Gastautor / 22.12.2008 / 15:19 / 0 / Seite ausdrucken

Elke Jacobi: Das Leiden der Tiere

Wir dokumentieren den Brief einer achgut-Leserin, die sich über eine Anzeige des Deutschen Pelzinstituts auf achgut beschwert hat. Sie ist mit dem Abdruck des Briefes einverstanden:

Ich möchte Ihnen zu Beginn etwas von mir erzählen, auch um etwas mehr Verständnis für meine Haltung zu wecken. Ich bin bereits 54 Jahre alt, also durchaus kein Küken mehr.

Merkwürdigerweise hatte ich bereits als Kind eine sehr enge Beziehung zu Tieren. Ich habe zwar nicht über den Widerspruch zwischen dem Essen von Tieren und der Liebe zu Tieren nachdenken können, weil ich noch zu jung dazu war und mir dieser Widerspruch irgendwie nicht auffiel.

Allerdings habe ich - ohne dass es mir jemand beigebracht hätte - wo ich nur konnte, Tiere gerettet. Ich war noch im Grundschulalter, als ich auf meinem Weg zur Schule bei Regen - wir wohnten damals eher ländlich - sämtliche Regenwürmer von der Straße sammelte, damit sie nicht von einem Auto überfahren wurden. Wenn ich eine tote Hummel oder Biene fand, so begrub ich sie mit einer kleinen Zeremonie (Blume, Gesang etc.). Ist das nicht merkwürdig? Wie gesagt, mir hatte das keiner beigebracht oder gezeigt.

Ich beobachtete stundenlang, wie Ameisen ihr Heim ausbauten. Sie trugen Krümchen für Krümchen des Sandes nach draußen vor den Eingang des Nestes, um ihren Bau zu erweitern.

In der Grundschule gab es Jungen, die gern Schmetterlingen die Flügel ausrissen. Ich habe mit all meiner Kraft versucht, die Schmetterlinge zu retten, indem ich die Jungen davon abhielt oder die Schmetterlinge verscheuchte.

Alle diese Impulse in einem Kind, das noch nicht einmal 10 Jahre alt war!

Erst als Erwachsene allerdings beschäftigte ich mich mit dem Essen. Ich beschloss, Vegetarierin zu werden und konnte sogar meinen Mann davon überzeugen. Wie wollten durch unsere Ernährung kein Tierleid verursachen. Seit mehr als 20 Jahren lebe ich vegetarisch, mittlerweile sogar schon (fast vollständig) vegan (keine Eier, keine Butter, keine Sahne etc.). Da ich einigermaßen gut verdiene, kann ich sogar all meine Lebensmittel im Bioladen einkaufen.

Auch bei meinen Kosmetika achte ich darauf, dass sie ohne Tierversuche hergestellt wurden. Mir ist bewusst, dass es vollkommen unmöglich ist, absolut kein Leid zu verursachen. Aber es ist möglich, so weit es geht, auf Dinge zu verzichten, die Leid verursachen. Und das versuche ich (Übrigens: Auch am Leid von Menschen möchte ich nicht Schuld sein; ich setze mich daher ebenso für politisch verfolge Menschen, für ausgebeutete Menschen ein).
Warum erzähle ich das alles? Ich möchte Ihnen zeigen, dass die Ablehnung des Pelztragens aus ethischen Gründen erfolgt.

Nun zum Thema Pelz.
Die großen Religionen: Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, sie alle kennen die “Goldene Regel”: “Liebe deinen Nächsten wie dich selbst” (Jesus), “Was dir verhasst ist, das tu nicht deinem Nächsten an” (Rabbi Hillel), “Was du nicht angetan haben möchtest, das tu auch keinem anderen an” (Konfuzius), “Keiner soll einem anderen antun, was ihm selbst widerwärtig wäre” (Mahabharata). Meine Oma sagte: “Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu”.

Die entscheidende Frage dürfte nun sein: Gelten diese ethischen Grundsätze auch für Tiere? Die meisten Tiere sind empfindungs- und leidensfähige Geschöpfe. Ich meine daher, dass wir diesen Lebewesen kein Leid und keinen Schaden zufügen sollten. Da Pelz ein Luxusgut ist, das keineswegs NOTWENDIG für unser Überleben ist, meine ich, dass es uns Menschen zugemutet werden kann, auf Pelz zu verzichten.

Auf das Tragen von Pelz kann MIT LEICHTIGKEIT verzichtet werden, denn es gibt jede Menge wärmende Alternativen. Pelz ist lediglich ein PRESTIGEOBJEKT, ohne wirklichen Nutzen für den Träger. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, wie die Inuit und andere kleine Völker in sehr kalten Gebieten dieser Erde.

Bitte machen Sie sich einmal klar, wie diese armen Tiere leiden müsen, damit Menschen sich mit IHREM Pelz schmücken können. Sie leben ihr ganzes kurzes Leben in sehr winzigen Käfigen, auf Drahtgeflecht, ohne die Möglichkeit, ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben. Sie werden oftmals bei vollem Bewusstsein gehäutet, vor allem in Asien, wo man offenbar traditionell kein Gefühl für das Leiden der Tiere hat. Es gibt hunderte Beweise dafür. Aber auch in Europa, wo die Tiere vor dem Häuten zumindest betäubt werden, passiert es, dass diese Betäubung nicht gut funktioniert. Es gibt Filmmaterial darüber. Oder denken Sie an das Robbenschlachten in Kanada, wo man den Tieren zwar auf den Kopf schlägt, aber nicht immer sind die Tiere wirklich betäubt. Auch hierüber gibt es jede Menge Filmmaterial.

Fühlen Sie sich ein in so ein armes Lebewesen, z.B. ein Kaninchen in China, das Land, aus dem mittlerweile der größte Teil der auf der Welt gehandelten Pelze kommt. Konfrontieren Sie sich einmal mit den entsprechenden Bildern, die es im Netz zuhauf gibt. Wollen Sie das wirklich verantworten?

Mit dem Leiden der Tiere werden weltweit größte Geschäfte gemacht. Das reicht von den Pelztieren über die Tiere für Tierversuche und zum Testen von Chemikalien bis zur Ausbeutung und Tötung von unvorstellbaren Tiermassen für die Nahrung.

Jeder Einzelne kann mit seinem Verhalten diese unvorstellbar grausame Ausbeutung verringern, indem er auf Pelz verzichtet und seinen Fleischkonsum verringert.

Der berühmte Schriftsteller Isaak Singer sagte: “Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka”. Dem kann ich mich nur anschließen.

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