Über diesem Artikel steht etwas über Sarrazin. Für mich, der beide bei Veranstaltungen erlebt habe, verbindet sie eine persönliche Erinnerung. Einst versuchte ich, per Anrecht gezwungen, ein Werk des Bärfuß zu enträtseln. Ein irrer, wirrer, fadenloser Beginn, der rasch in eine psychotische, mit Unappetitlichkeiten angereicherte Fantasie ausartete. Meine Frau stieß Entsetzensschreie aus. Ich ringelte mich im Stuhl zusammen, um bis zur Pause durchzukommen. Nach einer halben Stunde , träumend, dass Bärfuß besser einen Postbus in der schönen Schweiz auf Bergstrassen steuert, wurde ich aus Schlaf und Stuhl gerissen und aus der Tür getrieben. Der Schließer tröstete: “Die Schauspieler finden das auch blöd , müssen das spielen. ” Jeder muss eben, auch die Kanzlerin muss regieren. Am Tag nach der Trump-Wahl, in einem Saal mit 300 Gästen, saß der Bärfuß auf dem Podium vor meinen Augen. Dazu Kaube (FAZ) und 3 (in Worten drei) ProfessorixInnen mit unerinnerlichen Fachgebieten, jedenfalls nichts mit MINT. Im Saal stand ein gigantischer, übelriechender Elefant. Auf der Bühne Krämpfe, Schluchzen, Weltuntergangsstimmung bei der Weiblichkeit. Bärfuß erstaunlich sachlich und beherrscht. Nach diesem Exorzismus ging’s doch noch zum Thema: Sprache und Politik , besonders Sprache der politischen Korrektheit. Verkrampftes Herumeiern, Verdruckstheit mit kämpferischem Hurrageschrei wechselnd, die Männer eher noch um Sachlichkeit bemüht . Auch Bärfuß. Physisch und geistig hätte ich ihm das Fahren eines Postbusses als angemessen zugetraut. Zu Hause, im Bett nach einem der vielen Sarrazinbücher auf dem Nachtisch gegriffen, die 18 Seiten über Sprache und politische Korrektheit in einem Rutsch hintereinander gelesen. So viel geistige Gesundheit, in sprachlich und gedanklicher Brillanz, nach dem peinlichen Diskussionsabend, brachte Erleichterung. Ein kluger Veranstalter hätte weit besser einfach Sarrazin diese 18 Seiten vorlesen lassen .
Ja, an Büchner denken, heißt, keine Lust zu haben, sich mit Bärfuss zu beschäftigen. Schön ist bei Büchner die Szene im Knast, in dem der Mörder Danton endlich landet, und einen anständigen Mann trifft, den konservativen Mercier. Dieser sagt, knochentrocken, zum großen Demagogen: „Geht einmal euren Phrasen nach bis zu dem Punkt, wo sie verkörpert werden.“ Aber das mit Abstand Beste, was Büchner je geschrieben hat, ist der Schluß von “Dantons Tod”: “Es lebe der König!”
Bärfuss kenne ich nicht, woran sich auch nichts ändern wird. Die Aufzählung seiner “Meriten” lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass es sich bei ihm um einen würdigen Empfänger eines im besten Deutschland, das wir jemals hatten, verliehenen Preises handelt. Wer wird die Laudatio halten? Zeh? Manesse?
Das Gestammel des Geehrten passt aber zum Geschreibsel der FAZ. Beide sind undifferenziert und setzen Agitation über sprachliche und sachliche Genauigkeit.
“[...] Und dass er tatsächlich eine Meisterschaft entwickelt hat, allerdings die der schiefen Sprachbilder. [..] Sprachliche Geröllbrocken, [..] schlichtweg ein Sprachverbrechen. In all diesem Durcheinandertal, zu dem Bärfuss das nicht anspruchslose Gefäß eines Essays denaturierte,...” - himmel hergott, lass Hirn regnen. Bei solchen sprachbildern stellen sich mir ja die Nackenhaare auf. - so sehr, dass ich nichtmal die “Ironie” (wie das neudeutsch heißt) genießen kann, wie da einer keift und lästert über die sprachverbrechen Anderer, um dann SOETWAS in Schrift zu setzen (“Durcheinandertal / das nicht anspruchslose gefäß / [G] des Essays / denaturirte”... pfui Spinne!) // Unwillkürlich werden Erinnerungen wach an “David Strauß der Bekjenner und Schriftsteller”, sowie “Von der Zukunft unserer Bildungsanstalten” (stichwort: “desperates Studententum”); und an einen hübschen Aphorismus mit dem Titel “Stil der Ueberlegenheit.” Ich empfehle: Mund-abputzen und schweigen lernen! - wie die guten alten Pythagoreer… // zur Sache: der Büchnerpreis hat sich mir schon lange eingebrannt als ein moralisches Vehikel, kein künstlerisches. Ein Preis für Gutdenker (und was alles ihrer Art ist), nicht für “gutes Denken”, geschweige denn Kunst. Aber was HIER in einem Artikel abgesondert wird, das ist selbst kaum besser, und verliert so jegliche Glaubwürdigkeit; es trieft alles vor saurem Moralin, es stinkt nach giftigem Neid—statt beseelt zu sein von nüchternem, abgebrühtem Verstand & kühler Kritik… Ein Stümper gegen den anderen - wie lässt es sich da einen Favoriten finden? (sollen sie sich nur gegenseitig die Köpfe einschlagen! - was liegt daran!) - letzten Endes geht es ja doch wieder nur um politisch-moralische Ressentiments, NICHT KUNST. Und damit ist hier jede Kritik an dieser Verleihung gegenstandslos. // ceterum censeo: man sollte für Sprachverhunzung endlich die Prügelstrafe in Erwägung ziehen; denn das sind Verbrechen gegen die Allgemeinheit (und Gewalt für meine Ohren!)
Herr Schalter - SPITZE - HERRLICH - mal wieder richtig gelacht - DANKE!!!
Einige Namen auf der Liste der Preisträger sind heute bedauerlicherweise fast völlig vergessen. Deshalb möchte ich bei dieser Gelegenheit auf einen Autor hinweisen, der mir besonders liebgeworden ist und an dem man erkennen kann, was aus diesem schwergewichtigen Preis durch den Niedergang der deutschsprachigen Literatur geworden ist : Wolfgang Hildesheimer, Preisträger 1966. Wenn man sich mit Werk und Biographie dieses Mannes vertraut macht, erscheint die Preisverleihung dieses Jahres wie ein böser Scherz, weil BEIDE Autoren vergessen werden. Soviel zum Wert von Preisen in der Geschichte der Literatur.
Man muß den Monstern trotzen… das wahre Wort eines Monsters, eines bärfüssigen, eines Schriftstellers, der nicht seiner sprachlichen Kompetenz wegen, oder geistigen Tiefe in sprachliche Virtuosität verpackt, geehrt wird, nein. Er ist ein schmalbrüstiger Agitator, der die ‘richtige’ Haltung formuliert, den die Preisverleiher, die eigentlichen Ganoven, ganz bewußt an Büchners wahren Intentionen und Überzeugungen vorbei, auszeichnen. Bärfuss ist ein fleißiger Arbeiter für den links-grünen Zeitgeist, der auch in der Schweiz zum demokratischen Umsturz ansetzt…....und ich muß wieder einmal Billy Wilder zitieren, in Hinblick auf diese ‘Ehrung’, die nichts anderes als linke Propaganda ist, die eigene Ideologie mit Anerkennung versehen soll. “Preise”, so Wilder, “sind wie Hämorrhoiden, irgendwann bekommt sie jedes Arschloch.”
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