu verhandeln. Um die Abkommen soll sich Bundesinnenminister Seehofer kümmern. -Die Kanzlerin bestimmt die Richtlinien der Politik Fazit: Frau Merkel hat aus meinem Horizont geurteilt, hervorragend Wirtschaft und Gesellschaft, hat Deutschland, das im Herzen Europas liegt, vertreten. Noch ‘ne „Kleinigkeit“: WO berichtet soeben, Trump plane, die US Truppen aus Deutschland nach Polen zu verlegen. Es würde nicht verwundern, dass er Kaczyinski bei der polischen Forderung auf Reparationen gegen Deutschland unterstützt. Etwas überspitzt gefragt: Wenn Deutschland dies verweigerte, müsste dann mit der Verlegung der polnischen Ostgrenze gen Westen zu rechnen sein, unter Duldung von Trump, der auch in Erwägung zieht, die Annexion der Krim anzuerkennen?☝️

Frank Stricker / 30.06.2018

Die Türkei gehört zu Afrika ? Ich finde , dass ist ein prima Vorschlag von Elmar Brok , dann können wir den Erdogan-Jünger Mesut Özil zum Afrika-Cup abschieben und er belästigt nicht mehr die deutsche Nationalmannschaft mit seinem lustlosen Gekicke. Ach ja , im übrigen wird Herr Brok auf seine alten Tage Willy Millowitsch immer ähnlicher, vielleicht gibt es demnächst das Stück “der Etappenhase” , ein endloses Trauerstück aus Brüssel……...

Hans-Peter Dollhopf / 30.06.2018

Im Interview mit dem manager magazin (“Es darf keine Exzesse geben”) wurde Hans Herbert von Arnim vor ein paar Jahren nach dem krassesten Lobbyisten gefragt. Elmar Brok. Wie twitterte Joe Kaeser, geb. Käser, soeben noch an @Kanzlerin: Europa sei lebendig und habe führende Persönlichkeiten.

Lars Bäcker / 30.06.2018

Der Herr Brok ist für mich ein rotes Tuch. Und zwar deshalb, weil er in mir zwei unangenehme Gefühle hervorruft, wenn ich ihn im TV sehe und höre. Das erste Gefühl ist das des Fremdschämens, wenn ich die Inhalte seiner Ergüsse vernehme und versuche, auch nur ein Fünkchen Sinn oder Wahrheit darin zu erkennen. Woraus der Herr Brok in diesem Falle entnehmen will, dass wir Auffanglager errichtet haben oder es noch tun werden, obwohl weder innerhalb der EU noch in Nordafrika irgendein Land Interesse an der Errichtung eines Pulverfasses auf eigenem Territorium hat, wird sein Geheimnis bleiben, könnte aber Ergebnis einer nächtlichen Zechrunde mit Busenfreund Juncker sein. Ab einer bestimmten BAK neigt der Mensch ja gerne zum Fabulieren. Aber das ist nur eine Vermutung meinerseits. Sollte ich ihm damit Unrecht tun, bitte ich um Entschuldigung. Und das zweite Gefühl ist das der Wut. Wut darüber, dass sich so jemand seit über 30 Jahren an den Brüsseler Geldquellen wie die Made im Speck eingenistet hat und es, ohne einen positiven Beitrag für ein „Europa der Menschen“ geleistet zu haben, zu erheblichem Wohlstand und Versorgungssicherheit gebracht hat. Sehe ich mir die Rente meines Vaters an, der 47 Jahre gearbeitet und mit seinen Steuern Elmars Wohlstandsbäuchlein mitgefüttert hat, und vergleiche ich diese mit den Ansprüchen Broks, dann werde ich wütend. Lange Rede, kurzer Sinn: Verschonen Sie mich mit Elmar Brok.  

B.Kröger / 30.06.2018

Die Deutschen müssen sich wirklich mehr um Politik kümmern, damit uns in Zukunft solche Gestalten wie in Berlin und Brüssel erspart bleiben. Das ist einfach nur noch gruselig!

Joachim Lucas / 30.06.2018

Herr Brok ist genau der Typus europäischer Mensch, weswegen die Afrikaner hier wohl zurecht einen verfaulenden geografischen und gesellschaftlichen Körper spüren und herkommen. Und der wundert sich bestimmt auch noch in überheblicher Manier darüber, dass die Amerikaner angeblich nicht genau wissen, wo Deutschland liegt und was die Schweiz von Schweden unterscheidet. Die Statements des netten Straßeninterviews aus Wien zum WM-Spiel “Niederlande gegen Holland”  in Youtube zur WM liegt da auf dem gleichen Wissensniveau, wie Herr Broks sagenhafte Erkenntnisse. Was schwache Staaten machen, wenn sie reich sind, ist Tribute zahlen wie weiland schon die Spätrömer. Nur heißen tut’s heute anders und der Jubel für solche Lösungen ist grenzenlos.

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