Vera Lengsfeld / 21.02.2009 / 17:53 / / Seite ausdrucken

Einundzwanzigster Februar 1989/2009

Vaclav Havel wird in Prag wegen „Rowdytums“ zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Hatte er randaliert, Menschen angegriffen, öffentliche Einrichtungen beschädigt? Nichts von alledem. Havel hatte Mitte Januar, kurz vor dem Jahrestag der Selbstverbrennung Jan Palachs auf dem Wenzelsplatz, die ein Protest gegen die gewaltsame Niederschlagung des Prager Frühlings durch sowjetische Panzer sein sollte, einen anonymen Brief erhalten. Darin wurde eine weitere Selbstverbrennung angekündigt. Havel wollte das unbedingt verhindern, indem er die Öffentlichkeit zu informieren versuchte. Das staatliche tschechische Fernsehen weigerte sich allerdings eine entsprechende Meldung zu verlesen. Also gab Havel den Brief schließlich Westmedien, die ihn veröffentlichten. Das sollte der Meinung der Staatsanwaltschaft zufolge ein Aufruf zu Ausschreitungen gewesen sein. Strafverschärfend wurde für Havel Isolierhaft angeordnet, denn er war zum wiederholten male wegen des gleichen Deliktes Belangt worden. Schon 1977 war Havel nach der Gründung von „Charta 77“inhaftiert und zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Das machte ihn zu einer international bekannten moralischen Instanz. Vaclav Havel wurde ein Vorbild für viele Oppositionelle in Osteuropa.

Nachdem gestern das Konjunkturpaket II den Bundesrat passiert hat, wird es heute in den Zeitungen genauer Analysen unterzogen. Dabei herrscht Ratlosigkeit vor. Alle hoffen, dass die beschlossenen Maßnahmen die Krise wenigstens lindern werden. Niemand kann etwas Genaues sagen. Die Frage, warum Milliarden nach dem Prinzip trial and error in Banken und Industrie gepumpt werden, statt Geld zu sammeln, um die Folge der Krisen dann abzumildern, wenn sie für die Menschen spürbar werden, wird nicht aufgeworfen.
Heute wurde mir eine „Stern“ Sonderausgabe zugeschickt, die zum 60. Jahrestag der Bundesrepublik herausgegeben wurde.
Am Ende ein ursprünglich nicht zur Serie gehörendes Interview mit dem Historiker Hans-Ulrich Wehler. der sieht die Bundesrepublik vor ihrer größten Herausforderung seit ihrem Bestehen, ohne das klar wird, warum das so sein sollte. Bislang geht es nur um den Einbruch des jahrelang von linken Ideologen verteufelten Wirtschaftswachstums, noch nicht um einen Rückgang des absoluten Wirtschaftsvolumens.
Wenn der Wohlstand nicht mehr wie gewohnt wächst, sondern stagniert, wieso ist das die größte anzunehmende Katastrophe?
Eine Krise, die durch den Kauf neuer Autos behoben werden soll, kann doch so schlimm nicht sein?

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